Die Backstreet Boys werden alt

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red /

Woran erkennt man, dass eine Boygroup in die Jahre kommt? Nehmen wir exemplarisch das gestrige Konzert der übrig gebliebenen vier Backstreet Boys in der Festhalle. Die Fans werden weniger- wie auch bei den Konzerten in Berlin und Leipzig-, füllen nur die Hälfte des Innenraums und der Ränge. Dafür ist das anwesende Publikum umso kompromissloser fanatisch. Nimmt die durch „For all Lovers“ aus dem Radio bekannte Band StanFour gelassen als Support hin und wartet 45 Minuten auf ihre Idole. Durch diese lange Pause fällt es dann auch weniger auf, dass die vier Jungs von der Insel Föhr wesentlich kraftvoller auf der Bühne agieren als später die zu Männer gereiften Backstreet Boys aus Florida.


15 Jahre sind die „Boys“ nun im Geschäft, eine Tatsache, die während des Konzertes mindestens vier Mal ins Publikum gebrüllt wird. Zwar sind die Fans mit der Band gealtert, die Anwesenden sind zwischen 14 und 44 Jahren alt, aber so altersdement sind sie nun auch nicht. Und weil sich die Backstreet Boys nach all den Jahren selbst genug sind, verzichten sie beim Konzert auch auf spektakuläre Bühnenaufbauten. Bis auf die Eingangssequenz mussten ein schwarzer Vorhang im Hintergrund und schlecht gesetzte, bunte Lichtkegel reichen. Der Konzertauftakt war denn auch vergleichsweise spektakulär. Begleitet von „The Eye of the Tiger“ begrüßen die Jungs ihre Fans in weißen Kapuzenbademänteln und stehen dabei im Boxring. Frenetischer Applaus, beste Stimmung und die Show beginnt mit „Larger than Life“. Ein Meer aus Kameras wird in den Reihen des Innenraums gezückt. Bei „Everyone“ sind die Jungs dann in schwarzen Hosen und Motorradjacken gekleidet und zeigen, was eine Boygroup ausmacht: Synchrone Tanzchoreografien mit pathetischen Armbewegungen. Doch ganz so spritzig, wie sie mal waren, kommen AJ, Brian, Howie und Nick nicht mehr rüber. Brian winkt zu den Rängen und hunderte Arme winken ihm entgegen. Das Publikum ist hellauf begeistert und braucht gar keine Extra-Motivation. Brians „We wanna thank you Germany“ geht fast unter.


Aus dem aktuellen Album singen die Jungs „Any other way“, „You can let go“ und „Unmistakable“. Leider sitzen sie dabei schlaff auf goldenen Stühlen, was Dynamik aus der Show rausnimmt. Fast wirken die Backstreet Boys müde, die langsamen Songs kommen ihnen scheinbar nun gut zu Pass. Bei „I want it that way“ brandet frenetischer Beifall auf. Alte und vor allem schnelle Nummern ziehen am meisten. Leider sahen sich die Backstreet Boys zwischendrin gezwungen, ihre Fans mit langsamen Soloeinlagen zu beglücken. Bei Howie ist es ein wenig geglücktes „She’s like the sun“ mit Latinoanklängen. Ausnahmsweise sitzen die Fans nun. Ob sie andächtig der Ballade lauschten oder einschliefen, war nicht zu erkennen. Bei den weiteren drei Solos, klangen Nick, AJ und Brian eher wie Bryan Adams – jedoch offenbarten alle damit ihre Schwäche: nur zu viert kommt ihr Gesang gut rüber, wenn auch nur bedingt durch die schlechte Festhallenakustik. Was sich die Jungs aber bei „Show Me the Meaning“ dachten, als sie an einem runden Tisch vor sich hinsitzend sangen, den Zuschauern dabei den Rücken zukehrten und vor sich hinmurmelten, bleibt unklar. Langweiliger kann man ein Lied nicht performen. Dafür machten sie mit den aktuellen Hits „Helpless When She Smiles“ und „Inconsolable“ wieder einiges wett. Immer wieder jubelt das stehende Publikum. Blieben Brian und Howie während des Abend nur brav im Hintergrund, so schwang Nick dynamisch den Mikroständer, gab ein beachtliches Schlagzeugsolo und AJ hüpfte – wie unter Drogen – herum und kreiste lasziv mit den Hüften. Das waren fast schon die Highlights.
Wie in alten Zeiten kam kurz vor Schluss noch ein geremixtes Medley der größten Hits: „Quit Playing Games“ (hier sangen auch die 10 Prozent männlichen Zuschauer mit), „As Long as You Love Me“, „All I Have to Give“ und „I’ll Never Break Your Heart“. Es war 22.35 Uhr und der Höhe- und Schlusspunkt des Konzerts wurde mit „Backstreet’s Back“ erreicht. Die Florida-Boys performten die bekannte Videochoreografie – immerhin die Schritte saßen noch. Und das Publikum hüpfte ekstatisch mit. Die Stimmung am Siedepunkt. „Shape of My Heart“ kam im Flitterregen als Zugabe. Mehr forderten die Fans dann nicht mehr ein. 105 Minuten Konzert, 25 Songs, alle bekannten Hits, hysterisch kreischende und am Ende ermattete Fans. Das Alter merkt man den Backstreet Boys an, nur gut, dass die verbliebenen Hardcorefans gleichermaßen altermilde geworden sind.Nicole Brevoord


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