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Wolf Haas liest aus „Junger Mann“
„Ich war a dicker Bua“
Wolf Haas hat im Schauspiel Frankfurt vor fast vollen Rängen aus seinem neusten Roman „Junger Mann“ gelesen. Er hat einen anderen Tonfall als seine Brenner-Romane, aber an Komik mangelt es auch diesem Buch nicht.
Eine „ganz normale Geschichte“ hat Wolf Haas schreiben wollen, sagt er über seinen neusten Roman „Junger Mann“. Eine, in der nur sympathische Leute vorkommen. Damit meint er sich selbst gleich mit, denn die Hauptfigur des Entwicklungsromans ist sein jüngeres Ich. Und ja, das ist ihm gelungen. Diese Woche hat der österreichische Autor im Schauspiel Frankfurt aus dem Buch gelesen, und als Zuhörer war man erst einmal überrascht, dass in diesem Haas-Werk so wenig los ist.
Weil bekannt ist der Haas ja für seine temporeichen Krimis um den Privatdetektiv Simon Brenner, und viele Leute im fast ausverkauften Schauspielhaus waren wohl deswegen hier. Die Brenner-Bücher beginnen jeweils mit dem einen Satz: „Jetzt ist schon wieder was passiert.“ Im Leben des jungen Mannes aber geschieht erst einmal wenig Außergewöhnliches. Für den „Jungen Mann“, erzählt Haas auf der Bühne scherzend, habe er vier Jahre lang nach einem ersten Satz gesucht, weil das Buch diesmal „einfach irgendwie“ anfangen sollte. Das tut es in den 1970er-Jahren, der Vater ist Alkoholiker, die Mutter unzufrieden, und der 13-jährige Protagonist ist 93 Kilo schwer. In den Ferien jobbt er an der Tankstelle. Füllt dem ehrfurchtgebietenden Lastwagenfahrer Tscho den Tank. Und dann erblickt er dessen Frau Elsa, um die zwanzig, und verliebt sich augenblicklich in sie. Ihm ist klar: Jetzt muss er abnehmen. Mit der Diät „Schlank mit Wir“ wird er es schaffen, in diesem Sommer 15 Kilo zu verlieren.
Ein Roadtrip – und dann ist alles anders
Es ist ein anderer Haas-Sound als jener, den man aus den Brenner-Romanen kennt. Haas sagt selbst, dass es ungleich schwieriger sei, eine Geschichte mit sympathischen Charakteren zu schreiben als eine „voller Psychopathen“. Weil sympathische Leute auf den ersten Blick halt weniger spannend sind. „Junger Mann“ ist vielleicht deshalb langsamer und feiner, trotz der Komik, die so typisch ist für Haas´ Stil. Sein humoristisches Talent erkennt man oft am besten, wenn er seine Geschichten selbst liest. Auf der Bühne wirkt das fast schon wie Comedy. Besonders an der österreichischen Umgangssprache, in der sich die Charaktere zumeist unterhalten, scheint das Publikum seine Freude zu haben. Wiederholtes Kichern im Saal lässt das zumindest vermuten.
„Ich war a dicker Bua“, sagt Haas von sich selbst. Dieser Bub denkt sich die Welt in Floskeln, die er von Erwachsenen aufgeschnappt hat. Kein Wunder in der kleinbürgerlichen Provinz, aus der er stammt. Seiner unerreichbaren Liebe Elsa hofft er näherzukommen, indem er ihr Englisch beibringt – irgendwann wird er sie schon für sich gewinnen, glaubt er. Da nimmt ihn Elsas Mann Tscho ganz unerwartet mit auf einen Roadtrip nach Griechenland. Und danach ist irgendwie alles anders. Die überflüssigen Kilos sind nun weg, aber Elsa ist gar nicht mehr so wichtig. Eines weiß er: „Rückwärts durch die Knie betrachtet war die Welt immer am interessantesten.“ Für solche Sätze muss man Haas einfach lieben.
Weil bekannt ist der Haas ja für seine temporeichen Krimis um den Privatdetektiv Simon Brenner, und viele Leute im fast ausverkauften Schauspielhaus waren wohl deswegen hier. Die Brenner-Bücher beginnen jeweils mit dem einen Satz: „Jetzt ist schon wieder was passiert.“ Im Leben des jungen Mannes aber geschieht erst einmal wenig Außergewöhnliches. Für den „Jungen Mann“, erzählt Haas auf der Bühne scherzend, habe er vier Jahre lang nach einem ersten Satz gesucht, weil das Buch diesmal „einfach irgendwie“ anfangen sollte. Das tut es in den 1970er-Jahren, der Vater ist Alkoholiker, die Mutter unzufrieden, und der 13-jährige Protagonist ist 93 Kilo schwer. In den Ferien jobbt er an der Tankstelle. Füllt dem ehrfurchtgebietenden Lastwagenfahrer Tscho den Tank. Und dann erblickt er dessen Frau Elsa, um die zwanzig, und verliebt sich augenblicklich in sie. Ihm ist klar: Jetzt muss er abnehmen. Mit der Diät „Schlank mit Wir“ wird er es schaffen, in diesem Sommer 15 Kilo zu verlieren.
Ein Roadtrip – und dann ist alles anders
Es ist ein anderer Haas-Sound als jener, den man aus den Brenner-Romanen kennt. Haas sagt selbst, dass es ungleich schwieriger sei, eine Geschichte mit sympathischen Charakteren zu schreiben als eine „voller Psychopathen“. Weil sympathische Leute auf den ersten Blick halt weniger spannend sind. „Junger Mann“ ist vielleicht deshalb langsamer und feiner, trotz der Komik, die so typisch ist für Haas´ Stil. Sein humoristisches Talent erkennt man oft am besten, wenn er seine Geschichten selbst liest. Auf der Bühne wirkt das fast schon wie Comedy. Besonders an der österreichischen Umgangssprache, in der sich die Charaktere zumeist unterhalten, scheint das Publikum seine Freude zu haben. Wiederholtes Kichern im Saal lässt das zumindest vermuten.
„Ich war a dicker Bua“, sagt Haas von sich selbst. Dieser Bub denkt sich die Welt in Floskeln, die er von Erwachsenen aufgeschnappt hat. Kein Wunder in der kleinbürgerlichen Provinz, aus der er stammt. Seiner unerreichbaren Liebe Elsa hofft er näherzukommen, indem er ihr Englisch beibringt – irgendwann wird er sie schon für sich gewinnen, glaubt er. Da nimmt ihn Elsas Mann Tscho ganz unerwartet mit auf einen Roadtrip nach Griechenland. Und danach ist irgendwie alles anders. Die überflüssigen Kilos sind nun weg, aber Elsa ist gar nicht mehr so wichtig. Eines weiß er: „Rückwärts durch die Knie betrachtet war die Welt immer am interessantesten.“ Für solche Sätze muss man Haas einfach lieben.
8. Februar 2019, 12.12 Uhr
Isabel Hempen
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