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Cafe Hauptwache
Kulturell wertvoll
Düstere Zeiten für das Café Hauptwache: Nachdem die Stadt Frankfurt den Pachtvertrag mit der Brauerei Radeberger aufgekündigt hat, fürchten die Betreiber um ihre Zukunft.
Die Stadt Frankfurt hat den Pachtvertrag für das Café Hauptwache im Herzen Frankfurts mit der Brauerei Radeberger nach 40 Jahren zum 31. Oktober 2021 beendet. Bau- und Immobiliendezernent Jan Schneider (CDU) sagte Ende März, die Stadt wolle diesen prominenten Standort nicht verschenken. Es gebe noch andere Interessenten, weshalb die Stadt nächstes Jahr eine Neuvergabe im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens vorsehe. Konkrete Informationen zu möglichen Inhalten oder der Veröffentlichung eines Auswahlverfahrens kann das Amt für Bau und Immobilien auf Nachfrage derzeit keine geben.
Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main prüfe momentan die Handlungsoptionen für die Zeit nach Beendigung des Pachtvertrages. Zunächst stünden Baumaßnahmen in dem Gebäude an. Eine Alternative zur verlängerten Schließung des kulturell wertvollen Standorts, die der derzeitige Kurs der Stadt zur Folge hätte, sehen die Betreiber des Café Hauptwache im Abwettern der Corona-Krise. Ein Aufschieben der Neuvergabe gebe ihren rund 70 Mitarbeiter:innen zumindest die Chance, in der derzeit schwer mitgenommenen Gastronomiebranche nach Corona einen Job zu finden.
Das Ende des Pachtvertrags betrifft nicht nur die Unterpächter des Café Hauptwache, die dieses seit fast 20 Jahren betreiben. Auch 34 Wasserhäuschen in Frankfurt wird der Unterpachtvertrag aufgrund der Beendigung des Rahmenvertrags mit der Radeberger gekündigt. Doch im Unterschied zum Café Hauptwache versichert Jan Schneider den Kioskbesitzern: „Alle Pächter wurden oder werden noch von der Stadt darüber informiert, dass sie die Kioske – sofern sie das wünschen – weiterhin betreiben können und einen direkten Vertrag mit der Stadt bekommen.“ Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Michael Müller, warnt angesichts der unsicheren Situation: „Die Wasserhäuschen gehören zu Frankfurt und dürfen nicht zum Spielball von Interessenslagen werden, weder der von der Radeberger noch der von der Stadt Frankfurt.“
Beim Café Hauptwache schließe die Stadt eine direkte Vermietung jedoch aus, ohne zu erklären, weshalb das gleiche Dezernat zweierlei Maßstab bei ihren Mietverträgen anlegt, so Inhaber Lior Ehrlich. „Wo Jan Schneiders Büro den Wasserhäuschen signalisiert, dass sie keinen Anlass zur Panik haben, erleben wir gerade unseren schlimmsten Albtraum,“ fügt Geschäftsführer Andreas Altwasser hinzu. „Dabei sah es im Januar 2020 bei uns noch ähnlich ruhig aus. In einem Schreiben der Stadt vom 21.1.2021 teilte uns Herr Schneider dann zwar mit, dass eine Direktvergabe aufgrund der geltenden Bestimmungen für die Stadt nicht in Frage käme, aber dass wir als derzeitige Betreiber der Gastronomie einer der ersten Ansprechpartner seien, falls es zu einer Neuvergabe kommen sollte“, erklärt Mitbetreiber Dennis Fritsch, „und dass es aufgrund der Corona-Situation nicht zielführend sei, Gespräche über das Konzept für eine Anschlusspachtung oder mögliche Umbaupläne zu führen.“
Unsicherheiten über Vergabeverfahren
Zwischen Januar 2020 und März/April 2021 habe es offenbar einen Stimmungswechsel beim Amt für Bau und Immobilien gegeben, berichtet Ehrlich. Über die Gründe dafür bliebe man seitens der Betreiber und ihrer Mitarbeiter ratlos. „Die Entscheidung, den Mietvertrag zu beenden und die Vergabe des Café Hauptwache neu durchzuführen, wurde unabhängig von der aktuellen Pandemiesituation getroffen“, teilt Jochen Strack, Fachbereichsleiter des Amts für Bau und Immobilien, den Betreibern Ehrlich und Fritsch und Geschäftsführer Altwasser am 22. April 2021 in einem Schreiben mit. „Da der Magistrat bei der Vermietung privatrechtlich handelt und der Mieter mit dem Betrieb einer eigenen Gastronomie keine Tätigkeiten für die Stadt Frankfurt am Main wahrnehmen wird, ist kein formales Vergaberecht zu beachten“, heißt es dort weiter. „Eine Rechtspflicht zur Durchführung eines formalen Vergabeverfahrens besteht nicht“, zitiert Ehrlich und legt das Schreiben beiseite. „Die Stadt könnte also direkt vergeben, will es aber nicht“, fasst er zusammen.
