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Regiedebüt von Maryam Zaree: „Born in Evin“
Von Evin nach Frankfurt
Mit ihrem Regiedebüt „Born in Evin“ bricht Maryam Zaree das Schweigen über die Umstände ihrer Geburt. 1983 kam sie in dem für Folterungen von politischen Gefangenen berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran zur Welt – als Tochter der Politikerin Nargess Eskandari-Grünberg.
Wie ein Krimi erscheint einem die Geschichte von Maryam Zaree. Zu dramatisch, um wahr zu sein. Und doch erzählt „Born in Evin“ die wahre Geschichte der Tochter von Grünen-Politikerin Nargess Eskandari-Grünberg.
Erst als Erwachsene erfährt Maryam Zaree zufällig von ihrer Tante, dass sie im Gefängnis geboren wurde. Niemand hat in ihrer Familie über die Jahre, in denen ihre Eltern dort in Haft waren, geredet. Sie selbst hat keinerlei Erinnerung an die Zeit in Evin – das denkt sie lange. Bis während einer Reise durch Marokko Musik im Bus gespielt wird und Zaree sich plötzlich die Ohren zuhalten muss. Sie erleidet eine Panikattacke, kann nicht mehr richtig atmen und weiß nicht, wieso. In der Not bindet sie sich ein Handtuch um den Kopf, um die Klänge zu dämpfen. Ihr Vater erzählt ihr später, dass über die Lautsprecher im Gefängnis häufig Koran-Suren abgespielt wurden – Tag und Nacht, als Foltermethode. Denn das Evin ist jenes Gefängnis, in dem schon während der Schah-Zeit bis zu 1500 politische Gefangene einsaßen und in dem nach der islamischen Revolution bis zu 15000 Regimegegner inhaftiert waren. Von hier nahmen die Massenhinrichtungen politischer Gegner im Jahr 1988 ihren Ausgang. Hier folterten erst der SAVAK, die politische Polizei des Schah, und heute die Folterknechte der Islamischen Republik.
Jahre dauerte die Spurensuche der aus dem Tatort, 4 Blocks und Qurbani’s Shahada bekannten Schauspielerin Maryam Zaree nach diesem einschneidenden Erlebnis. Zaree spricht mit ihren Eltern, ihrer Tante, Freundinnen ihrer Mutter – und dokumentiert die Gespräche auf Film. Auf Deutsch, Englisch, Französisch, Persisch, doch die Antworten bleiben zunächst aus. Stattdessen oft Unverständnis: Warum in der Vergangenheit wühlen? Sie macht sich auf die Suche nach anderen Müttern und Kindern, denen ein gleiches oder ähnliches Schicksal widerfahren ist und trifft nur Wenige, die bereit sind, über die Vergangenheit zu reden. Zu schwer lastet das Trauma.
Als politische Oppositionelle des Iranischen Regimes, werden Zaree’s Eltern so wie viele tausende Iranerinnen und Iraner nach der Revolution 1979 verhaftet. Ihre Mutter Nargess Eskandari-Grünberg ist bei der Verhaftung bereits schwanger. Nach ihrer Entlassung aus der Haft flieht Eskandari mit ihrer zweijährigen Tochter nach Deutschland und kommt am 24. Dezember 1985 am Frankfurter Hauptbahnhof an. Sie lebt noch immer in Frankfurt, hat hier studiert, promoviert und führt eine Praxis als psychologische Psychotherapeutin. Sie heiratet den Psychoanalytiker Kurt Grünberg und geht in die Stadtpolitik, wird Stadtverordnete, 2008 Dezernentin für Integration und tritt schließlich für die Grünen 2018 zur OberbürgermeisterInnenwahl an. Während Mutter und Tochter bereits im Frankfurter Exil leben, bleibt Zarees Vater Kasra zunächst unter ständiger Androhung der Hinrichtung in Haft. Um Kontakt zu halten, senden Mutter und Tochter Video- und Audio-Botschaften aus Frankfurt.
Zaree war nie wieder im Iran. Zu gefährlich und ungewiss wäre die Einreise, denn die Opposition wird noch immer vom iranischen Regime verfolgt. Der Film, den Sie auf der Suche nach sich selbst und der Geschichte ihrer Familie macht, ist das Ende eines langen Befreiungsprozesses. Heute, vierzig Jahre nach der Iranischen Revolution, die zum Sturz des Schahs und der Errichtung der Islamischen Republik unter Ayatollah Khomeini führte, sind Zarees Erinnerungen, die ihrer Familie und die der anderen Protagonisten des Films ein Aufatmen und politische Emanzipation zugleich – für sie selbst, aber auch für Andere: Nach der Vorführung des Film während der Berlinale heben zwei Frauen im Publikum die Hände, eine Mutter und eine Tochter, und danken Zaree für den Mut, den Geistern von Evin mit Fragen und Antworten zu begegnen.
