Das English Theatre erweckt mit einer fulminanten Hauptdarstellerin die griechische Operndiva Maria Callas wieder zum Leben und zwar in Form des Theaterstücks „Master Class“ von Terrence McNally. Darin gibt die Callas Unterricht für Gesang und fürs Leben.
Nicole Brevoord /
Es ist eine grantige Frau (Karen Mann) im fortgeschrittenen Alter, die ganz in Schwarz gekleidet den Unterrichtsraum, also die Bühne des English Theatre, betritt. Sofort umweht die Darstellerin ein etwas divenhafter Flair, letztlich hört sie sich selbst allzu gerne reden und behandelt die Zuschauer in ihrem Auditorium von oben herab. „Singing is a serious business“, doziert Maria Anna Sophie Cecilia Kalogeropoulos, die in unserem kollektivem Gedächtnis einen Platz als die Callas gefunden hat. Gemeinsam mit ihrem Pianisten Manny Weinstock (David Randall), der angesichts der Operndiva nicht viel zu lachen hat, aber die Haltung bewahrt, veranstaltet sie in den 70er Jahren Gesangsstunden in New York, zu denen hoffnungsvolle Studenten, von der Callas nicht umsonst „Opfer“ genannt, strömen, um von ihrem Vorbild zu lernen. Doch die Callas hat den Zenit ihrer Karriere längst überschritten, ihre Stimme umfasst längst nicht mehr die berühmten drei Oktaven. In der Scala wollte man sie nicht mehr singen hören und ihre Beziehung zu ihrer großen Liebe und dem Trennungsgrund für ihre erste Ehe, dem steinreichen griechischen Reeder Aristoteles Onassis, ist vorüber.
Das Stück „Master Class“ zeigt die Persönlichkeit von Maria Callas auf, die so brüchig ist wie am Ende ihre Stimme. Ein Flügel, ein Stuhl und ein Pult – mehr bedarf es nicht an Bühnenbild. Denn nichts sollte von dem hervorragenden Ensemble ablenken. Allen voran Karen Mann, vermag es das Publikum mit spitzen und verbitterten Bemerkungen zum Schmunzeln zu animieren, aber mit ihren Flashbacksequenzen, die an ihrer großen Zeiten erinnern lassen, auch zu Tränen zu rühren. Die schüchterne Sophie de Palma (Jennifer Rhodes) wird von der Callas beim Vorsingen buchstäblich zusammengefaltet, die zunächst selbstbewusste Sharon Graham (Robine Landi) nimmt sich die Kritik der griechischen Diva zu sehr zu Herzen und braucht einen zweiten Anlauf, um ihrem Idol den Spiegel vor zu halten und der von sich so furchtbar eingenommene Tony Candalino (Ciarán O’Leary) bekommt trotz Lobes seines Vorbildes auch nochmal den Kopf gerade gerückt. „You are singin’ about your mistress – look happy!“ Es der alternden Grande Dame recht zu machen, scheint keinesfalls einfach und einfach ist sie selbst am wenigsten.
Da werden Arien von Bellini und Verdi geschmettert, wie man sie selten zuvor im English Theatre zu hören bekam und dennoch findet nur das Wenigste den Gefallen der gestrengen Gesangslehrerin. Dafür hat sie für jeden Schüler und auch für die Zuschauer Lebensweisheiten parat. „Get a look!“ ist da der trockene Rat der Sängerin an einen Zuschauer. Und dann referiert die Callas: „The audience is the enemy. We have to bring you to the knees.“ Der Darstellerin der Callas gelingt diese Kunst und auch der Rest des Ensembles, nicht zuletzt Oliver Meredith als Bühnenhiwi, weiß in der jeweiligen Rolle sowohl mimisch als auch stimmlich zu überzeugen. „Applause is what we live on. Sometimes it’s the only thing we have,“ sagt die Callas am Ende des Stücks und der nicht enden wollende Applaus der Besucher des English Theatre dürfte auch den Darstellern sicher sein.
Master Class ist noch bis zum 28. April im English Theatre, Gallusanlage 7, zu sehen. Die Karten kosten zwischen 22 und 34 Euro, ermäßigt zwischen 14 und 17 Euro.