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„Frankfurt“-Buch über Lieblingsorte
Nadja Mayers 4 aus 66
Nadja Mayer hat mit „Frankfurt“ ein sehr persönliches Buch in der Suhrkamp/Insel-Reihe „Lieblingsorte“ geschrieben. Für die Fotos zur Geschichte im JOURNAL FRANKFURT ging es zu den absoluten Lieblingen unter den Lieblingsorten, die Mayer hier vorstellt.
Literaturhaus
Ich bin Mitglied im Literaturhaus und finde das Programm, das Hauke Hückstädt seit 2010 auf die Beine gestellt hat, hervorragend. Und ja: Ich finde, es ist ein Unterschied, ob man Bücher liest oder sie hört oder ob man eine Lesung mit der Autorin oder dem Autor besucht. Ich habe hier schon viele tolle Lesungen und Veranstaltungen erlebt: mit Saša Stanišić, Abbas Khider, Jean-Philippe Toussaint, Esther Kinsky, Miriam Meckel – um nur einige zu nennen. Als leidenschaftliche Lyrikleserin (meine Hausgötter heißen Gottfried Benn, Jan Wagner und Mascha Kaléko. Auch William C. Williams, Friederike Mayröcker und Ernst Jandl befinden sich in der lyrischen Hausapotheke.) freue ich mich auch sehr über die Idee der „Gedichte zum Mitnehmen“. (Im Buch steht auch, dass ich als Schülerin eine ganz ähnliche Idee hatte).
© Harald Schröder
Familie Montez
Ich war gerne und oft am alten Standort in der Breite Gasse – als der Verein noch Lola Montez hieß. Ich erinnere mich beispielsweise an eine phantastische Ausstellung mit Arbeiten des ab diesem Zeitpunkt dann mit einem Schlag bekannten Florian Heinke. Jetzt hier in den Bögen der Honsellbrücke ist der Ort weit mehr als ein Ausstellungsraum. Hier finden neben Vernissagen auch Konzerte, Partys, Poetry Slams und Performances statt. Trotzdem wirkt alles immer noch sympathisch improvisiert und steht für mich damit auch in einem wunderbaren Kontrast zur benachbarten EZB. Es gibt vielleicht gerade keine anderen Koordinaten in der Stadt, wo in so unmittelbarer Nachbarschaft zwei so komplett gegensätzliche – aber eben auch typisch Frankfurter – Institutionen quasi Seite an Seite stehen.
Als Musikbegeisterte (und Tochter von ...) freue ich mich auch sehr über Jazz Montez. Dass hier drei Jungs einfach gesagt haben: „In Frankfurt und im gesamten Rhein-Main-Gebiet gibt es nach wie vor tolle Jazzmusiker, aber es gibt neben dem Jazzkeller nur wenige Orte, an denen sie spielen können – das müssen wir ändern,“ finde ich super. Und auch sehr mutig.
Jazz ist ja nicht gerade die Musik der Stunde. Aber die Jungs sind gut vernetzt und zum Beispiel zusammen mit Emma Metzler, dem Museum Angewandte Kunst und dem Amp auch Teil der Kooperation El Barrio. Was zwangsläufig dazu führt, dass sich hier nicht nur Fusselbärte in Cordhosen – wie sonst so oft beim Jazz – treffen. Das Durchschnittsalter des Publikums liegt bei 30 Jahren. Das ist doch großartig! Sehr hübsch finde ich auch das Logo von Jazz Montez: ein kleiner Adler wie aus dem Stadtwappen, der Trompete spielt.
© Harald Schröder
Botanischer Garten
Was für ein Ort – mitten in der Stadt. Zwischen Palmengarten (zu dem der Garten offiziell gehört, aber keinen Eintritt kostet) und Grüneburgpark, die Miquelallee ganz nah, eine kleine, wenig bekannte Oase. Der Garten hat eine lange Geschichte (steht im Buch, hat mit Senckenberg zu tun). Ich liebe Gärten und Pflanzen und halte mich hier sehr gerne auf. Toll finde ich, dass die Frösche, die im Frühjahr am kleinen Teich quaken, lauter sind als der Verkehr, der von der nahegelegenen Miquelallee bei ungünstigem Wind herüberschallt. Ein solcher Garten – er gehört seit 2011 nicht mehr der Universität, sondern der Stadt – kann nur durch die engagierte Arbeit von ehrenamtlichen Mitgliedern des Freundeskreises Botanischer Garten Frankfurt am Main e. V. betrieben werden.
