Gerhard Glück ist ein Künstler, der mit seinen Gemälden kleine Tragödien vom Leben ganz normaler Menschen erzählt. Abgründig, surreal und mit feinem Humor. Das Caricatura Museum widmet ihm eine Ausstellung.
Lukas Gedziorowski /
Fritz B. missbraucht eine Blaumeise gern als Federball. Wilfried zeigt seinen neuen roten Schuhen den grauen Alltag. Und Leo macht seinen letzten Wunsch wahr, indem er sich kurz vor dem Tod mit dem Sensenmann fotografieren lässt. Solche Szenen - absurd, surreal, hintergründig witzig – sind im Caricatura zu sehen. Gemalt hat sie Gerhard Glück, der Cartoonist aus Kassel, der in Frankfurt aufgewachsen und in Bad Vilbel geboren ist.
Vor neun Jahren hat ihm das Caricatura in Frankfurt (damals noch im Historischen Museum) eine Schau gewidmet, zuletzt waren seine Werke 2014 im Caricatura Kassel und im Museum Schloss Wilhelmshöhe ausgestellt. Nun kehrt der Künstler, der früher Werber und Lehrer war, endlich wieder zurück in die Heimat, mit „Glück im Museum“, wie die Ausstellung heißt. 238 Cartoons sind zu sehen, daneben auch Skizzen, Reproduktionen, Skulpturen und ein Film. Ein Großteil der Arbeiten ist im NZZ Folio, dem Magazin der Neuen Zürcher Zeitung, erschienen, für die Glück seit 1991 Cartoons malt.
Museumsleiter Achim Frenz nennt die Cartoons „kleine Tragödien“, aber jedes Bild für sich bilde einen „Glücksmoment“. Darin liegt der Reiz in Glücks Bildern: Er hält die Abgründe des Alltags fest, eigentlich traurige Momentaufnahmen einsamer oder verzweifelter Menschen, die nach Aufmerksamkeit heischen oder den widrigen Umständen einer unbarmherzigen Welt zum Opfer fallen - und bringt seine Betrachter damit zum Lachen.
Da ist zum Beispiel Herr Klüter, ein älterer Herr, der mitten im Herbstlaub steht, seinen Aktenkoffer neben sich abgestellt und den Regenschirm auf den Boden gerichtet. Unter dem Bild der Text: „Herr Klüter zählte bis zu 4000 Blätter in der Stunde, vorausgesetzt, es blieb windstill.“ Oder Bruno P., der mit einer Bude, die „Auskünfte aller Art – schnell und zuverlässig“ verspricht, eine „vernichtende Offensive gegen das Internet“ plant. Solche Bilder erzählen in detailreichen Szenen ganze Geschichten über die Vergeblichkeit allen Seins. Bitter – und komisch zugleich. Ein Bildtext bringt es auf den Punkt: „Das Leben könnte so schön sein“, denkt sich ein Mann, „wenn es nicht ausgerechnet seins wäre.“
Ein häufig wiederkehrendes Motiv ist der Gartenzwerg, Inbegriff der deutschen Spießigkeit. Einer wird versehentlich vom Rasenmäher überfahren, zwei werden beim Liebesspiel auf dem Rasen erwischt, andere planschen fröhlich in der Küchenspüle. Jedes Mal schaut man in verdutzte Gesichter der Besitzer. Die Dinge entwickeln bei Glück ein ungeahntes Eigenleben.
Auch der Kunstwelt selbst widmet sich der Künstler: Ein Junge malt eine Wand mit Strichmännchen voll, ein Mann mit Stock nähert sich ihm. „Mirós erstes großes Werk blieb leider unvollendet!“, erzählt uns der Bildtext. Und eine konstruktivistische Katze ist „hilflos dem Naturalismus ausgesetzt". Glück spielt mit der Kunstgeschichte, bringt zusammen, was nicht zusammengehört und schafft immer wieder neue Verblüffungsmomente. Hochkultur trifft auf Humor. Damit knüpft Glück an die sogenannte Jahrhundertausstellung „Sowa, Hurzlmeier, Kahl“ an, mit der im vergangenen Jahr das Caricatura ebenfalls komische Gemälde zeigte.
In der Nacht der Museen, am 25. April, wird Gerhard Glück exklusive Kunstdrucke signieren. Dazu spielt das Spardosen-Terzett eine Mischung aus Jazz, Country und Blues.
>> Glück im Museum, Caricatura, Weckmarkt 17, 2.4. bis 13.9., Di-So 11-18 Uhr, Mi 11-21 Uhr, Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro.