Partner
Island adieu
Das war die Buchmesse
Buchmesse, fast wie immer: Ein leichtes Besucherplus, unvermeidliche Prominente, zahlreiche Preisverleihungen, eBooks, heiße Nächte. Das schönste aber: ein kleines Gastland, das große Spuren hinterlässt.
7400 Aussteller aus 106 Ländern, über 3200 Veranstaltungen und 283.000 Besucher. Das sind die nackten Zahlen. Und natürlich freut sich Buchmessen-Direktor Juergen Boos darüber: "Die Buchbranche ist in Aufbruchsstimmung", sagt er. Dabei wurde auf der Messe vordergründig mal wieder über die eBooks diskutiert, und ob diese jetzt der Heilsbringer der Verlage seien - oder den Tod einer ganzen Branche einläuten. Dazwischen gibt es natürlich nichts. Daneben aber immerhin noch Millionen von pBooks, wie der Frankfurter Verleger Joachim Unseld die printed books auf seiner donnerstäglichen Sause scherzhaft nannte. An ebenjenem Abend las auch Nino Haratischwili aus ihrem Buch "Mein sanfter Zwilling", vom Verleger als Favorit für den tagsdrauf vergebenen Hotlist-Preis der unabhängigen Verlage angekündigt. So kam es dann auch, der mit 5000 Euro dotierte Preis wurde bei der Veranstaltung im Sinkkasten an die in Tiflis geborene Autorin vergeben - unter der fachkundigen Moderation von Jakob Augstein und Charlotte Roche. Auch Peter Kurzecks Roman "Vorabend", erschienen bei Stroemfeld, erlangte hier endlich die nötige Würdigung, und bekam den Melusine-Huss-Preis zugesprochen. Wirklich heiß wurde es jedoch erst zu späterer Stunde, als Unseld die Preisverleihung schon längst als "geil" gekennzeichnet hatte. Da soll nämlich, so berichtet der ebenso umsichtige wie geschätzte Korrespondent der Welt Kompakt, eine Dame einen Herrn bekniet haben - und zwar so, wie man es sonst nur in Schundromanen kennt. So dürfte der Hotlist-Preis also auch endlich seine Legende haben.
Am Sonntag bekam dann in einem weitaus würdigeren Umfeld, wir sprechen hier von der Paulskirche, der algerische Schriftsteller Boualem Sansal den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. In der Begründung der Jury heißt es: "Boualem Sansal gehört zu den wenigen in Algerien verbliebenen Intellektuellen, die offen Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen üben. Mit seinem hartnäckigen Plädoyer für das freie Wort und den öffentlichen Dialog in einer demokratischen Gesellschaft tritt er gegen jede Form von doktrinärer Verblendung, Terror und politischer Willkür auf. Dabei richtet sich sein Blick nicht nur auf die Heimat, sondern auf die ganze heutige Welt."
Zugleich wird mit dieser Preisverleihung stets der letzte Tag der Buchmesse eingeläutet. Das ist besonders schade, weil die Isländer mit ihrem Pavillon etwas geschafft haben, woran die meisten der bisherigen Gastländer scheiterten: nämlich nicht nur ein Gefühl für die Literatur, sondern auch für das Land, in dem sie entsteht, zu schaffen. Fernab der üblichen Klischees. Im nächsten Jahr geht es auf die andere Seite der Weltkugel. Neuseeland heißt das Gastland 2012.
Am Sonntag bekam dann in einem weitaus würdigeren Umfeld, wir sprechen hier von der Paulskirche, der algerische Schriftsteller Boualem Sansal den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. In der Begründung der Jury heißt es: "Boualem Sansal gehört zu den wenigen in Algerien verbliebenen Intellektuellen, die offen Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen üben. Mit seinem hartnäckigen Plädoyer für das freie Wort und den öffentlichen Dialog in einer demokratischen Gesellschaft tritt er gegen jede Form von doktrinärer Verblendung, Terror und politischer Willkür auf. Dabei richtet sich sein Blick nicht nur auf die Heimat, sondern auf die ganze heutige Welt."
Zugleich wird mit dieser Preisverleihung stets der letzte Tag der Buchmesse eingeläutet. Das ist besonders schade, weil die Isländer mit ihrem Pavillon etwas geschafft haben, woran die meisten der bisherigen Gastländer scheiterten: nämlich nicht nur ein Gefühl für die Literatur, sondern auch für das Land, in dem sie entsteht, zu schaffen. Fernab der üblichen Klischees. Im nächsten Jahr geht es auf die andere Seite der Weltkugel. Neuseeland heißt das Gastland 2012.
17. Oktober 2011, 11.01 Uhr
nil
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Sieben Vorführungen in Frankfurt
Italo-Französische Filmwoche
Auch in diesem November heißt es wieder: Frankreich gegen Italien. Die französische Filmwoche und Verso Sud buhlen erneut parallel um die Zuschauergunst als letzte Frankfurter Filmreihen in diesem Jahr.
Text: Gregor Ries / Foto: Der Porträtfilm „Ciao, Marcello - Mastroianni L'Antidivo” von Regisseur Fabrizio Corallo © DFF
KulturMeistgelesen
- Kunstausstellung in EschbornGesammelte Fotografien der Deutschen Börse
- Lilian Thuram in FrankfurtFranzösische Fußballlegende spricht über Rassismus
- Literatur in FrankfurtNeue Lesebühne im Café Mutz
- Filmfestival in WiesbadenExground Filmfest legt Fokus auf Flucht und Migration
- No Other LandEin Skandalfilm, der keiner sein will
23. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen