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Fragwürdige Entscheidung der Kulturdezernentin
Ankaufsetat sorgt für Ärger
Das Kulturdezernat hat einen Ankaufsetat für das MMK bewilligt: über 500.000 Euro jährlich soll das Haus bis 2022 erhalten. Gleichzeitig sind sämtliche andere Museen von massiven Sparmaßnahmen betroffen.
Man muss eine Weile blättern im aktuellen Haushaltsentwurf, um zu den Seiten, die das Museum für Moderne Kunst (MMK) betreffen, vorzudringen. Erst ab Seite 1494 findet man die Angaben zum Etat des Museums. Schier endlose Tabellen voller Zahlen, für einen Laien auf den ersten Blick unverständlich, erwarten einen da. Wer sich einen Moment Zeit nimmt, stolpert auf Seite 1499 über die Kategorie „Erwerb bewegliches Vermögen“. Für die Jahre 2019 bis 2022 sind dort jährliche Investitionen in Höhe von 525.000 Euro vorgesehen. Erhält das MMK einen Ankaufsetat? Eine Sprecherin der Kulturdezernentin bestätigt die Annahme: „Wir sind sehr erfreut, dass es erstmals gelungen ist, für das MMK einen Etat für Ausstellungsarchitektur und den Ankauf von Sammlungsgegenständen einzurichten.“
Mit dem Beschluss des Ankaufsetats folge Ina Hartwig einer Forderung Susanne Gaensheimers, die diese kurz vor ihrem Abschied im Kulturausschuss vortrug. Die ehemalige Direktorin des MMK beklagte immer wieder die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten ihres Hauses, im April 2017 sagte sie dem Ausschuss, dass ohne einen solchen Etat – wie er übrigens noch in den 90er-Jahren existierte – die Existenz des Museums gefährdet sei. Hartwig sei das Problem durch diese Ansprache Gaensheimers noch stärker bewusst geworden und sie sei glücklich, dass die Bewilligung der jährlichen Fördersumme für das MMK einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstelle, lässt das Dezernat mitteilen. Auch andere Stimmen forderten regelmäßig die Wiedereinführung einer entsprechenden finanziellen Förderung. Die CDU rief beispielsweise mehrfach dazu auf, einen Etat für die städtischen Museen zu verabschieden, damit diese ihre Sammlungen vergrößern können.
Im März 2018 stellte außerdem die Linke einen Antrag, der im Prinzip dem entspricht, was nun beschlossen wurde. Darin heißt es: „Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen: Im Haushalt werden Mittel in Höhe von 500.000 Euro eingestellt, die dem Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main (MMK) als Ankaufsetat zur Verfügung gestellt werden.“ Als Begründung für den Antrag ist angeführt, dass das MMK „zu den weltweit bedeutendsten Museen für Gegenwartskunst“ zähle und die Möglichkeit haben müsse, die eigene Sammlung erweitern zu können. Dass nun ein Ankaufsetat möglich geworden ist, ist prinzipiell natürlich eine gute Sache – der Auf- und Ausbau von Sammlungen gehört zu den originären Aufgaben eines jeden Museums – bloß: weshalb findet sich im aktuellen Haushaltsentwurf bei keinem anderen Haus eine ähnliche Angabe zum Erwerb des beweglichen Vermögens? Im Gegenteil: dort ist man von massiven Sparmaßnahmen betroffen.
Fassungslosigkeit bei den übrigen Museen
Fragt man bei den Direktoren anderer Frankfurter Museen nach, begegnet man erwartungsgemäß ungläubigen Gesichtern. Dabei schockiere weniger die Summe an sich – eine halbe Million Euro sei durchaus angebracht, ist man sich einig – nicht nachvollziehbar sei vielmehr, dass andere Häuser bereits wegen Kleinstbeträgen mit dem Kulturdezernat streiten müssen. Vor allem seien alle, die Zuwendungen von der Stadt erhalten, dazu angehalten, zu sparen: 2 bis 4 Prozent betragen die Etat-Kürzungen, die das Dezernat bei sämtlichen anderen städtischen Kultureinrichtungen beschlossen hat. Und dies nicht nur in den Museen, allein das Schauspiel muss 1,2 Millionen Euro einsparen.
Auffällig bei den Gesprächen mit den Museen ist auch, dass niemand namentlich genannt werden möchte. Eine klare Meinung habe man schon, man verfolge das Geschehen im Kulturdezernat bereits länger mit wachsender Sorge, allerdings habe man in den vergangenen Monaten gelernt, vorsichtig zu sein. Ein Museumsleiter sagt deutlich, dass er sich aufgrund verschiedener Konflikte in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr traue, sich öffentlich frei zu äußern.
