1977 war die fahrende Apfelweinkneipe erstmals auf Frankfurts Schienen unterwegs und hat seitdem mehr als eine Million Touristen und Einheimische durch die Stadt gebracht. Zum 40. Geburtstag gibt es Freifahrten und ein Fest am Betriebshof.
Nicole Nadine Seliger /
„Willst mit ‚Stöffche‘ Dich betütteln, Dribbdebach mal wieder sehn und den Frohsinn aus Dir schütteln, musst zum Ebbel-Ex Du gehen!“, schrieb der Dichter Ernst Friedrich Tschernitschek zum 30. Geburtstag vor 10 Jahren in seinem Buch „Frankfurter Dichterkunst“ über die bunteste Straßenbahn im Frankfurter Stadtbild. Das gilt auch heute noch, wenn die Bahn mit Charme im gemütlichen Tempo seit nunmehr 40 Jahren durch die Innenstadt ruckelt – vorbei an Zoo, Römer und Messe. An 29 Stationen können die Fahrgäste ein- und aussteigen oder sitzenbleiben, sich am Apfelwein, Brezeln und der Musik erfreuen. Brezel und ein Getränk sind im Fahrpreis von aktuell acht Euro enthalten. Apfelwein, -saft und –schorle füllt die Kelterei Possmann eigens in besonders etikettierte kleine Flaschen, in einem Monat werden durchschnittlich fast 3000 Flaschen verkauft.
Foto: Nicole Nadine Seliger
Neben dem Stöffche sind auch die Beförderungsbedingungen ein Markenzeichen, das gut sichtbar im Wagen aushängt. Darin stehen die herrlichen Anweisungen, bloß nicht die Schaffnerin anzufassen oder auf den Boden zu spucken. Aber wer will das schon, in diesem gemütlich und rustikal eingerichteten Wagen mit blauer Himmelsdecke mit weißen Wölkchen? 2016 begrüßte die VGF rund 24.000 Fahrgäste in der Bahn, hinzu kommen Passagiere bei Events und privaten Veranstaltungen, zu denen der Express gemietet werden kann.
Foto: VGF
Der Express hat es mittlerweile zu einer Berühmtheit in Frankfurts Stadtbild geschafft: Auf Wunsch gibt es nach der Fahrt eine Urkunde, im Ticketcenter an der Hauptwache sogar ein Geripptes mit speziellem Aufkleber zu kaufen. Der Express war schon Kulisse für Fernsehfilme und ist seit mehr als zehn Jahren auch Tatort für das interaktive Ratespiel „Mord im Ebbel-Ex“. Seit sechs Jahren können die Fahrgäste im eigenen Podcast alles über den Express und die Sehenswürdigkeiten an der Strecke erfahren, auch in einer hessischen Version von Sänger Oliver Hartstack von der ehemaligen Band „U-Bahnkontrollöre in tiefgefrorenen Frauenkleidern“.
Foto: Nicole Nadine Seliger
Rund 50.000 Kilometer fährt der Ebbel-Ex im Jahr, das sind etwa 2 Millionen Kilometer seit seiner allerersten Fahrt am 5.2.1977 – fast 157-mal um die Erde. Als die Bahn am 5. Februar 1977 erstmals durch die Stadt ruckelte, war an den großen Erfolg nicht zu denken. Sie sollte ein „Symbol für die andere Seite des von Banken und Hochhäusern geprägten Frankfurt“ sein, formulierte der damalige Oberbürgermeister Rudi Arndt. Schon längst wurde der Millionste Fahrgast begrüßt. Die Wagen sind seitdem unverändert. 1977 nur knapp der Verschrottung entgangen, wurden die Wagen der Baureihe aus den 1950er Jahren umgerüstet, die im Regelverkehr schon lange nicht mehr unterwegs ist.
Genau genommen gibt es sogar mehr als einen Ebbelwei-Express. Zur Flotte der VGF gehören vier Motorwagen und sechs Beiwagen, die nur an der Wagennummer zu unterscheiden sind. Das Äußere der Bahn ist bei allen identisch: Hier kommen Frau Rauscher und Goethe zusammen, Bembel prangen neben dem Römer, Zoo und Eisernen Steg. Das Design ist eine Idee des Künstlerpaares CM und Estine Estenfelder, die 1977 von den Stadtwerken engagiert wurden.
Eine Kleinigkeit hat sich neben dem Fahrpreis, der 1977 noch zwei Mark kostete und mittlerweile für Erwachsene bei acht Euro liegt, dann doch geändert. Der Ebbelwei-Express ist vor einigen Jahren umgezogen. Bis 2003 war sein Zuhause auf dem Betriebshof Eckenheim, seitdem übernachtet er in der Nähe des Hauptbahnhofs, im Betriebshof Gutleut.
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Geburtstagsparty mit Freifahrten Wie es sich für einen ordentlichen Geburtstag gehört, wird auch gefeiert. Am Samstag, 16. September, lädt die VGF alle Frankfurter und Ebbel-Ex-Freunde auf den Betriebshof Gutleut ein. Beim Programm auf der Bühne plaudern erfahrene Express-Fahrer aus dem Nähkästchen, Kinder können eine Seifenblasen-Werkstatt, eine Eintracht-Torwand oder das Spielmobil des Abenteuerspielplatzes ausprobieren. Zur Feier des Tages ist der Express auch auf den Schienen Frankfurts unterwegs: in sechs Freifahrten für jeweils 66 Passagiere auf einem Rundkurs von der Haltestelle Pforzheimer Straße über Sachsenhausen. Die kostenlosen Tickets gibt es am Info-Zelt der VGF an der Pforzheimer Straße (Hauptbahnhof Süd).