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Robert Gernhardt zum Geburtstag
Der ernste Spaßmacher
Am 13.12. wäre Robert Gernhardt 75 Jahre alt geworden. Hier erinnert sich Literaturkritiker, Nachbar und Freund Martin Lüdke an den Star der Neuen Frankfurter Schule.
Ich stand noch an der Gartentür. Auf der anderen Straßenseite kam Robert Gernhardt aus dem Haus. Er – und sein Hund Bella. Gernhardt wandte sich nach rechts, Richtung Eschersheimer Landstraße. Bella, angeleint, sprang nach links. Es kam zu dem – straßenweit – bekannten Ruck. Ich lachte. Gernhardt blickte auf, sah mich und winkte mich nur mit dem Zeigefinger seiner freien linken Hand zu sich auf die andere Straßenseite. „Lach nur“, sagte er. „Es wäre schön, wenn du dich um deinen Kram besser kümmern würdest!“ „Wie? Was?“ „Du hast gestern“ – ich glaube, es war in einer Rezension in der ZEIT – „geschrieben: ‚Wie der Volksmund weiß: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.‘“ „Und?“, fragte ich. „Dieser Volksmund stammt von uns“, sagte er. (Ob er sich, seine Gruppe meinte, blieb unklar.) „Hm“, dachte ich, zunächst folgenlos, bis mir im Laufe der Jahre aufging, was da wirklich passiert war.
Was kann ein Dichter mehr wollen? Heinrich Heine, der übrigens am gleichen 13. Dezember Geburtstag hat wie Gernhardt, wäre sicher stolz darauf gewesen, dass seine „Loreley“ von den Nazis zum Volkslied geadelt wurde. Gernhardt war stolz darauf, dass seine Verse sich von ihm ablösten und in den allgemeinen Sprachgebrauch übergingen, auch wenn er, siehe oben, in Sachen Urheberschaft gern hart blieb.
Das heißt: Robert Gernhardt hat es geschafft. Er ist tatsächlich im Dichterhimmel angekommen. Letztes Jahr war ich auf einem (runden) Geburtstag eines alten Kampfgenossen unseres früheren Außenministers. Es wurden Reden gehalten, witzig, dröge. Es wurden, erstaunlicherweise, auch Gedichte rezitiert. Sieben, acht Gäste, meinst einstige SDS-Größen, trugen sie vor – ausnahmslos allesamt Gernhardt-Gedichte. Leute, die in der alten Frankfurter Schule groß geworden waren, bekannten sich damit zur Neuen Frankfurter Schule. Mehr kann man als Dichter nun wirklich nicht erreichen. Zum Teil sind seine Verse Allgemeingut geworden. Zum Teil sind sie in das kollektive Gedächtnis eingegangen. Eines seiner letzten Gedichte, „Rückblick, Einsicht, Ausblick“, endet mit den Versen:
Verrückter Gedanke, das halten zu wollen,
Was nur Schein und dann weg ist:
Durch die Landschaft meiner Niederlagen
Geh ich wie in alten Tagen.
Im aktuellen Journal Frankfurt lesen Sie außerdem Beiträge von der Schriftstellerin Eva Demski, vom Literaturwissenschaftler Lutz Hagestedt, von der Lektorin im S. Fischer Verlag Juliane Beckmann, der Literaturbeauftragte der Stadt Frankfurt, Sonja Vandenrath.
>> Ein Abend für Robert Gernhardt
Mit Dietmar Bär, Andreas Platthaus, Dirk Schümer u.a., Literaturhaus, 13.12., 19.30 Uhr; ACHTUNG: Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft; Restkarten an der Abendkasse
Was kann ein Dichter mehr wollen? Heinrich Heine, der übrigens am gleichen 13. Dezember Geburtstag hat wie Gernhardt, wäre sicher stolz darauf gewesen, dass seine „Loreley“ von den Nazis zum Volkslied geadelt wurde. Gernhardt war stolz darauf, dass seine Verse sich von ihm ablösten und in den allgemeinen Sprachgebrauch übergingen, auch wenn er, siehe oben, in Sachen Urheberschaft gern hart blieb.
Das heißt: Robert Gernhardt hat es geschafft. Er ist tatsächlich im Dichterhimmel angekommen. Letztes Jahr war ich auf einem (runden) Geburtstag eines alten Kampfgenossen unseres früheren Außenministers. Es wurden Reden gehalten, witzig, dröge. Es wurden, erstaunlicherweise, auch Gedichte rezitiert. Sieben, acht Gäste, meinst einstige SDS-Größen, trugen sie vor – ausnahmslos allesamt Gernhardt-Gedichte. Leute, die in der alten Frankfurter Schule groß geworden waren, bekannten sich damit zur Neuen Frankfurter Schule. Mehr kann man als Dichter nun wirklich nicht erreichen. Zum Teil sind seine Verse Allgemeingut geworden. Zum Teil sind sie in das kollektive Gedächtnis eingegangen. Eines seiner letzten Gedichte, „Rückblick, Einsicht, Ausblick“, endet mit den Versen:
Verrückter Gedanke, das halten zu wollen,
Was nur Schein und dann weg ist:
Durch die Landschaft meiner Niederlagen
Geh ich wie in alten Tagen.
Im aktuellen Journal Frankfurt lesen Sie außerdem Beiträge von der Schriftstellerin Eva Demski, vom Literaturwissenschaftler Lutz Hagestedt, von der Lektorin im S. Fischer Verlag Juliane Beckmann, der Literaturbeauftragte der Stadt Frankfurt, Sonja Vandenrath.
>> Ein Abend für Robert Gernhardt
Mit Dietmar Bär, Andreas Platthaus, Dirk Schümer u.a., Literaturhaus, 13.12., 19.30 Uhr; ACHTUNG: Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft; Restkarten an der Abendkasse
13. Dezember 2012, 11.32 Uhr
Martin Lüdke
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