Auch die Projekte des Botanischen Gartens sind erwähnens- und unterstützenswert. So ist gemeinsam mit der KfW Stiftung das Projekt „Lebendige Dächer“ entstanden, das bis 2024 für mehr Dachbegrünung beitragen möchte. Es gibt übrigens auch eine richtig gut gemachte, kostenlose App mit Audioguide Texten und bebilderten Pflanzenporträts zum Senckenbergischen Arzneipflanzengarten.
© Harald Schröder
Alma
Es gibt ein wunderschönes Wort auf Portugiesisch: „Saudade“. Ein Wort, das man nur schwer übersetzen kann. Es bezeichnet ein Gefühl zwischen Sehnsucht und Wehmut, zwischen Melancholie und Fernweh. Ich glaube, ich kannte dieses Gefühl schon, noch bevor ich die ersten Zeilen von Fernando Pessoa gelesen hatte oder zum ersten Mal in Portugal gewesen bin. Und es ist genau dieses Gefühl, das mich immer wieder ins „Alma“ führt.
Meine Liebe zu Portugal ist eher langsam und fast ein wenig zögerlich entstanden. Inzwischen zieht es mich fast jedes Jahr in dieses geschichtsträchtige Land im Westen Europas. Ich mag die Menschen – ihre Gelassenheit und ihre Freundlichkeit –, ich mag den wilden Atlantik, das Essen, den Wein. Und ich freue mich sehr, dass man im „Alma“ auf wenigen Quadratmetern zumindest etwas davon bei uns in der Stadt erleben kann – und das ganz ohne Folklore. Schon allein der Handkäs‘ – mit Korianderöl, karamellisierten Mandeln und Chili – ist unbedingt einen Besuch wert. Aber es gibt natürlich noch so viele andere köstliche Gerichte der luso-iberischen Küche, die Zaira Ponte hier auf ihre eigene, ganz besondere Art zubereitet: den Oktopus etwa, die geschmorte Lammkeule oder das „Carne de porco à Alentejana“ – Schweinefleisch mit Venusmuscheln. Und dann die Weine Portugals: Sie sind hierzulande nicht so bekannt, was vielleicht auch an den für uns zum Teil nur schwer aussprechbaren Rebsorten liegt, und in Frankfurt gibt es wohl niemanden, der sich so gut mit den Weinen zwischen Rios do Minho im Norden – wo der Vinho Verde zu Hause ist – und der Algarve auskennt, wie Zaira Ponte.
© Harald Schröder
Ich bin Mitglied im Literaturhaus und finde das Programm, das Hauke Hückstädt seit 2010 auf die Beine gestellt hat, hervorragend. Und ja: Ich finde, es ist ein Unterschied, ob man Bücher liest oder sie hört oder ob man eine Lesung mit der Autorin oder dem Autor besucht. Ich habe hier schon viele tolle Lesungen und Veranstaltungen erlebt: mit Saša Stanišić, Abbas Khider, Jean-Philippe Toussaint, Esther Kinsky, Miriam Meckel – um nur einige zu nennen. Als leidenschaftliche Lyrikleserin (meine Hausgötter heißen Gottfried Benn, Jan Wagner und Mascha Kaléko. Auch William C. Williams, Friederike Mayröcker und Ernst Jandl befinden sich in der lyrischen Hausapotheke.) freue ich mich auch sehr über die Idee der „Gedichte zum Mitnehmen“. (Im Buch steht auch, dass ich als Schülerin eine ganz ähnliche Idee hatte).
© Harald Schröder
Familie Montez
Ich war gerne und oft am alten Standort in der Breite Gasse – als der Verein noch Lola Montez hieß. Ich erinnere mich beispielsweise an eine phantastische Ausstellung mit Arbeiten des ab diesem Zeitpunkt dann mit einem Schlag bekannten Florian Heinke. Jetzt hier in den Bögen der Honsellbrücke ist der Ort weit mehr als ein Ausstellungsraum. Hier finden neben Vernissagen auch Konzerte, Partys, Poetry Slams und Performances statt. Trotzdem wirkt alles immer noch sympathisch improvisiert und steht für mich damit auch in einem wunderbaren Kontrast zur benachbarten EZB. Es gibt vielleicht gerade keine anderen Koordinaten in der Stadt, wo in so unmittelbarer Nachbarschaft zwei so komplett gegensätzliche – aber eben auch typisch Frankfurter – Institutionen quasi Seite an Seite stehen.
