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Suns’s Sons Album-Releasekonzert

„An Odyssey“ als Selbstfindungsreise

Zwei EPs hat Frankfurts Alternative Pop-Band Sun’s Sons veröffentlcht, jetzt feiert sie die Veröffentlichung des Debütalbums „An Odyssey“ am 10.11. im Netzwerk Seilerei. Das JOURNAL sprach mit Sänger und Gitarrist Lasse Kuhl.
JOURNAL FRANKFURT: Euer Album mit einem vermeintlich idyllischen Cover mit euch im Boot vor einer Bergkulisse hat einen Titel, der viele Assoziationen zulässt. Ganz sicher war der Weg zum fertigen Album „An Odyssey". Vielleicht könnte ihr mal skizzieren, wie es zu dem Album kam, was dafür alles zu bewältigen war?
Lasse Kuhl: Die größte Herausforderung war es vermutlich, etwas zu veröffentlichen, das wir nicht nur „Debütalbum“ nennen, sondern etwas, das sich für uns auch wirklich danach anfühlt – ein Projekt, hinter dem wir voll und ganz stehen. Es war uns wichtig, dass das Album zeigt, wer wir als Band sind, dass wir uns selbst repräsentiert fühlen. Ein halbes Jahr lang haben wir einige Dutzend Songs geschrieben, um dann in langen Diskussionen gemeinsam zu entscheiden, welche sich zu einem runden Album kombinieren lassen. Dabei wurde relativ schnell klar, dass das nicht nur eine musikalische Selbstfindungsreise ist, sondern dass sich auch das Motiv der Odyssee inhaltlich durch einen Großteil der Lieder zieht.

Wir Bildungsbürger haben natürlich gleich Homer im Sinn. Die Odyssee als Abenteuer, aber eben auch als lange Irrfahrt. Ist das ein Bild, das ihr auch heraufbeschwören wollt?
Auf jeden Fall! Um Odysseus persönlich geht es natürlich nicht (lacht), aber wenn man darauf achtet, findet man an vielen Stellen im Album Anspielungen auf eine Reise. Das alles ästhetisieren wir in unseren Songs, aber gleichzeitig spürt man zwischen den Zeilen auch immer die Orientierungslosigkeit. Wir spielen gerne mit großen abstrakten Bildern, die dann aber auch immer wieder von ganz intimen Gefühlen oder Referenzen aus dem Alltag gebrochen werden.

„Die Suche nach einem Ort, der sich wie ein Zuhause anfühlt, ist auch ein großer Teil der Odyssee“

Ich habe dabei auch das von euch formulierte Schwanken zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit im Blick ...
Ja, das begleitet uns irgendwie schon seit der allerersten Veröffentlichung. Dieses Schwanken beschäftigt mich auch einfach in meinem persönlichen Leben sehr viel und wir als Band finden es extrem spannend, dieser Gratwanderung mit der Musik einen Ausdruck zu geben.

Ganz sicher wollte ihr euch nicht zum Sprachrohr einer ganzen Generation machen, dennoch wollt ihr jungen Menschen aus der Seele sprechen. Was sind die Themen, die den Boden unter den Füßen wegziehen?
In unseren Texten sind das oft komplizierte zwischenmenschliche Beziehungen, aber regelmäßig auch gesellschaftliche und politische Themen wie Identität, Krieg, Zukunftsängste oder ganz konkret: Seenotrettung. Im Songwriting-Prozess unserer letzten EP gab es einen Moment, in dem wir gesagt haben „Wir schreiben schon immer Musik über Dinge, die uns beschäftigen. Wenn uns jetzt gerade die Flüchtlings- und Klimapolitik mehr frustriert als die übliche Einsamkeit oder irgendwelche Liebesdramen, sollten wir auch genau darüber einen Song schreiben!“

Ein wichtiger Aspekt ist der, sich aneinander festhalten zu können. Ist eure Musik also auch ein Aufruf zu Solidarität, einen Miteinander?

Definitiv. Im Prinzip ist das der Grund, warum wir überhaupt Musik machen. Es gibt nichts Schöneres, als sich allein mit einem Gefühl zu fühlen, dann einen Song drüber zu schreiben und einige Monate später bekommt man Nachrichten von Menschen, die sagen, dass das Lied ihnen gerade durch eine schwierige Zeit hilft. Oder wenn bei einem Konzert von uns alle mitsingen! Das sind die Momente, für die es sich lohnt, weiterzumachen.

