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Schauspielintendant Oliver Reese:

"Michael Quast macht Volkstheater von einmaliger Qualität"

Im Interview äußert sich Schauspiel-Intendant Oliver Reese über die Sparbeschlüsse von Schwarz-Grün, seinen davon betroffenen Kollegen Michael Quast und eine Matinée zugunsten eines Frankfurter Volkstheaters.
Journal Frankfurt: Am kommenden Sonntag plant das Schauspiel eine Matinée zur Zukunft der Fliegenden Volksbühne von Michael Quast. Wie ist es dazu gekommen?
Oliver Reese: Das war ein spontaner Entschluss. Als ich davon hörte, dass Michael Quast sein Theater nicht bekommen soll, rief ich ihn an und meinte: Wir stehen an Deiner Seite, was können wir tun? Er wird am Sonntag viele Gäste einladen, es wird ein Plädoyer für die Volksbühne im Paradieshof werden.

Braucht es eine solche Bühne denn?
Das, was Michael Quast macht, ist ein Volkstheater von einmaliger Qualität. Mit einem festen Standort könnte es eine nationale Bedeutung bekommen. Auch vor dem Hintergrund, dass solche Bühnen in anderen Städten aussterben. In München heißt es zwar noch Volksbühne, doch dort wird dann Richard III. gespielt. Mit einem Mundart-Theater hat das nicht mehr viel zu tun. Hier in Frankfurt haben wir zwei Glücksfälle. Zum einen einen reichen Schatz an mundartlichem Theater. Zum anderen ein wandelndes Sprachmuseum wie Quast, der diesen Schatz nicht nur hebt, sondern ihn neu interpretiert und poliert, der einen leider fast Vergessenen wie Friedrich Stoltze wieder ins Gespräch bringt. Außerdem hat er das Potential zum Prinzipal, er ist ein Volkstheater-Mensch mit Stadttheater-Weihen. Wo findet man das denn noch?

Könnten die städtischen Bühnen von ihrem Riesenetat nicht ein bisschen abgeben, um den Paradieshof nicht doch noch zu verwirklichen?
Von dieser Idee höre ich zum ersten Mal. Wovon ich gehört habe, ist der Vorschlag von Hilmar Hoffmann, dass das Volkstheater bei uns integriert werden könnte, zumindest übergangsweise. Dazu kann ich nur sagen: Frankfurt hat nicht zuviel Theater, es hat zuwenig. Wir spielen 700 Vorstellungen im Jahr bei einer Auslastung von 88 Prozent. Die Stücke, die die Fliegende Volksbühne aufführt, sind ebenfalls stets ausgebucht. Es ist nicht an der Zeit, das Theaterangebot durch Zusammenlegungen einzuschränken. Gleichwohl war mit das erste, was ich in Frankfurt tat, eine Zusammenarbeit mit Michael Quast zu suchen.

Der sollte damals noch das Volkstheater Liesel Christ übernehmen ...
Richtig und wir versprachen, ihm dabei zu helfen mit Kulissen oder anderen Kleinigkeiten. Als es dann leider nichts wurde mit der Übernahme, inszenierten wir Stücke wie den Messias zusammen, schufen die Reihe Fliegende Volksbühne beim Schauspiel Frankfurt.

Werden Sie Quast wieder verstärkt Asyl bieten, wenn es mit dem Paradieshof nichts wird?
Das ist die falsche Frage. Jetzt kommt es erstmal darauf an, gemeinsam für den Paradieshof zu kämpfen.

Verstehen Sie nicht, dass - wenn überall gespart werden muss - auch das Kulturressort betroffen ist?
Als ich vor sechs Jahren nach Frankfurt kam, war ich angetan von der Lebensqualität, die diese Stadt bietet. Das entsprach so gar nicht den Vorurteilen, die über Frankfurt in diesem Land herumwabern. Ich glaube, dass sich dieses Image Frankfurt auch bundesweit wandelt und dass die Kultur daran einen sehr hohen Anteil hat. Es war ein langer Weg vom Bau des Museumsufer in den 80er-Jahren angefangen, der sich gegenwärtig fortsetzt. Das hat auch mit klugen Personalentscheidungen zu tun, Max Hollein beim Städel, Stephan Pauly in der Alten Oper, Susanne Gaensheimer im MMK, Bernd Loebe an den Bühnen ...

Sie meinen, dass die hohe Qualität für bundesweite Aufmerksamkeit sorgt.
Sie sorgt auch für hohe Aufmerksamkeit, wenn hier gespart werden soll. Als die Stadt die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst nicht vollständig übernehmen wollte, kam vom Deutschen Bühnenverein Protest. Wir zahlen hier 30 Prozent Eigenanteil, in den anderen deutschen Städten wurde die Erhöhung wie selbstverständlich übernommen. Und wie ich schon sagte: es gibt noch Luft nach oben, die Bühnen sind ausgelastet, Kultur zieht ganze Massen von Touristen an und die behalten die Stadt in äußerst positiver Erinnerung. Da sollte man das Angebot nicht auf Provinzniveau sparen.

Hegen Sie noch Hoffnung fürs Volkstheater in Sachsenhausen?
Die Hoffnung stirbt zuletzt.

>> Die Gall lääft über! Frankfurt braucht ein Volkstheater
Das Schauspiel Frankfurt öffnet am Sonntag, 10. März 2013, um 11 Uhr seine Bühne für eine Sonder-Matinée für die »Fliegende Volksbühne«. Anlass sind die aktuellen Vorschläge der Sparkommission des Frankfurter Magistrats, die u.a. vorsehen, den lange geplanten Neubau für das Volkstheater zu streichen. Im Paradieshof in Frankfurt-Sachsenhausen sollte der Frankfurter Theatermacher und Mundart-Künstler Michael Quast mit seiner »Fliegenden Volksbühne« eine feste Spielstätte finden.

Michael Quast, Kulturdezernent Felix Semmelroth, Schauspiel-Intendant Oliver Reese und verschiedene Frankfurter Kultur- und Theaterschaffende möchten nun im Rahmen einer Matinee die Bedeutung der Mundarttradition für Frankfurt und die besondere künstlerische Arbeit der »Fliegenden Volksbühne« hervorheben und damit der gemeinsamen Forderung nach einer festen Spielstätte für die »Fliegende Volksbühne« Ausdruck verleihen.

Auf der Bühne des Schauspielhauses werden künstlerische und musikalische Beiträge der »Fliegenden Volksbühne« und von Ensemblemitgliedern des Schauspiel Frankfurt zu sehen sein.

Der Eintritt ist frei!
 
Fotogalerie:
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8. März 2013, 12.12 Uhr
Interview: Nils Bremer
 
 
 
 
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Text: Florian Aupor / Foto: Über den Holbeinsteg zum Museumsufer © Adobe Stock/Branko Srot
 
 
 
 
 
 
 
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