Im Kulturdezernat versichert man, dass man bemüht sei, auch den übrigen Frankfurter Museen ähnliche finanzielle Fördermittel zukommen zu lassen. Man befinde sich im engen Austausch mit den Leitern und Leiterinnen der anderen Häuser und überlege gemeinsam, wie eine Unterstützung am sinnvollsten stattfinden könne: „Wir versuchen, für alle Häuser etwas zu tun.“ Davon scheint man am Museumsufer nicht überzeugt zu sein. Fest steht, dass das Kulturdezernat mit dem grundlegenden Paradigma, welches die vergangenen Jahre die Frankfurter Museumspolitik bestimmte, bricht: Mit der Ausstattung des MMK mit einem gesonderten Etat für Sammlungsankäufe ist die Zeit der Gleichbehandlung unter den städtischen Häusern de facto passé. Die Kulturdezernentin steht nun unter Zugzwang: Macht sie ihr Versprechen gegenüber den übrigen Museen nicht zeitnah wahr, könnte dies die bisherige Harmonie unter den Frankfurter Institutionen ernsthaft gefährden.
Mit dem Beschluss des Ankaufsetats folge Ina Hartwig einer Forderung Susanne Gaensheimers, die diese kurz vor ihrem Abschied im Kulturausschuss vortrug. Die ehemalige Direktorin des MMK beklagte immer wieder die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten ihres Hauses, im April 2017 sagte sie dem Ausschuss, dass ohne einen solchen Etat – wie er übrigens noch in den 90er-Jahren existierte – die Existenz des Museums gefährdet sei. Hartwig sei das Problem durch diese Ansprache Gaensheimers noch stärker bewusst geworden und sie sei glücklich, dass die Bewilligung der jährlichen Fördersumme für das MMK einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstelle, lässt das Dezernat mitteilen. Auch andere Stimmen forderten regelmäßig die Wiedereinführung einer entsprechenden finanziellen Förderung. Die CDU rief beispielsweise mehrfach dazu auf, einen Etat für die städtischen Museen zu verabschieden, damit diese ihre Sammlungen vergrößern können.
Im März 2018 stellte außerdem die Linke einen Antrag, der im Prinzip dem entspricht, was nun beschlossen wurde. Darin heißt es: „Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen: Im Haushalt werden Mittel in Höhe von 500.000 Euro eingestellt, die dem Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main (MMK) als Ankaufsetat zur Verfügung gestellt werden.“ Als Begründung für den Antrag ist angeführt, dass das MMK „zu den weltweit bedeutendsten Museen für Gegenwartskunst“ zähle und die Möglichkeit haben müsse, die eigene Sammlung erweitern zu können. Dass nun ein Ankaufsetat möglich geworden ist, ist prinzipiell natürlich eine gute Sache – der Auf- und Ausbau von Sammlungen gehört zu den originären Aufgaben eines jeden Museums – bloß: weshalb findet sich im aktuellen Haushaltsentwurf bei keinem anderen Haus eine ähnliche Angabe zum Erwerb des beweglichen Vermögens? Im Gegenteil: dort ist man von massiven Sparmaßnahmen betroffen.
Fassungslosigkeit bei den übrigen Museen
Fragt man bei den Direktoren anderer Frankfurter Museen nach, begegnet man erwartungsgemäß ungläubigen Gesichtern. Dabei schockiere weniger die Summe an sich – eine halbe Million Euro sei durchaus angebracht, ist man sich einig – nicht nachvollziehbar sei vielmehr, dass andere Häuser bereits wegen Kleinstbeträgen mit dem Kulturdezernat streiten müssen. Vor allem seien alle, die Zuwendungen von der Stadt erhalten, dazu angehalten, zu sparen: 2 bis 4 Prozent betragen die Etat-Kürzungen, die das Dezernat bei sämtlichen anderen städtischen Kultureinrichtungen beschlossen hat. Und dies nicht nur in den Museen, allein das Schauspiel muss 1,2 Millionen Euro einsparen.
Auffällig bei den Gesprächen mit den Museen ist auch, dass niemand namentlich genannt werden möchte. Eine klare Meinung habe man schon, man verfolge das Geschehen im Kulturdezernat bereits länger mit wachsender Sorge, allerdings habe man in den vergangenen Monaten gelernt, vorsichtig zu sein. Ein Museumsleiter sagt deutlich, dass er sich aufgrund verschiedener Konflikte in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr traue, sich öffentlich frei zu äußern.
Im Kulturdezernat versichert man, dass man bemüht sei, auch den übrigen Frankfurter Museen ähnliche finanzielle Fördermittel zukommen zu lassen. Man befinde sich im engen Austausch mit den Leitern und Leiterinnen der anderen Häuser und überlege gemeinsam, wie eine Unterstützung am sinnvollsten stattfinden könne: „Wir versuchen, für alle Häuser etwas zu tun.“ Davon scheint man am Museumsufer nicht überzeugt zu sein. Fest steht, dass das Kulturdezernat mit dem grundlegenden Paradigma, welches die vergangenen Jahre die Frankfurter Museumspolitik bestimmte, bricht: Mit der Ausstattung des MMK mit einem gesonderten Etat für Sammlungsankäufe ist die Zeit der Gleichbehandlung unter den städtischen Häusern de facto passé. Die Kulturdezernentin steht nun unter Zugzwang: Macht sie ihr Versprechen gegenüber den übrigen Museen nicht zeitnah wahr, könnte dies die bisherige Harmonie unter den Frankfurter Institutionen ernsthaft gefährden.
6. November 2018, 12.49 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
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