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Gastspiel der Fliegenden Volksbühne

Ein turbulentes Rendezvous im Palmengarten

Michael Quast hauchte mit seiner Fliegenden Volksbühne am Wochenende im ausverkauften Gesellschaftshaus Adolf Stoltzes Schwank „Neu-Frankfurt“ unter dem Titel „Rendezvous im Palmengarten“ neues Leben ein.
Die imposanten Kronleuchter, die von der Decke des Gesellschaftshauses ragen, sowie der Blick aus dem Fenster zum Palmenhaus raubten den Zuschauern zunächst den Atem. Später zog das zehnköpfige Ensemble der Fliegenden Volksbühne alle Blicke auf sich, das seine Requisiten übrigens beim ersten Aufzug gleich mitbrachte: Vom Hochrad bis zur Riesenpalme. Voller auf sich selbst bezogener Referenzen auf das Improvisierte und Fliegende des Ensembles wurde Adolf Stoltzes Werk „Neu-Frankfurt“ aus dem Jahr 1989 entstaubt und aufgepeppt. Seinen neuen Namen erhielt der Lokalschwank einst durch eine Inszenierung des Frankfurter Volkstheaters, bei dem Wolfgang Kaus 1987 dem Stück den viel zutreffenderen Namen „Rendezvous im Palmengarten“ gab. Und wo sonst als im Gesellschaftshaus könnte man ein Stück aufführen, dessen zentrale Handlung von einem Rendezvous im Palmengarten handelt?

Das Publikum saß an langen Bänken und Tischen, die an die volkstümliche Bestuhlung von Fastnachtssitzungen erinnerten und wurde mit rustikalen Frankfurter Spezialitäten bewirtet, während auf der Bühne feinste Mundart zu hören war. Wobei die Akustik in den hinteren Reihen vermutlich eher zu wünschen übrig ließ.

Ein wenig erinnerte uns die Verwechslungskomödie an Molières „Geizigen“, wie er im vergangenen Sommer bei Barock am Main zu sehen war. Denn auch hier spielt Michael Quast einen knotterigen Familienvater, dessen Kinder ihm keine rechte Freude bereiten können und dem im Laufe des Stücks eine Menge Geld abhanden kommt. Das waren aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Quast weiß dem mürrischen Familienvater jedenfalls Leben einzuhauchen, als wohlhabender Witwer Bohneberger, der in die Eisenbahn gefallen ist – also Wohlstand errungen hat, in dem er der Bahn Grundstücke verkaufte – und nun nach einer neuen Lebensgefährtin sucht. Die fehlt nämlich, nicht nur bei der gemeinsamen Hausmusik. Während Tochter Julchen (Lucie Mackert) Klavier spielt und der Vater geigt, kann Sohn Fritz (Christoph Bahr) nicht so recht an der Gitarre überzeugen. Es mag einfach alles nicht klingen oder wie Vater Bohneberger griesgrämig zusammenfasst: „E Singstimm’, des is was fehlt. E Frau.“ Das schwerhörige Tante Dortchen (überragend gespielt von der auf erstaunliche Art immer wieder aus dem Stand auf den Boden in Ohnmacht fallenden Ulrike Kinbach) ist da auch kein rechter Ersatz. „Ich brauch keine Tante, sondern eine Repräsentante, eine Konstante, eine Dominante, eine Frau, die das Regiment führt“, sagt Bohneberger, dem die Erziehung seiner Sprößlinge über den Kopf wächst. Der Sohn fliegt durch die Prüfung und die Tochter hat heimlich eine Liaison mit Emil Schmelz (Sebastian Klein), dem Sohn eines Widersachers des Vaters. Damit der Vater dieser Beziehung doch noch seine Zustimmung gibt, plant Julchen eine List. Der Vater hat in der Zeitung eine Kontaktanzeige aufgegeben und will sich im Palmenhaus zu einem Blind Date treffen, nichts ahnend, dass es plötzlich zwei Damen auf ihn abgesehen haben: Frau Dr. Roland, Schmelz’ Tante (charismatisch verkörpert von Uschi Felix), die auf Julchens Betreiben zum Rendezvous erscheint und der lautstark krakeelenden heiratswütenden Frau Wirbel (Judith Niederkofler), die eigentlich ein Auge auf den schmierigen Mieter Jäger (überzeugend unsympathisch dargestellt von Philipp Hunscha) geworfen hat, zur Not aber auch Papa Bohneberger nehmen würde. Die Gute verfolgt auch die Kellner des Palmenhauses (in mehreren lustigen Rollen zu sehen: Kurt Spielmann), denn einer von ihnen hat doch mitbekommen, wie Bohneberger ihr die Ehe versprochen hat. Fehlt nur noch der Knupperer (Holger Kraft), der Bohnebergers Geld in dubiose Geschäfte investieren will. Ja, an Handlungssträngen mangelte es nicht, und zweifelsohne geriet die Verwechslungskomödie turbulent und unterhaltsam, leider gelegentlich auch verstärkt durch Bühnenbildwechel – unglaublich wie viel da plötzlich zu sehen war – und Gesangseinlangen etwas überdreht und albern. Auch ein paar Längen könnte man vor allem vor der Pause bemängeln.

Nichts desto Trotz war ein vergnüglicher Abend sicher und all denjenigen, die am Rosen- und Lichterfest vom Palmenhaus aus sehnsüchtig durchs Fenster in den altehrwürdigen Saal des Gesellschaftshauses blickten, sei gesagt: „Doch Sie haben etwas verpasst!“. Vor den ausverkauften Vorführungen hatte Johnny Klinke in Aussicht gestellt, dass die Fliegende Volksbühne bei Erfolg vielleicht mal wieder im Gesellschaftshaus gastieren könne. Das wäre dem Ensemble der Fliegenden Bühne und auch den Frankfurtern nur zu wünschen.
 
Fotogalerie:
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10. Juni 2013, 11.49 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
 
 
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