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Mirek Macke
Ein Underground-Statement
Den Stein ins Rollen gebracht hat Star-Schauspieler Lars Eidinger. Ihm imponierte der Schriftzug „MENSCH“, der in großen Leuchtbuchstaben über der Diakoniekirche prangt. Kurzerhand fotografierte er die Installation von Mirek Macke und stellte das Foto in Salzburg aus.
Dabei handelt es sich um die Logo-Relikte des einstigen Kaufhauses M.Schneider auf der Zeil, das seinerzeit zu den bedeutendsten in der Stadt zählte. Verantwortlich für die Installation ist der Frankfurter Künstler Mirek Macke. Aus „M.Schneider“ wurde MENSCH. Wir haben nachgefragt und eine Frankfurter Geschichte entdeckt, in der ein Warenhaus, Kunst und gesellschaftliches Engagement die Hauptrolle spielen.
Der charismatische Mirek Macke, vielen Frankfurtern als Leiter des Kunstvereins der Familie Montez ein guter Begriff, hatte sich 1998 die Leuchtbuchstaben zusammen mit Städel-Künstlerkollegen, darunter Kai Helmstetter, gesichert. Unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit und mit medialer Begleitung wurde abgebaut. Anlass war die Schließung des Warenhauses. Ursula Dürselen-Beilharz, Kaufhaus-Gesellschafterin erinnert sich: „Irgendwie hatte Frankfurt mit „M.Schneider“ gelebt. Selbst heute noch sprechen mich Leute an und sagen: „Uns fehlt ihr Kaufhaus!“ Die quirlige 84-Jährige ist vom Fach. Als ausgebildete Einzelhändlerin leitete die Dynastietochter jahrelang die Kinderabteilung. Dass aber ihr einstiges Logo mit dem „typischen blauen Rand der Buchstaben“ seit vielen Jahren als Kunstwerk einen festen Platz in Frankfurt einnimmt, erfuhr sie erst jetzt durch unsere Recherche. „Das finde ich großartig“, bekennt sie gerührt und setzte sich mit Lebensgefährten Richard Nix sofort ins Auto, um die Buchstaben wiederzusehen. „Das war etwas, was ich nicht erwartet habe.“
Auch Sozialarbeiter und Künstler Thomas Kober, der seit über zehn Jahren Kunstausstellungen in der ehemaligen Kirche für die Diakonie
kuratiert, ist von dem Schriftzug begeistert. „Wir sind Mirek dafür sehr dankbar.“ In dem ehemaligen Gemeindesaal der Kirche werden zumeist Skulpturen gezeigt. Dort treffen sich Wohnsitzlose, für die ein offenes Ohr und eine Tasse Tee bereitstehen. Man organisiert Tafeln, versucht Menschen zu helfen, die sich am Rande der Gesellschaft befinden, die schlechte finanzielle Möglichkeiten haben, die erkrankt sind. „Deshalb passt dieser Schriftzug hervorragend hier auf das Dach.“
Doch wie kam es zu der künstlerischen Metamorphose, wollen wir von Mirek Macke wissen. „Als wir 2000 mit Anja Czioska und Lenny Khalcke das Lola Montez „Am Städelshof 6“ in der Frankfurter Innenstadt eröffnet haben, wollte ich unbedingt diesen Schriftzug auf’s Dach aufstellen“, erinnert er sich. „Wir sind damit spielerisch umgegangen und überlegten zunächst, aus dem Schriftzug M.Schneider „Der Mensch!“ zu entwickeln. Aus dem „i“ mit dem Punkt ein Ausrufezeichen zu gestalten. Das erschien uns aber zu bedeutungsschwanger. „Mensch“, das sagt viel mehr aus als „Der Mensch!“. So kam es schließlich zum knappen „Mensch“. Die Schriftzug stand dann ein paar Jahre auf dem Dach des Atelierhauses über Lola Montez mit der Frontseite zur Breiten Gasse und leuchtete in dem kleinem Rotlichtviertel in der Innenstadt. Es war zudem als Ansage zur Welt der Banken und zur Skyline gedacht. „Mensch“, ein kleines Underground-Statement.“
2004 wurde die Installation „MENSCH“ an die Weißfrauen
Diakoniekirche weitergereicht. Gerald Hintze, der damalige Leiter der Einrichtung und guter Freund von Mirek Macke, sammelte Spenden für die Aufarbeitung des Schriftzuges. Mirek Macke ist vom heutigen Standort in der Weser/ Ecke Gutleutstraße überzeugt, insbesondere weil dort Kunst und soziales Engagement wie im Kunstverein der Familie Montez Hand in Hand gehen. Der Kunsttempel bietet Künstlern Ausstellungsfläche und lädt zu monatlichen Vernissagen ein. „Bei uns im Montez kostet etwa die Tasse Kaffee immer noch 1,50 und nicht 2,50 Euro. Mir ist es wichtig, dass man den Menschen etwas zurückgibt. Also gerade wir, unter der Brücke, sind ja ein Treffpunkt für ALLE.“ Er ist Optimist, Verlorenem nachzutrauern, lehnt Macke ab. „Wenn man will, kann man mit Energie etwas Neues schaffen. Auch dafür ist der Schriftzug „MENSCH“ ein Symbol.“
Übrigens: So ganz muss man auf das „M.Schneider-Feeling“ nicht verzichten. In der Frankfurter Straße 7 in Offenbach lädt die frisch renovierte, kleinere Warenhaus-Schwester zum Shoppen ein. Am besten vorher den Schriftzug „MENSCH“ anschauen und im Kunstverein der Familie Montez Kunst und Kaffee genießen.