„Wir haben nichts gegen die Idee der Stadt einzuwenden, eine Ausschreibung für eine zukunftsorientierte Gastronomie für den Standort zu machen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Altwasser. „Man könnte auch die Bürger durch eine Umfrage selbst fragen, was sie sich für den Standort wünschen“, überlegt er weiter, „doch wir verstehen nicht, warum die Stadt ihre Ausschreibung nicht beispielsweise in zwei Jahren tätigt. Für die Stadt spielt es ökonomisch keine Rolle, ob der Pachtvertrag durch eine Ausschreibung erst in zwei Jahren vergeben wird, doch für unsere Mitarbeiter würde dann die Möglichkeit, einen Job zu finden, durch eine veränderte Coronalage wesentlich besser aussehen.“ Ehrlich und Fritsch stimmen dieser Einschätzung zu. „Die Stadt muss nicht mit voller Härte an einer Ausschreibung zum jetzigen Zeitpunkt festhalten, deren Konzept noch in der Entwicklungsphase ist. Es besteht keine Notwendigkeit. Sie könnte die Zeit produktiv nutzen, um die Ausschreibung bestmöglich zu konzipieren und unseren Mitarbeitern gleichzeitig einen lebenswichtigen Puffer schaffen“, gibt Betreiber Dennis Fritsch zu bedenken.
Eine mögliche Alternative
Die Gastronomie und Hotellerie zählen zu den Branchen, die von der Coronapandemie in voller Härte getroffen wurden. Die Betreiber Lior Ehrlich und Dennis Fritsch und Geschäftsführer Andreas Altwasser bemängeln am Vorgehen der Stadt, dass sie die Entscheidung zur Vergabe des Café Hauptwache unabhängig von der Pandemiesituation getroffen haben und wünschen sich ein sinnvolles Vorgehen, das sowohl der Stadt als auch den Bürger:innen und den rund 70 Angestellten gerecht werde.
Eine Alternative zu einer längeren Schließung des Café Hauptwache durch Baumaßnahmen der Stadt ab Ende des Pachtvertrages sehen die Betreiber darin, aufeinander zuzugehen. „Mit einem direkten, zweijährigen Pachtvertrag würden wir gerne gemeinsam mit der Stadt ein Brandschutzkonzept erarbeiten und es bereits jetzt weitestgehend umsetzen, während wir coronabedingt ohnehin geschlossen sind“, erklärt Geschäftsführer Altwasser. Über das Brandschutzkonzept werde schon seit langem gesprochen. „Es betrifft einen zusätzlichen Fluchtweg im ersten Stock, den wir selbst zeitnah realisieren könnten“, so Fritsch. Über die Kostenverteilung müsse man dann sprechen, doch ein so bedeutender Standort wie das Café Hauptwache bliebe den Bürgern dadurch bis zu einer Neuvergabe zugänglich.
„Wir sind für eine Ausschreibung, die richtig entwickelt wird“, betont Lior Ehrlich. „Auch wenn es bitter ist, dass der Magistrat uns im Gegensatz zu den Kioskbetreibern der Wasserhäuschen in Frankfurt derzeit keinen direkten Pachtvertrag anbieten möchte.“ Ehrlich, Fritsch und Altwasser versuchen nichtsdestoweniger nach vorne zu schauen. „Über die Zusagen Jan Schneiders gegenüber dem vorherigen Mitbetreiber Sam Kamran, dass unser Pachtvertrag mindestens drei Jahre, voraussichtlich aber sechs bis neun Jahre verlängert werde, was hohe Investitionen von unserer Seite zur Folge hatte, werden wir an anderer Stelle sprechen“, so die Betreiber des Café Hauptwache. „Momentan wollen wir für uns und unsere Mitarbeiter, deren Zukunft in unserer Verantwortung liegt, eine sinnvolle und vertretbare Lösung finden.“
Dieser Text erschien zuerst in der Mai-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT (5/2021).
Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main prüfe momentan die Handlungsoptionen für die Zeit nach Beendigung des Pachtvertrages. Zunächst stünden Baumaßnahmen in dem Gebäude an. Eine Alternative zur verlängerten Schließung des kulturell wertvollen Standorts, die der derzeitige Kurs der Stadt zur Folge hätte, sehen die Betreiber des Café Hauptwache im Abwettern der Corona-Krise. Ein Aufschieben der Neuvergabe gebe ihren rund 70 Mitarbeiter:innen zumindest die Chance, in der derzeit schwer mitgenommenen Gastronomiebranche nach Corona einen Job zu finden.
Das Ende des Pachtvertrags betrifft nicht nur die Unterpächter des Café Hauptwache, die dieses seit fast 20 Jahren betreiben. Auch 34 Wasserhäuschen in Frankfurt wird der Unterpachtvertrag aufgrund der Beendigung des Rahmenvertrags mit der Radeberger gekündigt. Doch im Unterschied zum Café Hauptwache versichert Jan Schneider den Kioskbesitzern: „Alle Pächter wurden oder werden noch von der Stadt darüber informiert, dass sie die Kioske – sofern sie das wünschen – weiterhin betreiben können und einen direkten Vertrag mit der Stadt bekommen.“ Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Michael Müller, warnt angesichts der unsicheren Situation: „Die Wasserhäuschen gehören zu Frankfurt und dürfen nicht zum Spielball von Interessenslagen werden, weder der von der Radeberger noch der von der Stadt Frankfurt.“
Beim Café Hauptwache schließe die Stadt eine direkte Vermietung jedoch aus, ohne zu erklären, weshalb das gleiche Dezernat zweierlei Maßstab bei ihren Mietverträgen anlegt, so Inhaber Lior Ehrlich. „Wo Jan Schneiders Büro den Wasserhäuschen signalisiert, dass sie keinen Anlass zur Panik haben, erleben wir gerade unseren schlimmsten Albtraum,“ fügt Geschäftsführer Andreas Altwasser hinzu. „Dabei sah es im Januar 2020 bei uns noch ähnlich ruhig aus. In einem Schreiben der Stadt vom 21.1.2021 teilte uns Herr Schneider dann zwar mit, dass eine Direktvergabe aufgrund der geltenden Bestimmungen für die Stadt nicht in Frage käme, aber dass wir als derzeitige Betreiber der Gastronomie einer der ersten Ansprechpartner seien, falls es zu einer Neuvergabe kommen sollte“, erklärt Mitbetreiber Dennis Fritsch, „und dass es aufgrund der Corona-Situation nicht zielführend sei, Gespräche über das Konzept für eine Anschlusspachtung oder mögliche Umbaupläne zu führen.“
Unsicherheiten über Vergabeverfahren
Zwischen Januar 2020 und März/April 2021 habe es offenbar einen Stimmungswechsel beim Amt für Bau und Immobilien gegeben, berichtet Ehrlich. Über die Gründe dafür bliebe man seitens der Betreiber und ihrer Mitarbeiter ratlos. „Die Entscheidung, den Mietvertrag zu beenden und die Vergabe des Café Hauptwache neu durchzuführen, wurde unabhängig von der aktuellen Pandemiesituation getroffen“, teilt Jochen Strack, Fachbereichsleiter des Amts für Bau und Immobilien, den Betreibern Ehrlich und Fritsch und Geschäftsführer Altwasser am 22. April 2021 in einem Schreiben mit. „Da der Magistrat bei der Vermietung privatrechtlich handelt und der Mieter mit dem Betrieb einer eigenen Gastronomie keine Tätigkeiten für die Stadt Frankfurt am Main wahrnehmen wird, ist kein formales Vergaberecht zu beachten“, heißt es dort weiter. „Eine Rechtspflicht zur Durchführung eines formalen Vergabeverfahrens besteht nicht“, zitiert Ehrlich und legt das Schreiben beiseite. „Die Stadt könnte also direkt vergeben, will es aber nicht“, fasst er zusammen.
