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Bilanz nach einem Jahr Corona

Bouffier zuversichtlich, Opposition verärgert

In seiner Regierungserklärung lobte Ministerpräsident Volker Bouffier den Umgang der Regierung mit der Corona-Pandemie. Die Opposition kritisiert dagegen eine mangelnde Fehlerkultur. Unterdessen haben Bund und Länder den für Mittwoch geplanten Impfgipfel vertagt.
Knapp ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland hat der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag einen, aus seiner Sicht „erfreulichen“, Rückblick auf die Maßnahmen der Landesregierung gewagt. In seiner Regierungserklärung machte Bouffier vor allem auf die Erfolge der Regierung aufmerksam und rief die Abgeordneten im Landtag zur Unterstützung auf. „Wir leben vom Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“, so Bouffier. Das erreiche man jedoch nicht, indem man alles schlechtrede, sondern nur durch Aufklärung und Geduld. „Die Menschen müssen sich aus eigener Überzeugung an die Regeln halten“, sagte Bouffier. Dafür zu sorgen, liege auch in der Verantwortung der Politik.

Trotz der aktuell wieder steigenden Infektionszahlen betonte der Ministerpräsident, Deutschland und Hessen seien, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, bisher gut durch die Pandemie gekommen. In Hessen habe man eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden und besonders schutzbedürftigen Menschen angemessen helfen können, die Zahl der Infizierten in Senioren- und Pflegeheimen sei deutlich gesunken und auch die Nachverfolgung der Kontakte sei, nicht zuletzt durch die Einführung der Software „Sormas“ in den Gesundheitsämtern, gelungen. Zudem solle es bald eine App geben, über die unter anderem die Kontaktnachverfolgung in Restaurants einfacher werden soll. Die Bundesländer würden demnächst darüber beraten. Nach einem Jahr Corona dürfe man sich also durchaus freuen, so Bouffier.

Auch die Hilfszahlungen des Landes für die vielen Hess:innen, die durch den Lockdown um ihre Existenz fürchten müssen, hob der Ministerpräsident hervor. Zwar sei die Auszahlung der Dezemberhilfen im März keine Glanzleistung gewesen, dafür sei jedoch nicht das Land Hessen, sondern die Bundesregierung verantwortlich.

Opposition kritisiert mangelnde Fehlerkultur

Auch für die kommenden Herausforderung sah sich Bouffier gewappnet. Der Stufenplan, der je nach landesweiter Inzidenz Öffnungen zulässt oder zurücknimmt, treffe zwar keine genauen Vorhersagen, biete aber Orientierung, was möglich sei, wenn das pandemische Geschehen es zulasse. Die Öffnungen seien auch aktuell noch möglich, weil man sowohl in der Teststrategie als auch beim Impfen vorankomme. Obwohl für die Impfungen durch die Hausärzte noch einiges zu klären sei und nach dem Stopp der Astrazeneca-Impfungen auch der Impfstoffmangel wieder steigt, zeigte sich Bouffier zuversichtlich, dass im Sommer 50 bis 60 Prozent der Hess:innen „durchgeimpft“ sein könnten.

Kritik kam vonseiten der Opposition im Landtag. Oppositionsführerin Nancy Faeser (SPD) bemängelte vor allem, die Regierung würde Fehler nicht eingestehen und die Verantwortung von sich weisen. Weder die Terminvergabe für die Impfungen noch die Teststrategie in den Senioren- und Pflegeheimen habe funktioniert. Zudem seien noch immer nicht Senior:innen geimpft, die zu Hause gepflegt würden. Dass das hessische Gesundheitssystem nicht überlastet sei, bestritt Faeser ebenso. „Das Personal dort wäre sehr verärgert, wenn sie heute Ihre Rede gehört hätten“, so Faeser zu Bouffier. Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler bezeichnete den positiven Rückblick Bouffiers und die Freude darüber als „Hohn“ und kritisierte ebenfalls eine fehlende, funktionierende Strategie der Landesregierung.

Impfgipfel vertagt

Nachdem das Bundesgesundheitsministerium am Montag die Impfung des Wirkstoffs von Astrazeneca gestoppt hatte, wurde unterdessen auch der für den heutigen Mittwoch geplante Impfgipfel von Bund und Ländern kurzfristig verschoben. Wie mehrere Medien berichteten, wolle man die Einschätzung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA abwarten, die sich in den kommenden Tagen mit dem Umgang mit dem Astrazeneca-Impfstoff befassen wolle. Auch Hessen setzte am Montag die Impfungen mit dem Wirkstoff vorübergehend aus. Wie die Hessenschau berichtete, müsse das Hessische Innenministerium in der Folge rund 30 000 bereits vereinbarte Impftermine stornieren. Auch der Impfstart in den Arztpraxen könnte sich damit verzögern.

Schulen bleiben im Distanzunterricht

Derweil stößt der Plan von Kultusminister Alexander Lorz (CDU), nach dem auch Schüler:innen ab Klasse 7, die nicht bereits im Präsenzunterricht sind, in den letzten beiden Wochen vor den hessischen Osterferien zum Wechselunterricht übergehen und mindestens einen Präsenztag pro Woche haben sollen, auf Widerstand. Einige Städte und Kreise in Hessen haben bereits angekündigt, bis zu den Ferien im Distanzunterricht bleiben zu wollen. Angesichts der vielerorts steigenden Inzidenzzahlen haben sich Stadt und Kreis Offenbach, die Stadt Hanau, der Main-Kinzig-Kreis sowie der Kreis Groß-Gerau gegen eine Einführung des Wechselunterrichts für ältere Schüler:innen entschieden. „Wir stellen einen signifikanten Anstieg von Infektionen in den jüngeren Altersgruppen fest. Mit unserer Entscheidung wollen wir den guten Status Quo an den Schulen halten und vorerst noch keine zusätzlichen Schülerinnen und Schüler in den Präsenzunterricht schicken“, teilte die Offenbacher Gesundheitsdezernentin Sabine Groß (Bündnis 90/Die Grünen) mit.

Inzidenz in Hessen bei 93,4

Das Robert Koch Institut (RKI) meldete am Mittwochmorgen deutschlandweit 13 435 Neuinfektionen sowie 249 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus in den vergangenen 24 Stunden. In Hessen kam es im selben Zeitraum zu 1174 Neuinfektionen und 35 Todesfällen. Die Inzidenz liegt aktuell bei 93,4. In Frankfurt liegt die Inzidenz aktuell bei 105,8. Binnen 24 Stunden verzeichnete die Stadt 178 Neuinfektionen und acht Menschen, die an oder mit Covid-19 verstorben sind.
 
Fotogalerie:
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17. März 2021, 11.32 Uhr
Laura Oehl
 
 
 
 
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