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Im Mousonturm wollten alle nur spielen

buroch_torte_kinsler_675„Wollen nur spielen“ sprang uns in den letzten Wochen ein tiefer gelegter, zähnefletschender und sehr offensiver Hund von Programmen, Plakaten und einer Einladung mit Schrift in lebendigem Giftgrün (was wie ein Widerspruch klingt. Aber ist das Leben, die Kultur, gelebte Kunst nicht ständig auch ein Widerspruch?) entgegen und erinnerte immer wieder an 20 Jahre Mousonturm und einen Festakt mit Empfang in der ehemaligen Seifen- und Parfümfabrik im Frankfurter Ostend. Im Umfeld des Mousonturm müssen solche Vokabeln nicht beängstigen. Denn obwohl vier Reden angekündigt waren und man den dafür geplanten Zeitrahmen um mehr als 50 % überzog – das Festliche geriet schon bei diesem offiziellen Teil – Sie erraten es – spielerisch.

semmelroth_kinsler_492ZuKT, der Tanzabteilung der HfMDK, blieb es mit einer Forsythe-Choreogaphie zu „The Loss of Small Detail“ vorbehalten, den Abend zu eröffnen. In einer Ästhetik, die Felix Semmelroth, Frankfurts Kulturdezernent vor vielen illustren Gästen, darunter seinem Vorvorvorgänger (hab’ ich richtig gezählt?) Hilmar Hoffmann („Kultur für alle“) , dem Förderer freier Gruppen im Kulturbereich (und somit Unterstützer der Mousonturm-Idee und von Buroch, gleich in seiner Lobrede aufgriff und auf den Turm übertrug. Vollkommen frei, locker, engagiert, mit echter, nicht politisch gespielter, echter Verbundenheit mit dem Haus, dazu sehr assoziativ und mit persönlichen Erinnerung gespickt hielt Semmelroth seine Lobrede, „meine Rolle heute hier“. „Und es gibt nur zu loben und zu preisen.“ Den späteren Intendanten als „legalen Besetzer“ der Fabrik lange vor Gründung des Hauses. Den Scout (wie im Fußball, selbst Talente im fernen Tatchikistan entdecken) mit großer Risikobereitschaft in Hinblick auf die Schaffung eines eigenen Profils.

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VA Wölfl

Burochs Dank fiel kürzer aus, aber nicht weniger „launig“, mit feinen ironischen Spitzen („Es sind alle Kulturdezernenten der Jahre mit dem Mousonturm da – außer die, die vorzeitig abgewählt wurden...“) und dem Dank, damals die Idee eines „defizitären Hauses“ realisieren zu dürfen. Buroch bedankte sich vor allem auch bei seinem koginialen team. VA Wölfls Gegenrede, ein Feuerwerk an Anekdoten, Anspielungen, Zitaten, Fremd- und Eigenlob, war – schließlich ist er Choreograph der Kompagnie Neuer Tanz – eine Choreographie mit viel fast regungslosen Statuen mit Tornisterrucksäcken, aus denen später Blumen und Geschenke fielen, und Gewehren. Von Wölfl bekam Buroch eine weitere Säule für sein Haus geschenkt. Heiner Goebbels' kleiner Gruß vom Band war eine wunderbare Collage voller Witz und Buroch-O-Tönen und Verfremdungen und Verzerrungen.

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Bl!ndman

Mit Bl!ndman stand dann das Saxophonquartett aus Belgien auf der Bühne, das es solange gibt wie den Mousonturm und das der Spielstätte – wie auch viele weitere Künstler – seit Jahren treu ergeben ist. Unglaublich, wie sie Bach spielen, beeindruckend, wie perkussiv und mit Einsatz eigener Körperlaute sie moderne Kompositionen klangmalerisch umzusetzen wissen. Bei Thierry De Meys „Table Music“ sind die Saxophone außen vor – hier wird mit Händen auf Tischchen getrommelt, gestrichen, gewischt, gestreichelt. Große Kunst mit einfachsten Mitteln.

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Dann der Empfang in der Cristallobar und der Studiobühne, interessanten Leckereien (Avocadomus und ähnliches) auf Plexiglas-Schiffchen und in anderen, interessanten, Minivasen ähnlichen Behältnissen und – so war’s angekündigt – „Unterbrechungen“ mit den üblichen Verdächtigen, Frank Wolff, Michael Quast und Sabine Fischmann (begleitet von Markus Neumeyer am Piano) und dem bekannten Mix aus Deutschlandlied“, „Star Spangled Banner“ à la Jimi Hendrix und „Don Giovanni“. Höhepunkt des fast familiären Abends (was für die Atmosphäre im Mousonturm spricht): der Anschnitt einer Riesentorte mit dem Plakatmotiv (trotzdem kein kalter Hund) durch Dieter Buroch, sichtlich bemüht darum, den richtigen Schnitt anzusetzen.

Erratum: Leider ist uns im aktuellen Journal Frankfurt im Artikel "Kunst für alle - 20 Jahre Mousonturm" ein Fehler unterlaufen: Christine Peters, künstlerische Leiterin des Hauses von 1998-2003 und langjährige Mitarbeiterin Dieter Burochs, ist keinesfalls "rausgeworfen" worden. Dieter Buroch und Christine Peters haben ihr Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen beendet.

Fotos: Detlef Kinsler
 
Fotogalerie:
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30. Dezember 2009, 13.32 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
 
 
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