No 2 wird 30

Vinyl heißt Spaß an der Musik

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Ein Second Hand-Plattenladen, das geht nicht lange gut. Allen Unkenrufen zum Trotz wird am 7. Juni im No 2 in Sachsenhausen am Samstag groß gefeiert. Denn der Plattenladen in der Wallstraße wird 30. .

Detlef Kinsler /

Sein Hobby war Musik. Schon als er als Student über den Flohmarkt schlenderte. „Ich wollte günstig an Platten kommen“, erzählt Michael Baumann. „Das war ja eine Frage des Geldes, neue kaufen war zu teuer.“ Schnell hatte er eine schöne Sammlung beisammen. „Dann sah ich welche, die waren günstig, aber die hatte ich schon, schade“, dachte Baumann. Bis es bei ihm klick machte. Trotzdem kaufen und dann tauschen hieß der Geistesblitz. „Am Eisernen Steg war dafür immer ein Treff.“ Als genügend Doppelte erstanden waren, kam der nächste, konsequente Schritt. „Dann stelle ich mal eine Kiste hin und verkaufe selber was.“ Dabei blieb es nicht. Als der Flohmarkt 1984 vom Sachsenhäuser Ufer ins Schlachthofgelände verbannt wurde, „eingemauert, Stacheldraht drumherum – die Leute haben es gehasst“, machte Baumann mit einem Kompagnon seinen ersten Laden auf. Im Wasserweg, direkt gegenüber des Flohmarkt-Eingangs. „Da war samstags immer die Hölle los und das zog Kreise.“ So sehr, dass bald keine Zeit mehr fürs Studium war.

Nach dem Umzug in die großzügig geschnittenen, lichten Räume in der Wallstraße musste das Personal aufgestockt werden. Baumann rettete den Ex-Creme 21-Musiker Michael Scheuber vorm Kellnern, sprach später den Journalisten Markus Farr an, der vermittelte DJ und Clubbesitzer Ansgar Fleischmann, der kannte Comiczeichner Christopher „Piwi“ Tauber, der zauberte den Anti-Folk-Helden Bernhard Karakoulakis alias Boo Hoo aus dem Hut, zur Clique gehörte auch DJ Stella Mirabella und Velveteen-Drummer Tommy Müller komplettierte das Tresenpersonal mit starkem Szene-Bezug. „Das war stimmig, sie haben alle mit Musik zu tun“, schwärmt der Chef vom Idealismus und der Leidenschaft seines Teams, das das No 2 auch zu einem sozialen Raum und Treffpunkt macht.

Wer aber kauft Second Hand? „Viele, die mit mir alt geworden sind, die kommen immer noch nach 30 Jahren“, sagt der 58-Jährige nicht ohne Stolz, Stammkunden, die gezielt ihre Sammlung vervollständigen wollen und mit einer Liste zum Abarbeiten beim Stöbern und Fachsimpeln vorbeischauen. „Wir verkaufen trotz gravierendem Preisverfall immer noch gut CDs, das ist ja das Erstaunliche. Aber die Leute, die Spaß an der Musik haben, das sind die LP-Käufer.“ Die viel beschworene Physis, das Haptische und das Plus an Sinnlichkeit von Vinyl gibt es ab einem Euro. Dafür kann man im Moment zum Beispiel Dalbellos „whomanfoursays“ erstehen – mit einem Cover, das im CD-Format nicht funktioniert. Am anderen Ende der Preisskala stehen Collectors' Items wie ein Jimi Hendrix-Album mit Original-Autogramm. Das brachte 1.000 Euro in die Kasse. Zwischen all der Musik kann der Besucher übrigens auch Memorabilien oder Siebzigerjahre-Accessoires, vom Kerzenständer über das orangefarbenen Tastentelefon und dem Colani-Elefanten, finden. Viel zu entdecken also und viel zu hören beim Fest am 7.6. ab 16 Uhr mit DJ-Sets von Stella Mirabella, Piwi und frrr! & grrr! sowie Auftritten befreundeter Bands und dem gerade von einer CD-Produktion aus New York zurückgekehrten Boo Hoo.

>> 30 Jahre No.2-Fest, Sachsenhausen, Wallstraße 15, 7.6., ab 16 Uhr, Eintritt frei

Mehr Adressen unter www.journal-frankfurt.de/plattenlaeden


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