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Pommes bidde
Melina (vorne rechts) im Kreise ihrer Lieben
Heute ist mein letzter Tag beim Journal. Meine Kollegen haben die Idee: Melina, schreib mal einen Blog über dein Praktikum hier – zum Beispiel über verrückte Erlebnisse. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, sehe ich jedoch vor allem die Menschen, die mir hier begegnet sind. Das heißt dieser Blog wird weniger lustig, sondern vielmehr ein kleiner Abschied.
Da wäre zum Beispiel Chefredakteur Boris: Auf den ersten Eindruck angsteinflößend, aber eigentlich ein toller Chef. Er will einem wirklich etwas beibringen, dabei kann seine brutale Ehrlichkeit auch mal schockieren. Rechts neben mir Christine, überhaupt der erste Mensch, den ich hier kennenlernte: Wenn ich sie beschreibe, sage ich meistens, sie sei „zum Fressen“, ein Arbeitstier und lacht mindestens so gerne wie ich. Links neben mir mein, wie ich ihn zu nennen pflege, „kleiner – 1,93 Meter großer – Chef“ Nils. Ohne ihn wären viele Stunden langweilig gewesen. Nicht nur wegen seinem Humor, sondern auch wegen seiner ausdauernden Beschäftigungstherapie durch die ich viel gelernt – und viele Fehler gemacht habe. Hinter mir: Zum einen Giotto, Orgelspieler und Grzimeck-Fan. Genau wie ich (also Letzteres). Vor allem aber wahrscheinlich der liebenswürdigste Kerl von allen hier. Dann wäre da noch Nicole, die mich mit ihrem holländisch ganz schön beeindruckt hat. Ihre lässig-lustige Art was zu erzählen hat glaube ich schon vielen schlecht gelaunten Menschen ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert – mir auf jeden Fall. Ansgar: Eine schwirrende, lustige Persönlichkeit die immer eine Story auf Lager hat. Dann noch Detlef, der Musikspezialist. Und wenn ich sage, Spezialist, dann meine ich Spezialist. Wie oft haben wir gequatscht und er hat mit so vielen Musik-Fachausdrücken um sich geschmissen, dass ich mich schon schämen musste – ich habe keine Ahnung von Musik. Zumindest nicht neben diesem Mann, der mich übrigens auch sofort herzlich aufgenommen hat. Natürlich könnte ich noch ewig so weiter machen: da wären noch Christoph, Esther, Christian, Andreas, Hortense und viele mehr. Leider konnte ich sie fast alle nur mittwochs und donnerstags antreffen, den End-Produktionstagen.
An diesen Tagen wurde es plötzlich richtig voll in der Redaktion. Sobald Detlef kam, hieß das für mich: Such dir eine neue Brücke unter der du schlafen kannst. Denn mein Computer war eigentlich sein Computer. Zu Beginn stand ich dann planlos herum, bis Christine mir Alternativen anbot. Bald entwickelte ich aber ein Gefühl dafür, welcher Platz für die Praktikantin noch zu haben war. So musste ich noch an keinen Produktionstagen nach Hause gehen, weil Platzmangel herrschte.
Dann die Redaktionskonferenz, die in der Regel 20 Minuten später anfing als besprochen: Ungefähr 15 oder 20 Leute in einen Konferenzraum zu befördern, ist nicht einfach. Meist sprangen erst wirklich alle auf (auch ich), wenn Boris vor der Tür stand und rief: „ So! Auf gehts!“ - der Häuptling hat gesprochen.
Diese Konferenzen waren immer lustig: Entweder irgendjemand hat wegen irgendetwas „rumgemosert“ oder es wurde zum Beispiel über die angebliche Prominenz von Sonya Kraus diskutiert. In der Zwischenzeit packte unsere Shopping-Spezialistin Nicole dann meistens Hautcreme-Pröbchen aus, die merkwürdigerweise meistens Literaturchef Christoph zuerst ausprobierte. Dann die Heftkritik und ich muss sagen: Sie alle können viel kritisieren, aber die meisten von ihnen können auch einstecken. Die Zusammenarbeit hat mich wirklich positiv überrascht.
Jetzt mal abgesehen von den vielen interessanten Terminen die Nils mir anvertraute und dem zwischenzeitlichen Geschnatter über die Computer hinweg, waren die Mittagspausen auch eine lustige Zeit. Erstmal liefen alle hinunter und am Drehkreuz machte es Pieps, Pieps, Pieps. Dann standen alle vor der Tür und man beschloss, zur Ecke zu laufen. Die Ecke: Eindeutig der Inspirationsort für den Hunger, von hier aus konnte man alles erreichen, was man sich wünschte. Ich wollte eigentlich fast immer zum Metzger, was einen der ersten Sätze von Boris mir gegenüber entkräftigen dürfte: „Mädchen essen ja kein Fleisch.“ - na, dann hat er noch keine Griechin kennengelernt.
Wie könnte ich auch auf Frau Böhms urige Gestalt verzichten. Die Frau steht in diesem Laden, als wäre sie noch nie woanders gewesen – vielleicht war sie das auch nie. Jedenfalls haben ihre Sätze Kultstatus. Zum Beispiel: „Salaad“, „Zum hieer esse oder zum mitneehme?“, „ich brauch das Märksche“ oder, der Klassiker: „Pommes bidde“. Ja das waren schöne Zeiten, besonders wenn man in der Sonne sitzen konnte, mit einem fetten Schnitzel auf dem Tisch.
Nun, jetzt ist meine Zeit leider abgelaufen – sie verflog schneller als der Wind. Bald sitzt schon das nächste Mädel auf meinem – ich meine natürlich Detlefs Platz.
Ich bemühe mich, jetzt mal nicht allzu melancholisch zu werden. Dennoch möchte ich mich für diese lehrreiche, schöne Zeit bedanken und sagen: Solche Kollegen würde ich mir für meinen späteren Beruf wünschen.
20. April 2009, 08.32 Uhr
Melina Kalfelis
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