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dk auf Tour – Leonard Cohen und wie er Mainhatten nahm...
Punkt 8 geht das Licht aus in der Frankfurter Festhalle. Die sechsköpfige Band und drei Sängerinnen nehmen ihren Platz ein auf der mit orientalischen Teppichen ausgelegten Bühne. Und kurz darauf kommt Leonard Cohen selbst lässig, ja fast joggend auf die Bühne wie ein blutjunger Hüpfer, von der ersten Minuten an Elan und – eher überraschend bei seinem über Jahrzehnten verfestigten Image – Verve ausstrahlend. Und los geht’s gleich mit „Dance Me To The End of Love“. Der Chor mutet – erst mal die Biografie des Künstlers ganz außen vor gelassen – „jiddish“ an und der Gitarrist recht außen auf der Bühne spielt fast Bouzouki-mäßig. Ein Hauch von mediterraner Folklore. Costa Cordalis gingen die Ohren auf, wie geschmackvoll man das inszenieren kann. Aber dieses handverlesene Ensemble ist mit allen Wassern gewaschen, wenn das Ganze auch immer eher dezent – vor allem vom Schlagzeug her – klingt.
Unter der Leitung des (Kontra-) Bassisten Rosco Beck als musikalischem Direktor spielen hier u.a. Cracks wie Hammond B 3-Mann Neil Larsen oder Javier Mas aus Saragossa, der allein mit seinem Instrumentarium, der 12-satigen Gitarre, diversen Lauten und der Bandurria (einer Mandolinenart) für Klangfarbenreichtum sorgt. Und Cohen hat für alle – wenn er sie stolz und dankbar vorstellt – eine liebevolle Umschreibung. So ist Drummer Rafael Gayol nicht nur der „time keeper“, sondern der „Prince of Precision“, Gitarre Bob Metzger bezeichnet er als „architect of the appergio“. Mit einer solchen Truppe kann man – zumal wenn die Kompositionen so angelegt sind – vielerlei Assoziationen provozieren. Am Ende macht der Singer/Songwriter Cohen doch eine transzendentale Weltmusik, in der Country gleichberechtig neben Arobo-Andalusischem steht. Und ganz sicher ist das, was der erklärte Brel-Fan da singt, auch irgendwie Chanson. Aber das mag jeder ganz individuell für sich empfinden.
Cohen ist ein Poet, ohne Zweifel. Und mag er auch selbst gut 14, 15 Jahre nicht in Deutschland gewesen sein, seiner Lieder waren – und das generationsübergreifend – immer präsent. Sein fast 3-StundenPorgamm (kurze Pause inklusive) ist gespickt mit Hits: „Bird On The Wire“, „Who By Fire“, „Suzanne“, „Hallelujah“, „I’m Your Man“, „So Long Marianne“, „First We Take Manhatten“, „Famous Blue Raincoat“. Cohen singt, erzählt sie mit seinem Bass-Bariton, der keinen unberührt lässt. Sein Chor bekommt seine Solopassagen: Sharon Robinson, seine Co.Autorin, hat eine samtweiche „schwarze“ Stimme, The Webb Sisters – zudem mit Gitarre und Harfe – bringen Folk-Farben ein. Und Leonard Cohen hat an ihnen, seiner Band, dem Publikum und – ja fast – auch am Leben Spaß (Motto: „There is a crack in everything, that’s how the light comes in“), macht Witze über sein Alter (dabei ist er so souverän mit seinen 75!) und hat die Lacher auf s
einer Seite, wenn er nach „Closing Time“ zur dann dritten Zugabe „I Tried To Leave you“ singt. Erstaunlich wie positiv, freudvoll und von gegenseitiger Liebenswürdigkeit dieser in Standing Ovations endende Abend sich gestaltete, meinte doch Cohen – wie alle (inklusive der Roadies!) in dunklem Zwirn und mit Hut oder Kappe ausgestattet – anfangs noch, bei all dem Lernen und den Erfahrungen, die er gemacht habe: „Cheerfulness didn’t break through.“ Da kann man nur sagen: selten so wunderbar mit einem Künstler gelitten und Freude dabei empfunden! Seine Abgänge dabei besonders sehenswert: mit weit ausholenden Schritten und schaukelnden Armbewegungen dabei, sah das aus wie Kasperle, das sic nach einem Streich von hinnen macht oder wie ein junges Mädchen, dass gerade beim Hickeln gewonnen hat und den Freundinnen auf indirekte Weise eine lange Nasen zeigen will. Ätschibätsch... Ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Abend.
Fotos: Detlef Kinsler
30. Oktober 2008, 15.44 Uhr
Detlef Kinsler
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