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"Ich bin mit mir im Reinen"
[credit Peter Düttmann]
Pflasterstrand: Götz Aly bewegt sich von den 68ern weg, sie atmeten den revolutionären Geist der 33er – also der jungen Nationalsozialisten. Nicht gerade die feine Art ...
Daniel Cohn-Bendit: Jeder darf, was er will. Peter Schneider hat das in der Frankfurter Rundschau glaube ich ganz richtig analysiert: Aly führt einen Kampf gegen sich selbst. Er schämt sich seiner Vergangenheit, die zu Teilen daraus bestand, radikal-maoistische Thesen zu verbreiten. Das muss man verstehen.
Schämen Sie sich Ihrer Vergangenheit?
Nein, ich bin mit mir im Reinen. Ich weiß, was schön war damals, ich weiß, was falsch war.
Was war falsch? Und was richtig?
Ach, guck mal, wie geil ihr seid, immer wissen zu wollen, was falsch war. Aber dann des Anstands willen noch nachfragen, was richtig war.
Gut, dann nur die schönen Anekdoten.
Ich bin nicht so auf Anekdoten aus. Aber aus heutiger Sicht wurden um 1968 die stark verkrusteten Strukturen der Gesellschaft aufgebrochen. Falsch war daran nur die politische Projektion, also der Bezug auf Gestalten wie Ho Chi Minh oder Mao Tse-Tung. Wichtig bleibt aber das Ergebnis, und das ist für mich der neu entstandene Citoyen, der freie Bürger.
Der freie Bürger, der früher die Mao-Bibel las und nun für ein freies Tibet demonstriert.
Menschen verändern sich, sie verändern sich ständig. Die Olympiade bietet nicht nur die Chance, auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, sie gebietet es auch – den Politikern, den IOC-Funktionären ebenso wie Sportlern und Publikum.
Veränderungen sind ein gutes Stichwort, zwei Weggefährten würde ich dazu gerne noch zu Wort kommen lassen. Der eine ist Frank Wolff, der sagt: 1968 war nur eine Revolte, die wahre Revolution ist das Internet. Einverstanden?
Frank hat völlig recht, was Revolte und Revolution angeht. Die Revolte war nur Anstoß oder Ausdruck für gesellschaftliche Veränderungen, die recht langsam geschahen. Das Internet hingegen verändert unser Verhalten fundamental, doch zu einer klassischen Revolution fehlt die Veränderung politischer Strukturen; wenn man einmal von den Möglichkeiten absieht, die etwa die Globalisierungskritiker nutzen.
Wie könnte es hundert Jahre nach 1968 in Frankfurt aussehen?
Ah, da habe ich gerade etwas ganz Interessantes über den einstigen Polizeipräsidenten von Paris, Maurice Grimaud, gelesen. Der hatte Mitte der 60er-Jahre die Vision, dass die Innenstädte frei von Autos wären. Das könnte ich mir für 2068 vorstellen: Es gibt eine Menge Fahrräder oder Elektro-Autochen, die überall vermietet werden, die Privat-Pkws aber sind verschwunden.
Seit wann sind Sie eigentlich Anhänger von Eintracht Frankfurt - seit 1968?
Seit ich in Frankfurt bin, ist es so: Ich mag keinen Apfelwein, dafür aber die Eintracht umso lieber. An ein besonderes Spiel kann ich mich noch erinnern, da war ich mit Johnny Klinke, es ging gegen die Bayern. Gerd Müller wuselte sich durch, haute hier einen Verteidiger um und da und schoss zwei Tore innerhalb weniger Minuten. Am Ende gewann die Eintracht doch noch 3:2.
Daniel Cohn-Bendit ist Europaabgeordneter der Grünen.
Pflasterstrand: Götz Aly bewegt sich von den 68ern weg, sie atmeten den revolutionären Geist der 33er – also der jungen Nationalsozialisten. Nicht gerade die feine Art ...
Daniel Cohn-Bendit: Jeder darf, was er will. Peter Schneider hat das in der Frankfurter Rundschau glaube ich ganz richtig analysiert: Aly führt einen Kampf gegen sich selbst. Er schämt sich seiner Vergangenheit, die zu Teilen daraus bestand, radikal-maoistische Thesen zu verbreiten. Das muss man verstehen.
Schämen Sie sich Ihrer Vergangenheit?
Nein, ich bin mit mir im Reinen. Ich weiß, was schön war damals, ich weiß, was falsch war.
Was war falsch? Und was richtig?
Ach, guck mal, wie geil ihr seid, immer wissen zu wollen, was falsch war. Aber dann des Anstands willen noch nachfragen, was richtig war.
Gut, dann nur die schönen Anekdoten.
Ich bin nicht so auf Anekdoten aus. Aber aus heutiger Sicht wurden um 1968 die stark verkrusteten Strukturen der Gesellschaft aufgebrochen. Falsch war daran nur die politische Projektion, also der Bezug auf Gestalten wie Ho Chi Minh oder Mao Tse-Tung. Wichtig bleibt aber das Ergebnis, und das ist für mich der neu entstandene Citoyen, der freie Bürger.
Der freie Bürger, der früher die Mao-Bibel las und nun für ein freies Tibet demonstriert.
Menschen verändern sich, sie verändern sich ständig. Die Olympiade bietet nicht nur die Chance, auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, sie gebietet es auch – den Politikern, den IOC-Funktionären ebenso wie Sportlern und Publikum.
Veränderungen sind ein gutes Stichwort, zwei Weggefährten würde ich dazu gerne noch zu Wort kommen lassen. Der eine ist Frank Wolff, der sagt: 1968 war nur eine Revolte, die wahre Revolution ist das Internet. Einverstanden?
Frank hat völlig recht, was Revolte und Revolution angeht. Die Revolte war nur Anstoß oder Ausdruck für gesellschaftliche Veränderungen, die recht langsam geschahen. Das Internet hingegen verändert unser Verhalten fundamental, doch zu einer klassischen Revolution fehlt die Veränderung politischer Strukturen; wenn man einmal von den Möglichkeiten absieht, die etwa die Globalisierungskritiker nutzen.
Wie könnte es hundert Jahre nach 1968 in Frankfurt aussehen?
Ah, da habe ich gerade etwas ganz Interessantes über den einstigen Polizeipräsidenten von Paris, Maurice Grimaud, gelesen. Der hatte Mitte der 60er-Jahre die Vision, dass die Innenstädte frei von Autos wären. Das könnte ich mir für 2068 vorstellen: Es gibt eine Menge Fahrräder oder Elektro-Autochen, die überall vermietet werden, die Privat-Pkws aber sind verschwunden.
Seit wann sind Sie eigentlich Anhänger von Eintracht Frankfurt - seit 1968?
Seit ich in Frankfurt bin, ist es so: Ich mag keinen Apfelwein, dafür aber die Eintracht umso lieber. An ein besonderes Spiel kann ich mich noch erinnern, da war ich mit Johnny Klinke, es ging gegen die Bayern. Gerd Müller wuselte sich durch, haute hier einen Verteidiger um und da und schoss zwei Tore innerhalb weniger Minuten. Am Ende gewann die Eintracht doch noch 3:2.
Daniel Cohn-Bendit ist Europaabgeordneter der Grünen.
3. Mai 2008, 09.21 Uhr
Nils Bremer
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