„Wir haben nichts gegen die Idee der Stadt einzuwenden, eine Ausschreibung für eine zukunftsorientierte Gastronomie für den Standort zu machen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Altwasser. „Man könnte auch die Bürger durch eine Umfrage selbst fragen, was sie sich für den Standort wünschen“, überlegt er weiter, „doch wir verstehen nicht, warum die Stadt ihre Ausschreibung nicht beispielsweise in zwei Jahren tätigt. Für die Stadt spielt es ökonomisch keine Rolle, ob der Pachtvertrag durch eine Ausschreibung erst in zwei Jahren vergeben wird, doch für unsere Mitarbeiter würde dann die Möglichkeit, einen Job zu finden, durch eine veränderte Coronalage wesentlich besser aussehen.“ Ehrlich und Fritsch stimmen dieser Einschätzung zu. „Die Stadt muss nicht mit voller Härte an einer Ausschreibung zum jetzigen Zeitpunkt festhalten, deren Konzept noch in der Entwicklungsphase ist. Es besteht keine Notwendigkeit. Sie könnte die Zeit produktiv nutzen, um die Ausschreibung bestmöglich zu konzipieren und unseren Mitarbeitern gleichzeitig einen lebenswichtigen Puffer schaffen“, gibt Betreiber Dennis Fritsch zu bedenken.
Eine mögliche Alternative
Die Gastronomie und Hotellerie zählen zu den Branchen, die von der Coronapandemie in voller Härte getroffen wurden. Die Betreiber Lior Ehrlich und Dennis Fritsch und Geschäftsführer Andreas Altwasser bemängeln am Vorgehen der Stadt, dass sie die Entscheidung zur Vergabe des Café Hauptwache unabhängig von der Pandemiesituation getroffen haben und wünschen sich ein sinnvolles Vorgehen, das sowohl der Stadt als auch den Bürger:innen und den rund 70 Angestellten gerecht werde.
Eine Alternative zu einer längeren Schließung des Café Hauptwache durch Baumaßnahmen der Stadt ab Ende des Pachtvertrages sehen die Betreiber darin, aufeinander zuzugehen. „Mit einem direkten, zweijährigen Pachtvertrag würden wir gerne gemeinsam mit der Stadt ein Brandschutzkonzept erarbeiten und es bereits jetzt weitestgehend umsetzen, während wir coronabedingt ohnehin geschlossen sind“, erklärt Geschäftsführer Altwasser. Über das Brandschutzkonzept werde schon seit langem gesprochen. „Es betrifft einen zusätzlichen Fluchtweg im ersten Stock, den wir selbst zeitnah realisieren könnten“, so Fritsch. Über die Kostenverteilung müsse man dann sprechen, doch ein so bedeutender Standort wie das Café Hauptwache bliebe den Bürgern dadurch bis zu einer Neuvergabe zugänglich.
„Wir sind für eine Ausschreibung, die richtig entwickelt wird“, betont Lior Ehrlich. „Auch wenn es bitter ist, dass der Magistrat uns im Gegensatz zu den Kioskbetreibern der Wasserhäuschen in Frankfurt derzeit keinen direkten Pachtvertrag anbieten möchte.“ Ehrlich, Fritsch und Altwasser versuchen nichtsdestoweniger nach vorne zu schauen. „Über die Zusagen Jan Schneiders gegenüber dem vorherigen Mitbetreiber Sam Kamran, dass unser Pachtvertrag mindestens drei Jahre, voraussichtlich aber sechs bis neun Jahre verlängert werde, was hohe Investitionen von unserer Seite zur Folge hatte, werden wir an anderer Stelle sprechen“, so die Betreiber des Café Hauptwache. „Momentan wollen wir für uns und unsere Mitarbeiter, deren Zukunft in unserer Verantwortung liegt, eine sinnvolle und vertretbare Lösung finden.“
Dieser Text erschien zuerst in der Mai-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT (5/2021).
8. Juli 2021, 12.45 Uhr
Sarah Schuster, Michele Sciurba
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Text: Till Taubmann / Foto: © Bernd Kammerer
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22. November 2024
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