„Pfennig Bazar“ im Dominikanerkloster

Schnäppchen kosten Geduld und Nerven

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Noch am heutigen Mittwoch findet im Dominikanerkloster zum zwölften Mal der „Pfennig Bazar“ statt. Zwischen Schuhen, Klamotten und Haushaltswaren kann man viele Schätze finden – jedoch nur mit viel Zeit.

Laura Zachmann /

Drei ältere, grauhaarige Damen kommen vom Dominikanerkloster. Jede von ihnen trägt zwei voll bepackte Galeria-Kaufhof-Tüten. „Geht es Hilde? Ich kann dir etwas abnehmen“, sagt die eine zur anderen. „Ist schon gut“, sagt Hilde. Auch an der Straßenbahn-Haltestelle Börneplatz stehen viele Menschen, die mindestens eine der grün-weißen Plastiktüten in der Hand halten. Doch weil das Kaufhaus am anderen Ende der Zeil liegt, müssen die Tüten vom Pfennig Bazar kommen. Und fündig wird dort anscheinend jeder. Am 8. und 9. September findet die Benefizaktion bereits zum zwölften Mal statt. Zwei Tage lang können hier für wenig Geld Damen-, Herren- und Kinderklamotten, sowie Haushaltswaren eingekauft werden. Der Erlös geht zum größten Teil an die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) Hessen. Die gemeinnützige Organisation bietet Beratungs-, Betreuungs-, und Therapieangebote für Erkrankte an und setzt sich dafür ein, dass sie auch weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Ein Viertel des Erlöses geht an den Hospizverein St. Katharina. Der Basar ist vor allem bekannt für die gut erhaltene und qualitativ hochwertige Kleidung. Entsprechend groß ist der Andrang.

Vor dem Kloster steht bereits eine lange Schlange. Rund 30 Menschen warten zusammen mit mir auf den Einlass. Vorwiegend ältere Damen, die leere Taschen und Einkaufstrolleys mitgebracht haben. Die meisten sind in Begleitung ihrer Männer da. Oder besser gesagt: Ihrer Tragehilfen. Damit die Kunden die Wartezeit überbrücken können, hat der Veranstalter einen Wühltisch mit Pullovern, T-Shirts und Hosen aufgestellt. Doch die Harems-Hose mit exotischem Leo-Print und die Bluse mit Streublumen-Muster werden kaum beachtet. Dabei sind die Preise sehr niedrig. „T-Shirt ein Euro, Bluse zwei Euro, Röcke drei Euro“, steht auf dem Zettel, den sich die ehrenamtliche Helferin am Stand auf die Brust geheftet hat. Ihr Kollege versucht verzweifelt, die Ware loszuwerden und hält immer wieder ausgewählte Kleidungsstücke in die Luft. „Mit Sternchen?“, fragt er mich und hält mir ein türkisfarbenes Oberteil mit Glitzersternchen entgegen. Ich schüttele lächelnd den Kopf.

Hinter mir ist die Schlange mittlerweile doppelt so lang. Die älteren Damen werden ungeduldig und recken die Köpfe immer wieder in Richtung Eingang. Nach 15 Minuten werden wir in die Hallen des Klosters eingelassen. Ich bin nicht die Einzige, die zum ersten Mal auf dem Basar ist und sich orientierungslos umschaut. Im Innenhof steht ein großes Festzelt, vor dem sich ebenfalls eine Schlange gebildet hat. Wieder heißt es Warten. Hüte, Taschen, Schmuck und Tücher kann man von außen erspähen. Eine Frau mit rotem Fascinator lässt uns schließlich hinein. Taschen in Lack- und Schlangenleder-Optik sind hier sehr begehrt. Daneben stehen Schmuckständer mit Perlenketten und ein Tisch voller Broschen. „Heiß und fettig“, ruft die Frau mit dem Fascinator in das Zelt. Zwei junge Männer bringen neue Ware. Wie die Geier stürzen sich die Damen sofort auf die Kartons. Die Schuhabteilung ist direkt nebenan. Flip-Flops, Turnschuhe, Pumps und Stiefel stehen nach Paaren sortiert und aufgereiht auf Tischen und Bänken. Beim Anblick eines schwarzen Paar Pumps von Yves Saint Laurent schlägt mein Herz schneller. Beim Blick auf die Schuhsohle bin ich enttäuscht: Die Schuhe sind zwei Nummern zu klein.

Die Herren- und Kinderabteilung lasse ich links liegen. Die Damenabteilung im Obergeschoss ist riesig, das Gedränge groß, Stehenbleiben gefährlich. Von allen Seiten wird man angerempelt. Eine Helferin ist sichtlich mit dem Andrang überfordert und weiß nicht, von wem sie zuerst das Geld nehmen soll. „Ich bin das erste Mal dabei“, sagt sie. „Das ist ja noch gar nichts. Das geht noch viel schlimmer“, entgegnet eine ältere Dame. Zwischen den Kleiderständern mit Pelzmänteln, Trachten, Abendkleidern und Blazern hört man immer wieder Gesprächsfetzen: „Das kannst du super dazu anziehen“, sagt eine junge Frau zu ihrer Freundin. Ein Blazer von Armani sorgt währenddessen für viel Drama. „Das soll eine 42 sein? Höchstens eine 36!“, ruft eine ältere Dame mit rotem Lippenstift. „Italienische Mode“, antwortet die Verkäuferin.

Wie in einem Ameisenhaufen wird hier nach Schnäppchen gewühlt. Auch ich werde nach einiger Zeit fündig. Ein braunes Strickjäckchen mit versteckter Knopfleiste und orangenen Streifen hat es mir angetan. So etwas suche ich schon lange. Fünf Euro verlangt die Dame am Stand dafür. Normalerweise würde ich nun handeln, aber ich traue mich nicht. Zu groß ist die Ehrfurcht vor der alten Dame und schließlich ist das Geld für einen guten Zweck gedacht. Ich kaufe die Jacke zum angebotenen Preis. Was nach dem Basar noch übrig bleibt, spendet die DMSG Hessen an gemeinnützige Organisationen, die hilfsbedürftige Familien oder Wohnsitzlose unterstützen. Auf dem Weg zum Ausgang komme ich an der Terrasse im Innenhof vorbei, auf der sich viele Frauen niedergelassen haben, um einen Kaffee zu trinken. Ein Mann mit Hemd sitzt auf einem Stuhl, telefoniert, und wartet offensichtlich auf seine Frau, deren prall gefüllte Tüten er bewacht. Ich bin mit meiner bescheidenen Ausbeute zufrieden und mache mich mit meiner Galeria-Kaufhof-Tüte auf den Weg nach Hause – gutes Gewissen inklusive.

>> Pfennig Bazar im Dominikanerkloster Frankfurt, Kurt-Schuhmacher-Str.23, 8.9. und 9.09., 10-18.45 Uhr.


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