„Die Frage, ob das selbstbestimmte Leben tatsächlich so utopisch ist, wird in unserem Album beantwortet“


Zurück zum Bild der Odyssee. Da geht es letztlich auch um eine Heimkehr. Da habe ich die Zeile Can this house become a home? Es geht also um eine Zuhause finden, im konkreten wie übertragenen Sinne?
Ja, die Suche nach einem Ort, der sich wie ein Zuhause anfühlt, ist auch ein großer Teil der Odyssee. In dem Song, den du zitierst, bezieht sich diese Frage auf eine Beziehung, aber an vielen anderen Stellen geht es auch darum, eine Umgebung zu finden, in der man sich wirklich wohlfühlt. Denn so eine Umgebung braucht man, um sich frei zu entfalten. Egal, wie schön eine Selbstfindungsreise auch sein kann, das Verlangen danach, anzukommen, gehört immer dazu.




© Stella Musshafen und Mika Frommherz

Ein kurzer Rückgriff auf die Single/das Video von „Striped Shirts“ und der Warnung Sensitive content (Violence, Blood). Zwei Menschen in Zwangsjacken, die sich Angriffen ausgesetzt sehen, denen es dann aber dank Hilfe gelingt, sich aus der Situation zu befreien. Es geht also um Ausbruch, Flucht, Befreiung und Freiheit. Raus aus den Fesseln unserer Gesellschaft zu einem gänzlich selbst bestimmten Leben als Utopie?
Ach, es ist so schön, sich mit Menschen zu unterhalten, die sich wirklich mit der eigenen Diskografie auseinandergesetzt haben. Ich weiß das sehr zu schätzen. Du hast total Recht! „Striped Shirts“ war ja auf unserer letzten EP, die inhaltlich genau da aufhört, wo unser Debütalbum jetzt ansetzt. Es geht um den Wunsch nach einem Neustart, nach einem Ausbruch aus einem überholten System. Die Welt nach der Befreiung wird in dem Video tatsächlich sehr euphemistisch dargestellt. Die Frage, ob das selbstbestimmte Leben tatsächlich so utopisch ist, wird dann in unserem Album beantwortet.

„Die zerbrechlichen Singer-Songwriter-Einflüsse sind weiterhin ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Musik“

Hoffnung und Hoffnungslosigkeit kann man vielleicht auch als Melancholie und Euphorie übersetzen. Findet das Ausdruck in dem von euch thematisierten Spagat zwischen intimen Balladen und tanzbarem Indie-Pop?
Absolut. Unsere Songs sind inhaltlich alle ziemlich melancholisch. Richtige Euphorie blitzt in den Texten nur selten durch. Trotzdem ist sie ein wichtiger Bestandteil unserer Musik. Es ist uns sehr wichtig, die Balance zwischen sanften und energiegeladenen Songs beizubehalten. So gibt es sowohl auf dem Album als auch bei unseren Live-Shows Momente, in denen man ein Kloß im Hals hat und andere, in denen man die Texte laut mitsingen und tanzen möchte. Wir wollen mit unserer Musik Menschen bewegen. Und das machen wir manchmal emotional und manchmal körperlich – meistens aber beides gleichzeitig!

Wie hat sich euer Sound entwickelt? Wenn ich mich an das erste Mal, als ich Dich beim ersten „Riviera"-Festival sah, erinnere, war da ganz klar Singer/Songwriter-Musik, die mitunter auch fragil klang...
Das ist richtig, wir haben uns soundlich seitdem auf jeden Fall verändert. Genauso wie man aber 2019 schon vereinzelt die Indie-Pop-Einflüsse rausgehört hat, sind heute die zerbrechlichen Singer-Songwriter-Einflüsse weiterhin ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Musik.

