Wenn der Second-Hand-Plattenladen No.2 jetzt seinen 33 ⅓. Geburtstag feiert, ist das keine Spitzfindigkeit, sondern Hinweis auf die Abspieldrehzahl einer LP pro Minute. Den jungen Kunden muss man das erklären, die alten sagen, „Ja, klar ...“.
Detlef Kinsler /
In Juni 2014 feierte der größte Second-Hand-Plattenladen Frankfurts, das No.2, sein 30. Jubiläum. Und schon wird wieder Geburtstag gefeiert in der Wallstraße in Sachsenhausen. 33 ⅓ Jahre ist der überschrieben. Eine grandiose Idee, aber nicht die von Michael Baumann. „Ehre wem Ehre gebührt. Ich war bei Hessischen Rundfunk zum Interview über die Renaissance der Vinyl-Schallplatte“, erzählt der Inhaber des No.2. „Euch gibt es doch schon ewig“, konstatierte Christian Sprenger, der Moderator und fragte kurzum nach einer Fete. „Wir haben doch das 30-Jährige gefeiert vor drei Jahren“, entgegnete ihm Baumann. „Dann werdet ihr ja dieses Jahr 33 ⅓, das wäre doch ein Superfest“, meinte Sprenger. „Ich habe nur ganz kurz überlegt und Danke gesagt für diese Superidee“, lacht der Plattenverkäufer.
Die Geschichte, wie aus dem über den Flohmarkt schlendernden Studenten und Sammler ein Plattenverkäufer – damals noch auf dem Schlachthofgelände am Main – wurde, der schließlich gegenüber im Wasserweg sein erstes Geschäft eröffnete, haben wir schon erzählt. Baumanns Biografie beginnt natürlich viel früher. Im fränkischen Nordosten Baden-Württembergs. Der große Bruder, sechs Jahre älter, gab sein erstes selbst verdientes Geld für Schallplatten aus. „Da war ich zwölf“, erinnert sich der Jahrgang 56 wie zuhause Musik aufgelegt wurde. Auf dem stylischen Phonokoffer Telefunken Mister Hit mit Lautsprecher im Deckel. Zuhören, nicht anfassen, hieß die Regel. „Ich habe mich drangehalten. Später wurde mein Bruder großzügiger.“
Aber die erste eigene Platte musste her. „Ich habe mein ganzes Taschengeld zusammengekratzt, aber es hat nicht gereicht“, hat Baumann nicht vergessen, dass der Bruder einen Deal anbot: „Wir kaufen uns eine Single zusammen und Du darfst Dir die Seite aussuchen.“ Es wurde „Dizzy Miss Lizzy“ von den Beatles. „Jeder Plattenkauf wurde zelebriert, ein paar Freunde eingeladen und alle lauschten dann andächtig der Musik“, erkannte Baumann schnell: „Im Vergleich zu meinen Kumpels war ich frühreif.“ Bald hatte er die größte Plattensammlung in Tauberbischofsheim. 45 Stück. Und er legte mit 16 im Evangelischen Gemeindezentrum bei Plattenpartys auf. „Straighten Rock, aber ich hatte auch schon ein Faible für Soul und Funk“, freute er sich, dass sein geliebter James Brown auch gut ankam.
Das erste Queen-Album, Grand Funk Railroad Live, Led Zeppelin und Black Sabbath gehörten zu seiner musikalischen Sozialisation. Alles, na klar, auf Vinyl. Die Liebe zum „Schwarzen Gold“ ist geblieben. „Die Bedeutung der Schallplatte war in meinem Laden immer die gleiche, sie war immer ein wichtiger Teil im Repertoire, auch als CDs richtig geboomt haben“, betont Baumann. „Ich habe immer gesagt, dass es schön ist, so eine Platte in den Händen zu halten. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, sie zu verramschen.“ Egal, ob man das als Old School, Retro oder Vintage betrachten mag. „Es darf jeder so nennen wie er es will. Mir ist das egal. Für mich hat das keine Bedeutung. Das ist mein Leben.“ Ohne Leidenschaft lässt sich ein solcher Laden ohnehin nicht führen. Entsprechend sind die Rückmeldungen, die Baumann bekommt für sein Angebot und seine szeneaffine Mannschaft. „Gute Leute, die sich auskennen und freundlich sind“, hört er dann von Kunden, die eigens angereist sind.
„Ein paar haben uns im Internet gefunden, andere kommen auf Empfehlung eines Freundes. Das spricht sich in der Szene herum, wenn du einen Laden hast mit guter Auswahl wo die Leute auch was finden können“, weiß Baumann. Die Bandbreite der Warenauswahl reicht von CDs für 2,50 Euro bis zu Vinyl zum Preis von 250 Euro. Für rare Krautrockplatten in gutem Zustand etwa wird das gerne mal bezahlt. Bei der Party im Laden am 23. September gibt es viel Livemusik. „Die sollte ganz nah am Laden und an Frankfurt dran sein“, erklärt Baumann. Bernhard „Boo Hoo“ Karakoulakis, der zum Verkäuferteam gehört und regelmäßig Instore-Konzerte organisiert, tritt diesmal nicht auf, dafür sein Kollege Michael Scheuber mit seinem Duo Sheena & Michael, die Singer/Songwriterin Fee. und Carsten Schrauff solo. Ob wir da Velveteen-Musik unplugged erleben dürfen?
>> 33 ⅓ Jahre Geburtstagsfeier, No. 2, Ffm: Wallstraße 15, 23.9., ab 18 Uhr, Eintritt frei