Ab September sollen sich die Räume des Schauspiel Frankfurt voraussichtlich wieder füllen; rund 90 Plätze können nach aktueller Verordnung dann im Schauspielhaus besetzt werden. In der neuen Spielzeit setzt sich das Haus mit den Themen Rassismus und Antisemitismus auseinander.
Elena Zompi /
Seit dem 12. März ist es ungewohnt still und leer im Schauspielhaus Frankfurt. Denn seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie musste das Haus, wie so viele andere Kulturstätten, seine Türen schließen. Am Donnerstag füllte sich nun der große Saal zum ersten Mal mit hausfremdem Publikum. Denn Intendant Anselm Weber, Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) sowie die Dramaturginnen und Dramaturgen des Hauses stellten die kommende Spielzeit vor. Ursprünglich sollte es eine der letzten Spielzeiten unter der Leitung von Anselm Weber sein, sein Vertrag lief bis 2022. Wie Kulturdezernentin Hartwig bekannt gab, wird dieser um fünf Jahre verlängert. Ihm sei es gelungen, die Qualität des Hauses nicht nur zu halten, sondern mit dem richtigen Gespür für die Themen der Zeit noch zu steigern, erklärte Hartwig.
Im Zentrum der Spielzeit 2020/2021 wird die Auseinandersetzung mit den Themen Antisemitismus und Rassismus stehen. Dafür wurde im April 2019 ein Beirat von Expertinnen und Experten gegründet, der bei Artikulation, Auswahl und Strukturierung der Spielzeitelemente mitgewirkt hat. Zum Beirat gehören Vertreterinnen und Vertreter der Bildungsstätte Anne Frank, des Jüdischen Museums, des Fritz Bauer Instituts und der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Die Idee für diesen Schwerpunk stand bereits im Februar 2019. „Die Anschläge von Halle und Hanau lagen zu diesem Zeitpunkt noch in der Zukunft“, sagte Marc Grünbaum, Mitglied des Vorstandes der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.
Eröffnet wird die Spielzeit mit William Shakespeares „Wie es euch gefällt“ (Regie: David Bösch) am 11. September. Ursprünglich war das Stück für die vergangene Saison geplant und musste coronabedingt um eine Spielzeit geschoben werden. Gleiches gilt für „Inferno“ (27. Juni 2021), eine Kooperation mit der Oper Frankfurt, und weitere Teile der Reihe „Stimmen einer Stadt“.
Etwa die Hälfte der Neuproduktionen wird sich in der kommenden Spielzeit auf das Spielzeitthema beziehen. Den Anfang dieser Stücke macht Klaus Manns „Mephisto“, inszeniert von Claudia Bauer, am 3. Oktober. Regisseur David Bösch inszeniert „Andorra“, Max Frischs berühmte Parabel vom Judenhass als Alltäglichkeit (9. Oktober). Nach dem erfolgreichen Stück „Siddharta“ zeigt Lisa Nielebock Goethes „Die Wahlverwandtschaften“ (7. November).
Direkten Bezug auf Frankfurt nimmt Nuran David Calis Stück „NSU 2.0“, bei dem es um die Drohschreiben an die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız geht. Başay-Yıldız erhielt am 2. August 2018 eine Morddrohung mit der Unterschrift „NSU 2.0“, im Laufe des Jahres folgten weitere Nachrichten dieser Art. Im Dezember 2018 wurde dann bekannt, dass fünf Beamte des 1. Polizeireviers in Frankfurt fremdenfeindliche und rechtsextremistische Nachrichten ausgetauscht hatten. Die gleichen Beamten sollen möglicherweise auch für ein Drohschreiben verantwortlich sein.
Nach derzeitiger Corona-Verordnung muss der Abstand zwischen zwei Personen 1,5 Meter von Ellbogen zu Ellbogen betragen. Hartwig erklärte, sie wünsche sich, dass künftig der Abstand von Gesichtsmitte zu Gesichtsmitte („Achsenlösung“ wie Hartwig es nennt) berechnet wird, dies würde mehr Sitzplätze ermöglichen. Derzeit können 88 Plätze im Schauspielhaus und 22 in den Kammerspielen belegt werden. „Wir werden sehen, was nach dem Sommer möglich ist“, sagte Intendant Weber.