Ob wegen Renovierung oder Trennung, für zwei Wochen oder mehrere Jahre, auf zwei oder 50 Quadratmetern: immer mehr Menschen bringen ihr Hab und Gut in Selfstorage-Lagern unter. Aber was hat es damit auf sich?
Franziska Winterling /
Einen Ghettoblaster, mit Unterlagen gefüllte Kisten und alte Stempelpressen: all das findet sich in den Lagerräumen von Walter Bauer. Seit sechs Jahren ist er Kunde bei MyPlace, dem ersten Selfstorage-Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Dessen Gründer Martin Gerhardus bekam die Idee von einem Freund, der durch die USA gereist war und begeistert von dem Konzept erzählte. Recherchen ergaben, dass Selfstorage sich in den USA zwar bereits großer Beliebtheit erfreute, in Europa und besonders dem deutschsprachigen Raum aber noch weitgehend unbekannt war. Das war 1999. Inzwischen hat MyPlace 37 Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Seit 2007 steht auch in Frankfurt ein etwa 6.000 Quadratmeter großes Lager mit über 1.000 Abteilen. Standortbetreuerin Heike Brendel erklärt: „Immer mehr Menschen nutzen Selfstorage, besonders die, die direkt in einer Großstadt leben.“ Die häufigsten Gründe für eine Einlagerung seien berufliche: „Das kann ein Auslandsaufenthalt sein oder ein beruflich bedingter Umzug, bei dem nicht alles mit kann. Unsere Kunden lagern dann hauptsächlich Möbel ein.“ Aber auch die zunehmend angespannte Wohnungssituation in Großstädten sei ein Grund für die Nutzung von Selfstorage. Während in ländlicheren Gebieten Keller und Dachböden zur Einlagerung noch selbstverständlich seien, würden trockene und sichere Lagermöglichkeiten bei Stadtwohnungen zunehmend zur Seltenheit. Günstiger, als eine größere Wohnung zu mieten, sei da ein Selfstorage-Lager.
Zur Vermietung stehen Abteile zwischen einem und 50 Quadratmetern mit etwa 70 Zwischenstufen. Dass diese Größen schnell verwirren können, weiß auch Heike Brendel: „Viele Kunden schätzen ihren Bedarf falsch ein. Sie denken, dass zum Beispiel bei einem Umzug das Lager fast so groß wie die eigene Wohnung sein muss.“ Als Faustregel gilt bei MyPlace allerdings, dass nur etwa zehn Prozent der Wohnungsfläche als Lagerfläche benötigt werden. „Das liegt auch an den hohen Decken von 2,80 Metern“, erklärt Frau Brendel. Allerdings sei jeder Kunde individuell. Bei MyPlace steht daher vor der Vermietung ein Beratungsgespräch mit einem Standortmitarbeiter, dann haben potenzielle Kunden die Gelegenheit, einige Lagerräume zu besichtigen.
Auch Walter Bauer erinnert sich noch an diese Anfangszeit als Selfstorager: „Bei mir begann alles mit einem Schrank, den ich günstig bei E-Bay ersteigern konnte. Es war die Nachbildung eines antiken Stücks und ein echtes Schnäppchen, aber als ich den Schrank abholen sollte, wurde mir plötzlich bewusst, dass wir gar keinen Platz hatten.“ Also wurde das 2,40 Meter breite Stück erst einmal eingelagert. Inzwischen ist Herr Bauer vom Selfstorage so überzeugt, dass er ganze vier Abteile bei MyPlace gemietet hat, alle zwischen einem und drei Quadratmetern. „Man kommt im Leben immer wieder in unerwartete Situationen“, sagt Herr Bauer. Seine liebevolle Sammlung von Eisenbahnzubehör hatte er immer bei seinen Eltern gelagert. Als beide dann kurz nacheinander verstarben und das Haus verkauft wurde, musste eine Alternative her. Zu dieser Zeit hatte Herr Bauer schon ein Abteil bei MyPlace und seitdem lagern darin der Wasserstandsanzeiger einer Dampflock, antike Stempelpressen und Aufbewahrungsschränke für Fahrkarten sowie Schallplatten der ebenfalls verstorbenen Schwiegermutter.