Im einem FAZ-Artikel wurde schon beschworen, dass bei euch auch oft Pathos mit im Spiel ist. Ein Begriff, der nicht positiv konnotiert ist. Aber bei euch ist er mit echter Empathie verbunden. Wenn man dann die Stimme hört, wird klar: Ihr habt auch keine Angst vor Nähe, emotionaler Ansprache...
Wir haben diese Beschreibung damals tatsächlich ausschließlich als Kompliment wahrgenommen (haha). Es macht uns einfach großen Spaß, uns in Gefühle reinzusteigern und wir stehen dazu, dass das Ergebnis auch manchmal etwas kitschig ist – dafür aber eben authentisch. In meinen Ohren sind die Worte „Pathos“ und „Kitsch“ nicht unbedingt abwertend. Gerade bei intimen Vocal-Aufnahmen ist es meiner Meinung nach so, dass sie besonders gut sind, wenn sie einem auch ein bisschen Unbehagen bereiten. Das zeigt, dass die Gefühle wirklich echt sind.

„Mit Nina Caroline haben wir eine fantastische Musikerin aus Frankfurt als Supportact dabei“

Das Album wirkt für mich wie eine Inszenierung. Mir fällt ein Begriff wie Rhapsodie ein, was ja lose miteinander verbundene Stücke meint, die im Ganzen wirken. Nicht nur die Interludes lassen mich daran denken.
Ja, das war tatsächlich ein ausgesprochenes Ziel beim Schreiben des Albums. Es war uns sehr wichtig, dass die Songs alleinstehend funktionieren und gleichzeitig als Gesamtwerk wahrgenommen werden können. Dadurch ist das Album sehr dynamisch geworden, die Lieder klingen soundlich sehr unterschiedlich. Und trotzdem finde ich, dass die inhaltlichen Zusammenhänge, die Interludes, sowie der Intro- und Outro-Song das Album ziemlich homogen machen.

Ein Wort zu den Arrangements. Wie kam es zu den Instrumentierungen, ja Orchestrierungen? Wie wichtig war euch das, um euch musikalisch auszudrücken?
Das war uns extrem wichtig! Wir sind alle riesige Fans von Orchester-Instrumenten. Sie bringen eine Epik in die Songs, die wir mit Rock-Band-Instrumenten einfach nicht erzeugen können. Deshalb arbeiten wir eigentlich schon seit der Bandgründung mit verschiedenen Gast-Musiker*innen zusammen, mit denen wir unsere komplexeren Arrangement-Visionen umsetzen können.

Beim Releasekonzert werden ja Gäste dabei sein. Von Streichern und Bläsern ist die Rede. Was dürfen die Besucher erwarten?
Das wird eine einzigartige Show sein. Das soll überhaupt nicht überheblich klingen, aber wir sind einfach als Independent-Band (noch) nicht in der Lage dazu, bei jedem Konzert so viele Special Guests mitzubringen. Deswegen wird das etwas ganz Besonderes sein, unsere Songs mit Streich-Instrumenten und weiteren geheimen Gästen zu spielen. Außerdem haben wir Nina Caroline eine fantastische Musikerin aus Frankfurt als Supportact dabei und es wird eine offene Aftershowparty geben, auf der ADHDIVA auflegt. Wir wollen mit diesem Abend einfach feiern, dass jetzt endlich unser Album da ist, weil wir schon so lange auf diesen Moment gewartet haben.

Ich traue mich fast gar nicht zu fragen: Wie kam es denn zum Bandnamen? Habt ihr da bei einem Brainstorming zusammengesessen? Wenn man den Begriff googelt, wird auf eine dreiteilige Dokumentationsreihe über den Aufstieg und Fall der altamerikanischen Imperien Maya, Inka und Azteken verwiesen. Aber das führt sicherlich zu weit ...
Miit altamerikanischen Imperien hatte das nichts zu tun. (lacht) Es gab damals eine Liste mit möglichen Namen und dann hat sich mit der Zeit herauskristallisiert, dass wir uns mit Sun’s Sons am besten identifizieren können. Wir fanden auch ehrlich gesagt einfach das Wortspiel witzig (haha). Außerdem ist es bei unseren pathetischen Liedern vielleicht ganz gut, zum Ausgleich einen Namen zu haben, der ganz unbeschwert klingt.

Info
Sun’s Sons, Ffm, Netzwerk Seilerei, Offenbacher Landstraße 190, 10.11., 20 Uhr, Eintritt: 22 €
 
Fotogalerie:
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2. November 2023, 11.39 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
 
 
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