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Kochen im Museum
Brutzeln und blanchieren genauso wie gemeinsames Kochen und Speisen sind mehr als die Summe ihrer Teile, soviel ist klar. Doch was genau das meint – abgesehen vom rein Sinnlichen –, ist eine spannende Frage. Das hat nun auch die Frankfurter Kulturlandschaft erkannt: Im Struwwelpeter-Museum schwingen Kinder den Pfannenwender. Das jüdische Museum gibt Nachhilfe in koscherem Kochen. Und MMK-Direktorin Susanne Gaensheimer versucht während eines (ziemlich langweiligen) Pressetermins im Küchenstudio zu beantworten, ob Kunst kulinarisch sei. Heute Abend schließlich wird die größte der Ausstellung dieser Art im Museum für Kommunikation eröffnet. Bis Februar 2010 soll die sehenswerte Schau „satt? kochen * essen * reden“ im Obergeschoss für Einblicke in die Geschichte der Esskultur sorgen und Darstellungen in Kunst und Literatur ebenso wie alltägliche Rituale präsentieren.
Dass nun auch hier das Kochen und Essen im Mittelpunkt stehen, erscheint ziemlich logisch, dafür braucht man die einführenden Worte von Direktor Dr. Helmut Gold gar nicht, der auf der Pressekonferenz erläutert, wie stark Kommunikation und Medien das Essverhalten verändert haben. Man denke allein an die Zeitung am Frühstückstisch oder den Fernseher im Esszimmer, der dafür gesorgt hat, dass Möbel heute ganz anders angeordnet sind als vor 100 Jahren. Andererseits legte das Kochen erst den Grundstein zu Geselligkeit und Gespräch, indem sich die Menschen gemeinsam am Feuer trafen. Und auch die Liebe geht heute noch häufig durch den Magen.
Die Ausstellung, konzipiert von den Kuratorinnen Rosemarie Wesp und Dr. Corinna Engel, zeigt eine große Bandbreite verschiedener Ess-Situationen, untergliedert in insgesamt fünf Themen-Schwerpunkte. Ausgespart wird nichts, was in der Schnittmenge von Kommunikation, Kochen und Essen zu finden ist, wobei es selbstverständlich nicht ausbleibt, dass manche Exponate gar nicht oder nur wenig an der Oberfläche der Sache kratzen. Doch findet sich mehheilich durchaus Aufschlussreiches: Der Weg der Museumsbesucher führt zunächst in den Bereich „Zuhause essen“. Hier wird unter anderem eine kleine „Familie“ gezeigt, die aus drei flimmernden Fernsehgeräten (Mutter, Vater, Kind) besteht. Die Filme, die über die Mattscheibe flimmern, verdeutlichen die durch Medien gestörte Kommunikation der drei Personen. Weiter geht’s in der Sektion „Auswärts essen“ mit Geschichten zu den ältesten Imbissbuden Deutschlands, zur Restaurant-Kultur und zu den ersten Restaurant-Kritiken. Unschwer zu erkennen ist der ganz in grün gehaltene Bereich „Draußen essen“. Hier kann man Goethes Original-Picknickkorb bewundern und erfahren, wie durch das Speisen im Freien die Verbindung zur ursprünglichen, unberührten Natur gesucht wurde. Im Abschnitt „Öffentlich essen“ reicht die Bandbreite von Festbanketten anlässlich der Kaiserkrönung bis hin zum Staats-Barbeque in Heiligendamm, im Bereich „Richtig essen“ wird der Bogen von Diätik zu moderner Ernährungserziehung geschlagen.
Nach diesem Einblick in die Verknüpfungen zwischen Kommunikation und Ernährung ziehen wir in Bezug auf diese Frage dann schließlich unsere ganz eigene, naheliegende Bilanz: Die Glotze lässt man beim Mittagessen besser aus – mit oder ohne Gesellschaft.
Text: Florian Fix & Kim Horbach
24. Juni 2009, 15.25 Uhr
Florian Fix
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