Als Musikbegeisterte (und Tochter von ...) freue ich mich auch sehr über Jazz Montez. Dass hier drei Jungs einfach gesagt haben: „In Frankfurt und im gesamten Rhein-Main-Gebiet gibt es nach wie vor tolle Jazzmusiker, aber es gibt neben dem Jazzkeller nur wenige Orte, an denen sie spielen können – das müssen wir ändern,“ finde ich super. Und auch sehr mutig.
Jazz ist ja nicht gerade die Musik der Stunde. Aber die Jungs sind gut vernetzt und zum Beispiel zusammen mit Emma Metzler, dem Museum Angewandte Kunst und dem Amp auch Teil der Kooperation El Barrio. Was zwangsläufig dazu führt, dass sich hier nicht nur Fusselbärte in Cordhosen – wie sonst so oft beim Jazz – treffen. Das Durchschnittsalter des Publikums liegt bei 30 Jahren. Das ist doch großartig! Sehr hübsch finde ich auch das Logo von Jazz Montez: ein kleiner Adler wie aus dem Stadtwappen, der Trompete spielt.
© Harald Schröder
Botanischer Garten
Was für ein Ort – mitten in der Stadt. Zwischen Palmengarten (zu dem der Garten offiziell gehört, aber keinen Eintritt kostet) und Grüneburgpark, die Miquelallee ganz nah, eine kleine, wenig bekannte Oase. Der Garten hat eine lange Geschichte (steht im Buch, hat mit Senckenberg zu tun). Ich liebe Gärten und Pflanzen und halte mich hier sehr gerne auf. Toll finde ich, dass die Frösche, die im Frühjahr am kleinen Teich quaken, lauter sind als der Verkehr, der von der nahegelegenen Miquelallee bei ungünstigem Wind herüberschallt. Ein solcher Garten – er gehört seit 2011 nicht mehr der Universität, sondern der Stadt – kann nur durch die engagierte Arbeit von ehrenamtlichen Mitgliedern des Freundeskreises Botanischer Garten Frankfurt am Main e. V. betrieben werden.
Auch die Projekte des Botanischen Gartens sind erwähnens- und unterstützenswert. So ist gemeinsam mit der KfW Stiftung das Projekt „Lebendige Dächer“ entstanden, das bis 2024 für mehr Dachbegrünung beitragen möchte. Es gibt übrigens auch eine richtig gut gemachte, kostenlose App mit Audioguide Texten und bebilderten Pflanzenporträts zum Senckenbergischen Arzneipflanzengarten.
© Harald Schröder
Alma
Es gibt ein wunderschönes Wort auf Portugiesisch: „Saudade“. Ein Wort, das man nur schwer übersetzen kann. Es bezeichnet ein Gefühl zwischen Sehnsucht und Wehmut, zwischen Melancholie und Fernweh. Ich glaube, ich kannte dieses Gefühl schon, noch bevor ich die ersten Zeilen von Fernando Pessoa gelesen hatte oder zum ersten Mal in Portugal gewesen bin. Und es ist genau dieses Gefühl, das mich immer wieder ins „Alma“ führt.
Meine Liebe zu Portugal ist eher langsam und fast ein wenig zögerlich entstanden. Inzwischen zieht es mich fast jedes Jahr in dieses geschichtsträchtige Land im Westen Europas. Ich mag die Menschen – ihre Gelassenheit und ihre Freundlichkeit –, ich mag den wilden Atlantik, das Essen, den Wein. Und ich freue mich sehr, dass man im „Alma“ auf wenigen Quadratmetern zumindest etwas davon bei uns in der Stadt erleben kann – und das ganz ohne Folklore. Schon allein der Handkäs‘ – mit Korianderöl, karamellisierten Mandeln und Chili – ist unbedingt einen Besuch wert. Aber es gibt natürlich noch so viele andere köstliche Gerichte der luso-iberischen Küche, die Zaira Ponte hier auf ihre eigene, ganz besondere Art zubereitet: den Oktopus etwa, die geschmorte Lammkeule oder das „Carne de porco à Alentejana“ – Schweinefleisch mit Venusmuscheln. Und dann die Weine Portugals: Sie sind hierzulande nicht so bekannt, was vielleicht auch an den für uns zum Teil nur schwer aussprechbaren Rebsorten liegt, und in Frankfurt gibt es wohl niemanden, der sich so gut mit den Weinen zwischen Rios do Minho im Norden – wo der Vinho Verde zu Hause ist – und der Algarve auskennt, wie Zaira Ponte.
© Harald Schröder
25. Juni 2020, 14.09 Uhr
Detlef Kinsler
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No Other Land
Ein Skandalfilm, der keiner sein will
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Text: Andreas Dosch / Foto: © No Other Land
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