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Kolumne von Ana Marija Milkovic

Über den Tod des guten Tons

Architektin Ana Marija Milkovic hat sich Gedanken über den guten Ton gemacht und dabei beobachtet, dass diesen mancher mehr, mancher weniger beherrscht und manch einer ihn gar einfach ignoriert.
Über Hindernisse lässt sich stolpern, manchmal sogar über sich selbst. Umgangssprachlich besteht aber auch die Möglichkeit über den guten Ton zu stolpern. Ein Museumsdirektor überraschte mich kürzlich damit. Im Kulturbetrieb, ließ er mich wissen, gehörte es einst zum guten Ton sich in regelmäßigen Abständen neuen Herausforderungen zu stellen. Das dauerhafte Einnisten der Kulturschaffenden in leitenden Positionen gehört demnach nicht zum guten Ton. Seither denke ich über den guten Ton nach. Vor allem aber darüber, wie es um unsere Institutionen bestellt ist, wenn es am guten Ton fehlt und keiner daran Anstoß nimmt.

"Institutionen lassen sich an ihren Regeln erklären", lese ich dazu im Wirtschaftsteil der FAS vom 30. März. "Den Schlüssel zum Wachstum findet man im Aufbau von Wirtschaftsinstitutionen, die Ideen und Talente der Bürger nutzbar machten, die Anreize böten, Eigentumsrechte, Rechtssicherheit und Wettbewerb garantierten." Hier wurde das mangelnde Vertrauen in den russischen Markt und ihre Institutionen erklärt. Was ist nun aber, frage ich, wenn Institutionen, Körperschaften des Öffentlichen Rechts in Deutschland längst nicht mehr diese hehren Parameter erfüllen und nicht wenige hier bereits damit begonnen haben, den gängigen Regeln des Marktes zu misstrauen?

Betrachtet man dafür unsere kommunalen Institutionen, Körperschaften, ihre Direktoren, Leiter, Amtsleiter, so ist immerhin gut ablesbar, dass die Mehrzahl der Protagonisten in leitenden Positionen sich selten genug neuen Herausforderungen stellen. Im Umkehrschluss könnte es allerdings auch bedeuten, dass in Körperschaften des öffentlichen Rechts Anreize für neue Ideen und Talente fehlen, folglich auch untereinander kein Wettbewerb entsteht und nicht die Besten unter ihnen jene Stellen bekleiden, die zu unserem Besten gedacht sind.

Natürlich gibt es Ausnahmen zu allgemein gültigen Regeln. Ich hatte die Ausnahme allerdings nicht in Bayern erwartet. München bestellte zur Leitung des Referats Stadtplanung und Bauordnung eine Architektin aus Regensburg. Vielleicht nicht der gute Ton, aber die Regel ist in Frankfurt diese Position aus der Verwaltung heraus zu besetzen. So dürfen sich im Frankfurter Magistrat auf Jahre Autodidakten im Planungsdezernat bemühen. Natürlich gibt es auch bei Rekrutierungen aus der Verwaltung heraus Ausnahmen und Visionen. Martin Wentz, promovierter Physiker, zum Beispiel. Doch die Regel ist das nicht.

Bleibt noch die Möglichkeit sich im Ton zu vergreifen. Das bedeutet versehentlich oder gewollt einen Fauxpas begehen. Unser Planungsdezernent Olaf Cunitz (Die Grünen) beschwerte sich kürzlich öffentlich über seine Koalitionspartner aus der CDU. Die Frankfurter CDU sei ein in der Kommunikation unfähiger Verwaltungshaufen, der Gestaltung nicht Willens, gab er zum Besten. Das sorgte für reichlich Verstimmung. Michael zu Löwenstein, Fraktionsvorsitzender der CDU, setzte daraufhin einen Schuss, den auch die allgemeine Berichterstattung nicht überhören durfte. Seither kursieren auf Facebook Bilder, die die Koalitionspartner freundlich lächelnd miteinander zeigen. Manchmal verhindert nicht nur der gute Ton notwenige politische Debatten.

Da wir es uns zur Angewohnheit gemacht haben Ländern, die nicht unserem demokratischem Anspruch genügen, mit dem erhobenem Zeigefinder zu begegnen, fällt mir im Gegenzug eine russische Weisheit ein: "Das Leben verlangt mutige Entscheidungen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." 2016 zur Kommunalwahl ist es dann wieder soweit.
 
Fotogalerie:
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9. April 2014, 20.07 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
 
 
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