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Mozart hinter Gittern
Am Ende gab’s Tränen. Eine Mitwirkende hatte sich nach der dritten Aufführung der „Zauberflöte“ in der JVA Preungesheim ein Herz gefasst und ein selbst verfasstes Gedicht vorgelesen. Es war der tief empfundene Dank eines Häftlings an Ulrike Pfeifer und Maja Wolff, die Initiatorinnen des Musiktheaters im Knast, Tenor: „Ihr wart unser Licht im Dunkel“. Und angeregt durch eine Frage aus dem Publikum ließen auch andere Inhaftierte ihren Gefühlen freien Lauf. „Endlich wurden wir mal als Menschen wahrgenommen.“ „Es hat sich jemand um uns gekümmert.“ „Wir konnten unsere Fähigkeiten und Begabungen einsetzen.“ „Ihr habt Sachen aus uns herausgekitzelt, deren wir uns gar nicht bewusst waren.“ „Schade, dass jetzt alles vorbei ist.“
Der „Mozart hinter Gittern“ (www.knasttheater.de) war bereits das dritte Projekt der Theatermacherin und Regisseurin Maja Wolff (das Publikum kennt sie als Anton LeGoff und von Grüne Sose-Festival) und Ulrike „Uli“ Pfeiffer, Bassistin bei Kick la Luna und den Friends In High Places (da singt sie auch) als Musikalische Leiterin – eine Kooperation der Justizvollzugsanstalten III und IV in Preungesheim und der Fachhochschule Frankfurt am Main. Wolff, Pfeiffer, die Studenten und Studentinnen konnten das Stück von langer Hand vorbereiten, die Gefangenen aus der Männer- und Frauenhaftanstalt lernten das Team erst am Montag, quasi zur Generalprobe kennen. Klar war von Anfang an nur, dass die „Zauberflöte“ nur die Motive, das Gerüst für die Aufführung liefern würde. Die Figuren würden anders definiert sein – die Sklaven zum Beispiel als Müllmänner oder die drei Knaben – verkörpert von jungen Damen – angesichts der nahenden WM in Trikots der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Die Originalmusik von Mozart kam vom Band beziehungsweise wurde von einer leicht quietschigen Geige nur angedeutet. Der Rest der Musik war neu gestaltet auf Trommeln, Fässern, Mülltonnen, auch als imposante Choreografie hinter einer Gazewand. Ein Hauch von Women On Drums und „Stomp“, nicht nur wegen der Besenkür. Dass sich Rap, ein R&B-Song und ein sehenswerter Breakdance Platz in der gut einstündigen Aufführung verschafften, das war den spontanen Beiträgen der Mitwirkenden aus der Anstalt zu verdanken.
Perfektion konnte bei diesem rasanten Singspiel nun wirklich keiner erwarten. Montags treffen, beschnuppern, warm werden, Dienstag, Mittwoch und Freitag spielen – da blieb gar keine Zeit zum Ausproben und rund machen. Glücklicherweise muss man sagen – denn nur so war gewährleistet, dass dank viel Spontaneität und Improvisation der freche, frische Charakter der Show in der Turnhalle bewahrt blieb und Mozart sich so erst recht erwies als das, was er wohl war: ein musikalisches Genie zwar, aber eben auch der Rock’n’Roller Amadeus, ein Durchgeknallter, der nicht nur Kunst für die Hochkultur fabrizierte, sondern auch in Momenten wohl so etwas war wie der Dieter Bohlen seiner Zeit wenngleich sein Gassenhauer „Pa-pa-pa-pa-pa-pa-pageno“ unbestritten mehr Qualität hat als „Ma-ma-macita“. Da durfte dann eben auch Posse und Zote nicht fehlen, was sich in nicht gerade versteckten sexuellen Anspielungen ausdrückte. Da jauchzten auch die harten Hunde aus Haus 5 in Reihe 3 vor Freude wie überhaupt das bunt gemischte Publikum, das gerne Ein- und Auslass-Prozeduren als Sicherheitscheck (einen Flug nach Mallorca antreten ist sicher nicht minder anstrengend) über sich ergehen ließ, viel Spaß an der etwas anderen „Zauberflöte“ hatte. Fotos: Detlef Kinsler
Der „Mozart hinter Gittern“ (www.knasttheater.de) war bereits das dritte Projekt der Theatermacherin und Regisseurin Maja Wolff (das Publikum kennt sie als Anton LeGoff und von Grüne Sose-Festival) und Ulrike „Uli“ Pfeiffer, Bassistin bei Kick la Luna und den Friends In High Places (da singt sie auch) als Musikalische Leiterin – eine Kooperation der Justizvollzugsanstalten III und IV in Preungesheim und der Fachhochschule Frankfurt am Main. Wolff, Pfeiffer, die Studenten und Studentinnen konnten das Stück von langer Hand vorbereiten, die Gefangenen aus der Männer- und Frauenhaftanstalt lernten das Team erst am Montag, quasi zur Generalprobe kennen. Klar war von Anfang an nur, dass die „Zauberflöte“ nur die Motive, das Gerüst für die Aufführung liefern würde. Die Figuren würden anders definiert sein – die Sklaven zum Beispiel als Müllmänner oder die drei Knaben – verkörpert von jungen Damen – angesichts der nahenden WM in Trikots der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Die Originalmusik von Mozart kam vom Band beziehungsweise wurde von einer leicht quietschigen Geige nur angedeutet. Der Rest der Musik war neu gestaltet auf Trommeln, Fässern, Mülltonnen, auch als imposante Choreografie hinter einer Gazewand. Ein Hauch von Women On Drums und „Stomp“, nicht nur wegen der Besenkür. Dass sich Rap, ein R&B-Song und ein sehenswerter Breakdance Platz in der gut einstündigen Aufführung verschafften, das war den spontanen Beiträgen der Mitwirkenden aus der Anstalt zu verdanken.
Perfektion konnte bei diesem rasanten Singspiel nun wirklich keiner erwarten. Montags treffen, beschnuppern, warm werden, Dienstag, Mittwoch und Freitag spielen – da blieb gar keine Zeit zum Ausproben und rund machen. Glücklicherweise muss man sagen – denn nur so war gewährleistet, dass dank viel Spontaneität und Improvisation der freche, frische Charakter der Show in der Turnhalle bewahrt blieb und Mozart sich so erst recht erwies als das, was er wohl war: ein musikalisches Genie zwar, aber eben auch der Rock’n’Roller Amadeus, ein Durchgeknallter, der nicht nur Kunst für die Hochkultur fabrizierte, sondern auch in Momenten wohl so etwas war wie der Dieter Bohlen seiner Zeit wenngleich sein Gassenhauer „Pa-pa-pa-pa-pa-pa-pageno“ unbestritten mehr Qualität hat als „Ma-ma-macita“. Da durfte dann eben auch Posse und Zote nicht fehlen, was sich in nicht gerade versteckten sexuellen Anspielungen ausdrückte. Da jauchzten auch die harten Hunde aus Haus 5 in Reihe 3 vor Freude wie überhaupt das bunt gemischte Publikum, das gerne Ein- und Auslass-Prozeduren als Sicherheitscheck (einen Flug nach Mallorca antreten ist sicher nicht minder anstrengend) über sich ergehen ließ, viel Spaß an der etwas anderen „Zauberflöte“ hatte. Fotos: Detlef Kinsler
7. Juni 2010, 09.23 Uhr
Detlef Kinsler
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16. November 2024
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