Jüdische Kulturwochen

"Im Robert Johnson eher zu Hause als in der Westend-Synagoge"

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Am Sonntag sind die Jüdischen Kulturwochen gestartet. In Zeiten des grassierenden Rechtspopulismus ist die Frage nach einem vitalen jüdischen urbanen Leben umso virulenter.

Tamara Marszalkowski/Christoph Schröder /

Das Programm der Jüdischen Kulturwochen hat sich deutlich verjüngt. Marc Grünbaum, Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und seine Referentin Daniela Lewin (s. Foto) sind relativ neu in ihren Ämtern und zeichnen sich dieses Jahr zum ersten Mal verantwortlich für das Programm der Jüdischen Kulturwochen. Ihr Ansatz ist: Jüdisches Frankfurt gibt es nicht nur in der Gemeinde und im Gemeindeleben, sondern auch durch eine tiefe Verwurzelung in der Frankfurter Stadtgesellschaft. So finden dieses Jahr viele Veranstaltungen außerhalb der jüdischen Gemeinde statt. Da begeben sich Besucher des Städels zum Beispiel auf die Spuren des Königs David, einer der bekanntesten Figuren der jüdischen und biblischen Geschichte, und erkunden ausgewählte Werke aus der Sammlung „Alte Meister“. An der Hauptwache ist beispielsweise die Installation "Datum" von Lukas Sünder zu sehen, der die Passanten zum Hinschauen und Reflektieren einlädt. Präsentiert wird dem Betrachter das aktuelle Datum nach jüdischer und damit paralleler Zeitrechnung, die im jüdischen Alltag gleichermaßen Anwendung findet wie der gregorianische Kalender.

Grünbaum und Lewin haben auch viel Wert darauf gelegt, das Programm für ein junges Publikum attraktiv zu machen und auch mal ungewöhnliche Wege zu gehen. So haben sie den israelischen Starkoch Yossi Elad eingeladen, der in Londan das Restaurant "Palomar" führt und in Jerusalem das "Machneyuda" aufgebaut hat. Zusammen mit den Brüdern James und David Ardinast werden sie im Club Michel für die Zeit der Kulturwochen ein Pop-Up-Restaurant etablieren mit streng koscherer Küche. Die Macher laden auch ins Robert Johnson ein, wo die DJs Ata, Moscoman und Muallem auflegen werden. Moscoman stammt aus Tel Aviv und nimmt Elemente von Techno, New Wave, House auf und fügt diesen Klänge aus dem Nahen Osten bei. Muallem ist durch seine vielen Reisen und verschiedenen Wohnorte, darunter New York, London, Tel Aviv und München schon seit geraumer Zeit bekannt. Seit über 20 Jahren ist er in der Techno-Szene vertreten, und trägt nun zur Innovation der Münchner Dance-Music-Szene bei.

"Die Kulturwochen wurden in der Vergangenheit immer mit einem Konzert in der Westend-Synagoge eröffnet. Natürlich ist Synagogenmusik jüdische Kultur, aber zum Auftakt setzt das ein bestimmtes Zeichen. Und es zeigt nicht das, was für Juden heute jüdische Kultur ist", so Grünbaum. "Es mag ein Bestandteil sein, aber es ist nicht das Aushängeschild schlechthin. Wir wollen Modernität zeigen, wir wollen junges jüdisches Leben zeigen. Unsere Mitglieder jüngeren Alters sind einfach im Robert Johnson eher zu Hause als in der Westend-Synagoge." Ohne jedoch, dass man die ursprüngliche Zielgruppe verlieren wolle, ergänzt Lewin. Im Programm gibt es zum Beispiel auch den ultraorthodoxen Nachwuchskantoren Shulem Lemmer. "Der hat allerdings mehr als eine Million Klicks auf YouTube. Das denkt man normalerweise so nicht zusammen. Aber so versuchen wir immer wieder im Programm, Grenzen aufzulösen", sagt Lewin.

>> Das gesamte Programm finden Sie auf der Seite der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.


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