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Matthias Pees

Mousonturm: Der interkontinentale Intendant

Am 1. August tritt Matthias Pees die Nachfolge von Niels Ewerbeck beim Mousonturm an. Er verspricht Kontinuität, will aber auch neue Kooperationen mit São Paulo, New York und Tokio angehen.
Der Schwiegervater, in São Paulo lebend, war schon mal begeistert von der neuen Berufung: "Glückwunsch, Matthias. Direktflug", schrieb er knapp. Im kommenden Monat wird Matthias Pees mit seiner aus Brasilien stammenden Frau und der 13-jährigen Tochter von Wien nach Frankfurt ziehen, im August tritt er sein Amt als neuer Intendant des Mousonturms in der Waldschmidtstraße an. Noch muss er alles kennenlernen, die Stadt und das Künstlerhaus, das seit dem Tode seines Vorgängers Niels Ewerbeck von den Dramaturgen Martine Dennewald und Marcus Droß und der künstlerischen Leiterin Martina Leitner interimsweise, aber mit viel Herzblut und Engagement fortgeführt wurde. Die nächste Spielzeit haben sie schon durchgeplant, es wird ein sanfter Beginn für Herrn Pees. Der hat sich gleichwohl viel vorgenommen.

Die bisherigen Stationen des Theaterkritikers und Dramaturgen waren unter anderem die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, wo er die künstlerische Leitung innehatte, sowie das Niedersächsische Staatstheater in Hannover und die Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Mit Brasilien ist er nicht nur familiär verbunden. In São Paolo war er Geschäftsführer eines Produktionsbüros für internationalen Kulturaustausch. "Ich sehe viele Parallelen zwischen São Paulo und Frankfurt", sagt er. Deswegen wolle er das Künstlerhaus auch interkontinental verankern, neben der brasilianischen Metropole sieht Matthias Pees New York und Tokio als Partnerstädte des Mousonturms.

In Frankfurt selbst tritt der neue Intendant zu einer Zeit an, da die Mittelvergabe fürs freie Theater von staatswegen gerade neu organisiert wird. Nach der Sommerpause, so schätzt Dieter Bassermann vom Kulturamt, werde der Magistrat den Stadtverordneten die Neukonzeption der Theaterförderung vorlegen. In diese sollen auch die Gespräche einfließen, die seit Ende letzten Jahres mit den Theatermachern der Stadt geführt werden, um sie mit einzubinden und die Strukturen nicht an der Szene vorbei zu verändern. Eine Jury soll künftig über die Mittelvergabe entscheiden - und, wie Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU), bei der Vorstellung von Herrn Pees hinzufügte - dem Mousonturm soll bei der Restrukturierung der Finanzierung der freien Szene eine große Rolle zukommen. "Das", so Herr Semmelroth weiter, "wird Friktionen ausdrücklich nicht ausschließen." Den neuen Intendanten lobte der Stadtrat dafür, mit seinen bisherigen Stationen die "paradoxen Anforderungen" an das Amt mitzubringen, das neben Kenntnissen aus der Performance, des Theaters, der Bildenden Kunst, der Musik, des Tanzes auch Leidenschaft und Nüchternheit erfordere. Denn trotz der großen öffentlichen Förderung durch die Stadt Frankfurt und staatliche Institutionen wie dem Kulturfonds Rhein-Main, bestand die Aufgabe des Intendanten bislang auch im Einwerben von Drittmitteln. In Bezug darauf gibt sich Matthias Pees aber erfahren: in Südamerika habe es keinerlei öffentliche Förderung gegeben, oft genug sei man länger auf der Suche nach Geldgebern gewesen, als sich um das künstlerische Programm kümmern zu können. "Hier in Frankfurt muss man gewiss nicht bei Null anfangen."

Die vergangenen drei Jahre lebte Matthias Pees mit seiner Familie in Wien, dort war er leitender Dramaturg der Wiener Festwochen, leitete das Forum Festwochen und war Mitkurator der Ausstellung Unruhe der Form. In Wien arbeitete er unter der Intendanz von Luc Bondy und Schauspieldirektorin Stefanie Cap, in Frankfurt wird er erstmals selbst ein Haus leiten. Zusammen mit Martine Dennewald und Marcus Droß wird es dann drei Dramaturgen in der Führungsebene des Hauses geben. Ein Vorteil, mit dem sich spielen lasse, so Herr Pees: "Wir werden das nutzen, um neue Stücke zu produzieren - auch ohne festes Ensemble." Auch Gastkünstler will er verstärkt ins Haus holen. Im September möchte der Intendant mehr zum Prorgramm verraten.

Sein Vorgänger Niels Ewerbeck hatte mit Verve den Umbau des Hauses vorangetrieben, das in den 80er-Jahren von Dieter Buroch begründet und bis 2011 geleitet worden war. Nicht nur das Gebäude, auch das Programm und Erscheinungsbild des Turms wurde einer Erneuerung unterzogen, während der Schließung des Hauses versuchte das Team mit wechselnden Locations, dem Radiosender Multifon und dem großangelegten Festival Lüften in und um die Jahrhunderthalle den Anschluss an die Stadt zu halten. Im September 2012 wurde die Neueröffnung gefeiert, nur einen Monat später verstarb Niels Ewerbeck.
 
Fotogalerie:
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4. Juni 2013, 14.48 Uhr
Nils Bremer
 
 
 
 
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