Weitere Informationen:
www.diakonie-frankfurt-offenbach.de/die-diakonie/weissfrauen-diakoniekirche
www.m-schneider-offenbach.de
www.kvfm.de
Der charismatische Mirek Macke, vielen Frankfurtern als Leiter des Kunstvereins der Familie Montez ein guter Begriff, hatte sich 1998 die Leuchtbuchstaben zusammen mit Städel-Künstlerkollegen, darunter Kai Helmstetter, gesichert. Unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit und mit medialer Begleitung wurde abgebaut. Anlass war die Schließung des Warenhauses. Ursula Dürselen-Beilharz, Kaufhaus-Gesellschafterin erinnert sich: „Irgendwie hatte Frankfurt mit „M.Schneider“ gelebt. Selbst heute noch sprechen mich Leute an und sagen: „Uns fehlt ihr Kaufhaus!“ Die quirlige 84-Jährige ist vom Fach. Als ausgebildete Einzelhändlerin leitete die Dynastietochter jahrelang die Kinderabteilung. Dass aber ihr einstiges Logo mit dem „typischen blauen Rand der Buchstaben“ seit vielen Jahren als Kunstwerk einen festen Platz in Frankfurt einnimmt, erfuhr sie erst jetzt durch unsere Recherche. „Das finde ich großartig“, bekennt sie gerührt und setzte sich mit Lebensgefährten Richard Nix sofort ins Auto, um die Buchstaben wiederzusehen. „Das war etwas, was ich nicht erwartet habe.“
Auch Sozialarbeiter und Künstler Thomas Kober, der seit über zehn Jahren Kunstausstellungen in der ehemaligen Kirche für die Diakonie
kuratiert, ist von dem Schriftzug begeistert. „Wir sind Mirek dafür sehr dankbar.“ In dem ehemaligen Gemeindesaal der Kirche werden zumeist Skulpturen gezeigt. Dort treffen sich Wohnsitzlose, für die ein offenes Ohr und eine Tasse Tee bereitstehen. Man organisiert Tafeln, versucht Menschen zu helfen, die sich am Rande der Gesellschaft befinden, die schlechte finanzielle Möglichkeiten haben, die erkrankt sind. „Deshalb passt dieser Schriftzug hervorragend hier auf das Dach.“
Doch wie kam es zu der künstlerischen Metamorphose, wollen wir von Mirek Macke wissen. „Als wir 2000 mit Anja Czioska und Lenny Khalcke das Lola Montez „Am Städelshof 6“ in der Frankfurter Innenstadt eröffnet haben, wollte ich unbedingt diesen Schriftzug auf’s Dach aufstellen“, erinnert er sich. „Wir sind damit spielerisch umgegangen und überlegten zunächst, aus dem Schriftzug M.Schneider „Der Mensch!“ zu entwickeln. Aus dem „i“ mit dem Punkt ein Ausrufezeichen zu gestalten. Das erschien uns aber zu bedeutungsschwanger. „Mensch“, das sagt viel mehr aus als „Der Mensch!“. So kam es schließlich zum knappen „Mensch“. Die Schriftzug stand dann ein paar Jahre auf dem Dach des Atelierhauses über Lola Montez mit der Frontseite zur Breiten Gasse und leuchtete in dem kleinem Rotlichtviertel in der Innenstadt. Es war zudem als Ansage zur Welt der Banken und zur Skyline gedacht. „Mensch“, ein kleines Underground-Statement.“
2004 wurde die Installation „MENSCH“ an die Weißfrauen
Diakoniekirche weitergereicht. Gerald Hintze, der damalige Leiter der Einrichtung und guter Freund von Mirek Macke, sammelte Spenden für die Aufarbeitung des Schriftzuges. Mirek Macke ist vom heutigen Standort in der Weser/ Ecke Gutleutstraße überzeugt, insbesondere weil dort Kunst und soziales Engagement wie im Kunstverein der Familie Montez Hand in Hand gehen. Der Kunsttempel bietet Künstlern Ausstellungsfläche und lädt zu monatlichen Vernissagen ein. „Bei uns im Montez kostet etwa die Tasse Kaffee immer noch 1,50 und nicht 2,50 Euro. Mir ist es wichtig, dass man den Menschen etwas zurückgibt. Also gerade wir, unter der Brücke, sind ja ein Treffpunkt für ALLE.“ Er ist Optimist, Verlorenem nachzutrauern, lehnt Macke ab. „Wenn man will, kann man mit Energie etwas Neues schaffen. Auch dafür ist der Schriftzug „MENSCH“ ein Symbol.“
Übrigens: So ganz muss man auf das „M.Schneider-Feeling“ nicht verzichten. In der Frankfurter Straße 7 in Offenbach lädt die frisch renovierte, kleinere Warenhaus-Schwester zum Shoppen ein. Am besten vorher den Schriftzug „MENSCH“ anschauen und im Kunstverein der Familie Montez Kunst und Kaffee genießen.
Weitere Informationen:
www.diakonie-frankfurt-offenbach.de/die-diakonie/weissfrauen-diakoniekirche
www.m-schneider-offenbach.de
www.kvfm.de
21. Dezember 2022, 11.20 Uhr
Edda Rössler
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22. November 2024
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