Walter Bauer gehört zu den Langzeitmietern bei MyPlace, die etwa ein Drittel der Kunden ausmachen. Heike Brendel hatte allerdings auch schon Kunden auf Weltreise, die nur für zwei Wochen (die Mindestmietzeit) einen Koffer einlagerten. Ebenso wie einen Mann der für zwei Jahre nach Nigeria ging und sein Mobiliar einlagerte oder ein älteres Ehepaar, das seinen Garten aufgeben musste, sich aber nicht von den zahlreichen Werkzeugen trennen konnte. Und dann ist da noch der Mann, der all seine Bücher ordentlich in Regalen bei MyPlace lagert. Regelmäßig kommt er vorbei, um sich eines der 5.000 Exemplare zu holen oder es wieder zurückzubringen. Warum auch immer sie ein Lager brauchen, Heike Brendel hat viel Verständnis für ihre Kunden. Und so lacht sie nur bei der Frage, ob man manches denn nicht einfach wegwerfen könne, und meint: „Einige Sachen wirken für mich tatsächlich wie Plunder, aber was zählt ist da wohl der ideelle Wert und den können Außenstehende ja nicht abschätzen.“
Allerdings weiß sie nicht von all ihren Kunden, was sich hinter den blauen Metalltüren der Lagerräume verbirgt: „Einige möchten darüber sprechen, andere nicht und da respektieren wir auch die Privatsphäre unserer Kunden.“ Natürlich gibt es bei der Lagerung auch einige Einschränkungen, so dürfen Tiere, verderbliche Lebensmittel oder leicht explosive Gegenstände nicht eingelagert werden. „Unsere Kunden bekommen da auch einen gewissen Vertrauensvorschuss“, erklärt Heike Brendel. Der sei bisher aber auch noch nicht missbraucht worden. Nur einmal wurde der Inhalt eines Kühlschranks versehentlich mit eingelagert und musste dann vom Mieter herausgeholt werden. Denn die MyPlace-Mitarbeiter greifen nicht auf die Abteile zu. Diese stehen nur den Kunden zur Verfügung, die einen Schlüssel haben und außerdem mit einem Nummerncode zwischen 6 und 22 Uhr ins Gebäude können. Darüber hinaus schützen eine Alarmanlage und Wachpersonal die Abteile. „Nur wenn ein Kunde nicht bezahlt und auch auf keine unserer Mahnungen reagiert, müssen wir ein Abteil öffnen“, sagt Frau Brendel. „Zum Glück kommt das aber nicht häufig vor, die Zahlungsmoral unserer Kunden ist im Allgemeinen sehr gut.“
Das kleinste Abteil bei MyPlace ist mit einem Quadratmeter ab 42 Euro monatlich zu mieten. Für Jahresverträge, die im Voraus bezahlt werden und andere Angebote, gibt es außerdem Rabatte. Auf diese kann Walter Bauer mit seinen Langzeitabteilen auch zugreifen. Im letzten Jahr mietete er noch zwei weitere Abteile für seine Tochter, die nach einem Streit mit ihrem Freund aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und innerhalb von 48 Stunden all ihre Sachen mitnehmen musste. „So schnell findet man natürlich keine Wohnung und mit ihrem Auszubildendengehalt hätte sie sich das auch nicht leisten können“, beschreibt Herr Bauer die Situation. „Ein Lager bekommt man im Prinzip von einem auf den anderen Tag und MyPlace hilft auch bei der Vermittlung von Möbeltransportern.“ Bei diesen bekommen die Kunden dann besonders günstige Konditionen.
Aktuell ist etwa die Hälfte aller Abteile im Frankfurter Lager belegt, durch Kurzzeitmieter schwankt diese Zahl. Die beliebteste Größe sind Abteile zwischen vier und sieben Quadratmetern. „Einen Teil der Räume vermieten wir auch an gewerbliche Kunden“, meint Frau Brendel. Diese lagerten in erster Linie Akten ein, aber auch junge Onlineshops nutzten den Lagerraum für ihre Produkte. „Zusätzlich haben wir in Frankfurt als einzigem Standort Garagenstellplätze zur Vermietung. Unsere Kunden können hier beispielsweise Oldtimer parken, die sie nicht regelmäßig nutzen.“ Geeignet ist Selfstorage also für ganz unterschiedliche Situationen. Walter Bauer fasst das so zusammen: „Man kann ja nie wissen, was einem so alles passiert und da ist es gut, ein Konzept wie Selfstorage zu kennen und darauf zurückgreifen zu können.“