Frankfurt hat ihn nicht vergessen. Auch wenn Tony Carey auf den Bühnen der Stadt lange eher durch Abwesenheit glänzte. Mitte März kam er für ein Solokonzert ins Bett, am Freitag tritt er noch mal dort auf.
Detlef Kinsler /
Manchmal reicht eine kurze Phase in der Karriere eines Musiker, um sein Image in den Medien zu prägen. Bei Tony Carey sind es die Jahre in der Band des Deep Purple-Mitbegründers Ritchie Blackmore, Rainbow. Die machte ihn in der Wahrnehmung vieler zum Hard Rocker. „Der Mann kommt aber nicht vom Hard Rock, der Mann kommt von den Mamas & Papas“, korrigiert Carey im Interview nach einem Foto-Shooting auf dem Hauptfriedhof das Bild. „Ich war ein Hippie in California 1967, habe da meine erste Band gehabt mit 11 und bin dann später aus Versehen reingerutscht in den Hard Rock“, erzählt der Mann mit den unverkennbar indianischen Zügen und Wurzeln in einem der zahlreichen Stämme der Algonquin im Staat New York. „Blackmore hat einen Keyboard-Player gesucht, hatte verschiedene ausprobiert und ist auf mich gestoßen. Da war ich 19 und in Hollywood, hatte einen Plattendeal, aber die Produktion ist nie fertig geworden. Ich habe keinen Ausweg gesucht, aber einer hat mich gefunden. Das war Ritchie.“
Immerhin: die Tourneen rund um den Globus und sein unverkennbarer Hammond Orgel-Sound machten auf den jungen US-Amerikaner aufmerksam. So wurde er auch zu einer Produktion ins gerade angesagt Musicland Studio in München eingeladen und gleich weiter nach Frankfurt vermittelt. Im Hotline Studio in der Nordendstraße traf er auf eine Enklave österreichischer Musiker und auf Produzent Peter Hauke. Der ließ ihn die ganze Nacht Klavier spielen und Demos aufnehmen. „Nach der Phase meiner Weltberühmtheit mit Rainbow konnte ich endlich anfangen meinen Job zu lernen“, kokettiert Carey mit seinem damaligen Status im Sommer 1978. „Ich wollte Songs schreiben, singen lernen und interessierte mich auch für die Studioarbeit.“ Anfangs lebte er quasi im Studio, später dann zwischen Ostend und Nordmal, mal in der Grüne Straße, mal im Baumweg. Der Zoo faszinierte ihn, der Sandweg allein war für ihn Indiz für eine lebendige, eine Multikulti-Stadt. Apfelwein und Handkäs bei der Schönen Müllerin, Thai Food im Bangkok um die Ecke. Nachts lockten die Clubs wenn mal keine Sessions oder Konzerte anstanden.
Große Labels meldeten sich beim Sänger und Multiinstrumentalisten, für Geffen, die gleich mit Veröffentlichungen von John Lennon & Yoko Ono, Neil Young und Joni Mitchell punkteten, realisierte er 1983 sein Planet P Project, ging mit Progressive Rock-Konzeptalben erfolgreich in Konkurrenz mit Pink Floyd und schuf Genre-Klassiker. „Ich war seit sieben Jahren in Deutschland, hatte sieben Singles in den amerikanischen Charts, zwei Top 30’s-Hits, war zwei Mal Nr. 1 in den Rockcharts, hatte aber nie einen Pfennig gesehen“, erinnert sich Carey. Kein Blick zurück im Zorn, nur der Hinweis auf falsches Management und viele zähe Prozesse. „Ich war fix und foxi und hatte kein Geld.“ Doch die Rettung nahte und hatte einen prominenten Namen: Peter Maffay. „Junge, komm’ nach Bayern“, lautete das klare Angebot. „Peter war meine Rettung“, sagt der Umworbene ohne Umschweife. Am Starnberger See arbeitete er nicht nur an den „Tabaluga“-Platten mit, sondern auch am Maffay-Album „Sonne in der Nacht“. „Ich habe auch mehrere Tournee mit Peter gespielt bis meine schlechten Gewohnheiten mich zum Aussteigen zwangen.“ Das war 1988. Weitere Soloplatten folgten, als Produzent betreute er Aufnahmen von solch unterschiedlichen Künstlern wie John Mayall, Milva, Chris Norman und Joe Cocker. Durch die Kultkrimi-Serie „Tatort“ (zudem eine Schimanski-Folge, „Katjas Schweigen“, mit Götz George), den Hamburg-Thriller „Der Joker“ (Maffay als Kommissar!) mit Musik von Careys Album „Bedtime Stories“) und den ARD-Dreiteiler „Wilder Westen Inklusive“ (Regie: Dieter Wedel) kam Careys Musik in alle Wohnzimmer der Republik. Die Folge: „Room With A View“ avancierte zu Tonys bekanntesten Song.
Nach einer längeren Mallorca-Phase und der Rückkehr nach Bayern war er zuletzt stark in Schweden und Norwegen präsent. Songs auf seinem Album „Steeltown“ von 2013 widmete er Themen wie der deutschen Invasion in Norwegen, dem Wrackfriedhof von Narvik und – aktueller – Anders Breiviks Amoklauf in „On The Side Of The Angels“. Nach überstandenen Krebserkrankungen hat Carey vor einem halben Jahr einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Mit neuer Partnerin, in Wiesbaden. Und nach langer Abstinenz gibt es auch ein Konzert in Frankfurt, solo mit Gitarre, Piano, Mundharmonika und Gesang, ganz pur. Aus einem Repertoire von 1.200 kann er auswählen, präsentiert sich als Singer/Songwriter. „Aber ich bin nicht schüchtern“, lacht er, versteht sich vor allem als Entertainer. Einige Titel sind Pflicht. „Bekannt aus Funk und Fernsehen“ scherzt er. „Die bringe ich gerne, aber auch eine Menge Blues und Boogie, Klassiker wie ,Sweet Home Chicago’.“ Endlich bekennt er: „Ich muss sagen: meine Stärke sind die Balladen.“ Auch wenn Deep Purple noch immer seine Lieblingsrockband ist, James Taylor dient ihm da aktuell eher als Rôle Model. Detlef Kinsler
>> Tony Carey, Ffm., Das Bett, 19.9., 20 Uhr, Eintritt VVK 16,–/AK 20,–