„Born in Evin“ läuft ab Oktober 2019 läuft in den deutschen Kinos. Anschauen! Tränen und Lachen garantiert.
Erst als Erwachsene erfährt Maryam Zaree zufällig von ihrer Tante, dass sie im Gefängnis geboren wurde. Niemand hat in ihrer Familie über die Jahre, in denen ihre Eltern dort in Haft waren, geredet. Sie selbst hat keinerlei Erinnerung an die Zeit in Evin – das denkt sie lange. Bis während einer Reise durch Marokko Musik im Bus gespielt wird und Zaree sich plötzlich die Ohren zuhalten muss. Sie erleidet eine Panikattacke, kann nicht mehr richtig atmen und weiß nicht, wieso. In der Not bindet sie sich ein Handtuch um den Kopf, um die Klänge zu dämpfen. Ihr Vater erzählt ihr später, dass über die Lautsprecher im Gefängnis häufig Koran-Suren abgespielt wurden – Tag und Nacht, als Foltermethode. Denn das Evin ist jenes Gefängnis, in dem schon während der Schah-Zeit bis zu 1500 politische Gefangene einsaßen und in dem nach der islamischen Revolution bis zu 15000 Regimegegner inhaftiert waren. Von hier nahmen die Massenhinrichtungen politischer Gegner im Jahr 1988 ihren Ausgang. Hier folterten erst der SAVAK, die politische Polizei des Schah, und heute die Folterknechte der Islamischen Republik.
Jahre dauerte die Spurensuche der aus dem Tatort, 4 Blocks und Qurbani’s Shahada bekannten Schauspielerin Maryam Zaree nach diesem einschneidenden Erlebnis. Zaree spricht mit ihren Eltern, ihrer Tante, Freundinnen ihrer Mutter – und dokumentiert die Gespräche auf Film. Auf Deutsch, Englisch, Französisch, Persisch, doch die Antworten bleiben zunächst aus. Stattdessen oft Unverständnis: Warum in der Vergangenheit wühlen? Sie macht sich auf die Suche nach anderen Müttern und Kindern, denen ein gleiches oder ähnliches Schicksal widerfahren ist und trifft nur Wenige, die bereit sind, über die Vergangenheit zu reden. Zu schwer lastet das Trauma.
Als politische Oppositionelle des Iranischen Regimes, werden Zaree’s Eltern so wie viele tausende Iranerinnen und Iraner nach der Revolution 1979 verhaftet. Ihre Mutter Nargess Eskandari-Grünberg ist bei der Verhaftung bereits schwanger. Nach ihrer Entlassung aus der Haft flieht Eskandari mit ihrer zweijährigen Tochter nach Deutschland und kommt am 24. Dezember 1985 am Frankfurter Hauptbahnhof an. Sie lebt noch immer in Frankfurt, hat hier studiert, promoviert und führt eine Praxis als psychologische Psychotherapeutin. Sie heiratet den Psychoanalytiker Kurt Grünberg und geht in die Stadtpolitik, wird Stadtverordnete, 2008 Dezernentin für Integration und tritt schließlich für die Grünen 2018 zur OberbürgermeisterInnenwahl an. Während Mutter und Tochter bereits im Frankfurter Exil leben, bleibt Zarees Vater Kasra zunächst unter ständiger Androhung der Hinrichtung in Haft. Um Kontakt zu halten, senden Mutter und Tochter Video- und Audio-Botschaften aus Frankfurt.
Zaree war nie wieder im Iran. Zu gefährlich und ungewiss wäre die Einreise, denn die Opposition wird noch immer vom iranischen Regime verfolgt. Der Film, den Sie auf der Suche nach sich selbst und der Geschichte ihrer Familie macht, ist das Ende eines langen Befreiungsprozesses. Heute, vierzig Jahre nach der Iranischen Revolution, die zum Sturz des Schahs und der Errichtung der Islamischen Republik unter Ayatollah Khomeini führte, sind Zarees Erinnerungen, die ihrer Familie und die der anderen Protagonisten des Films ein Aufatmen und politische Emanzipation zugleich – für sie selbst, aber auch für Andere: Nach der Vorführung des Film während der Berlinale heben zwei Frauen im Publikum die Hände, eine Mutter und eine Tochter, und danken Zaree für den Mut, den Geistern von Evin mit Fragen und Antworten zu begegnen.
„Born in Evin“ läuft ab Oktober 2019 läuft in den deutschen Kinos. Anschauen! Tränen und Lachen garantiert.
12. Februar 2019, 12.30 Uhr
Johanna Leblang
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