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Feminismus in der Frauenfußball-Fan-Szene

Kick it like Nutria Bande!

Frauenfußball ist längst nicht mehr der belächelte „andere“ Fußball – sondern inzwischen populär und cool. Über den beträchtlichen Gender Pay Gap, die US-Amerikanerin Megan Rapinoe und feministische Ultras in Frankfurt.
Acht Euro für einen Stehplatz beim Bundesligaspiel, drei Euro für ein Bier. Wo gibt’s denn sowas? Beim Frauenfußball, etwa im Stadion am Brentanobad. Auf dieses entspannte Preis-Leistungs-Verhältnis müssen Besucherinnen und Besucher von Bundesligaspielen der Männer verzichten. Sie zahlen, zum Beispiel in der Commerzbank-Arena, im Schnitt 30 Euro für ein Ticket und zwischen vier und fünf Euro für ein Bier.

Feministischer Fußball

Worüber sich Fußball-Fans ärgern, ist die Kommerzialisierung des Sports, die im Frauenfußball bei weitem nicht so stark ausgeprägt ist. Bei den Fußballerinnen sorgt das allerdings auch für weniger Gehalt als bei den Männern: Der Gender Pay Gap ist beträchtlich. Frauen wie Männer bekommen zum Beispiel Prämien bei Erfolgen. Die pauschale Prämie auf den Gewinn der Weltmeisterschaft liegt bei Fußballerinnen bei 75.000 Euro, während Fußballer 350.000 Euro erhalten – fast das Fünffache.
Trotzdem wird Frauenfußball nicht mehr so stark belächelt wie noch vor einigen Jahren. Der Sport katapultiert sich selbst aus dem Abseits. Spielerinnen wie die US-Amerikanerin Megan Rapinoe oder die Argentinierin Macarena Sánchez sind Persönlichkeiten, die dem Frauenfußball zu mehr Popularität verhelfen. Rapinoe tritt sehr politisch auf, kritisiert Trump öffentlich und setzt sich für LGBTQ*-Rechte ein, während sich Sánchez für die Professionalisierung und faire Bezahlung der Fußballerinnen in ihrem Land stark macht. Von ihrem Verein UAI Urquiza wurde die Feministin „aus sportlichen Gründen“ suspendiert – nun verklagt sie Verein und Verband. Im Interview mit Spiegel Online sagte Sánchez, „der Machismo und das Patriarchat“ verhinderten, dass Frauen wie Profis behandelt würden.

„Kein Gott, kein Staat, FFC!“

Gegen patriarchale Strukturen engagieren sich auch die feministischen „Ultras“ des 1. FFC Frankfurt. Nutria Bande nennen sie sich – wie die am Stadion am Brentanobad lebenden Biberratten. Seit Mitte 2018 feuert die Bande regelmäßig die siebenfachen Meisterinnen vom 1. FFC Frankfurt an. Nach den Spielen besucht sie mitunter die Nutrias an der Nidda, macht Fotos, trinkt Bier und betrachtet ihre tierischen Namensgeber. Gegründet wurde die Nutria Bande von Frauen. Mittlerweile liege das Geschlechterverhältnis aber bei jeweils 50 Prozent Frauen und Männern, schätzt Vorsängerin Denise. Was bei herkömmlichen Ultras der „Capo“ ist, ist in der Nutria Bande die „Capa“ – Denises Funktion. Dem männlichen Begriff hat die Nutria Bande damit eine weibliche Entsprechung gegeben. Denise heizt auf Spielen die Menge an und brüllt Parolen in ihr Megafon. Am Spielfeldrand wird der feministische Spruch „Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!“ umgedichtet in „Kein Gott, kein Staat, FFC!“

Feministisch, antifaschistisch und antirassistisch – das sind die Prinzipien der Gruppe. „Für alle ist klar, dass die Frauen bei uns was zu sagen haben und ihnen zugehört wird. In anderen Fan-Kontexten ist das sehr oft nicht der Fall“, hält Denise fest. Auf Hierarchien hat die Nutria Bande ebenfalls keinen Bock. „Gut, ich bin halt die Capa und am lautesten, ist mein Job“, sagt Denise. „Aber aufgrund unserer Werte geht es bei uns wahrscheinlich weniger hierarchisch zu als in anderen Fan-Szenen. Da wir darauf achten, dass Frauen vorne stehen, ist der Umgang bei uns anders.“

Alles cool also bei der Nutria Bande? Nicht ganz. Um die Tradition des 1. FFC Frankfurt machen sich einige Sorgen. Bisher war der Verein einer der wenigen, der unabhängig von Männerfußballvereinen agiert. Doch der 1. FFC wird ab der Saison 2020/21 unter der Schirmherrschaft des Bundesligisten Eintracht Frankfurt spielen. „Einerseits ist das natürlich finanziell sehr gut für den Verein, andererseits ist die Tradition als alteingesessener, unabhängiger Verein dann Geschichte“, sagt Denise. Die Nutria Bande findet, die Fusion bringe dem Männerfußball mehr Vorteile als dem 1. FFC und seinen Fans – „abgesehen vielleicht von der versprochenen Kohle“. Sie fordert unter anderem, dass die Gehälter der FFC-Spielerinnen an die der Eintracht-Spieler angeglichen werden.

Wie Megan Rapinoe und Macarena Sánchez treibt die Nutria Bande den Feminismus im Fußball ein wenig voran. Nimmt dadurch der Enthusiasmus für den Frauenfußball hierzulande irgendwann die gleichen Ausmaße wie in den USA an?

Dieser Artikel erschien erstmalig im Oktober 2019 in FRANKFURT FÜR STUDIERENDE.
 
Fotogalerie:
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28. November 2019, 11.03 Uhr
Katrin Börsch
 
 
 
 
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