Expedition Happiness und Wanderer

Auf der Suche nach Glück

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Sich treiben lassen und völlig frei die Welt erkunden – das ist das Motto von Sängerin Mogli und Filmemacher Felix Starck, die uns mit ihrem Film „Expedition Happiness“ und der CD „Wanderer“ daran teilhaben lassen.

Detlef Kinsler /

JOURNAL FRANKFURT: Wann genau bist Du eigentlich von Frankfurt nach Berlin gegangen?

Mogli: Umgezogen nach Berlin bin ich erst im August 2015 und im Februar 2016 ging es ja schon los. Nach der Reise sind wir nach Hamburg gezogen.

Warum zunächst Berlin – aus künstlerischen oder privaten Gründen oder gar beidem?

Das war so eine Mischung aus beidem. Eigentlich aus beruflichen Gründen, da ich wegen Musik und Film wahnsinnig oft nach Berlin fahren musste. Dann war es aber eher eine private Entscheidung, dass ich keine Lust hatte so oft hin und her zu fahren. Obwohl mir Frankfurt eigentlich als Stadt viel lieber war, wurde es dann Berlin.

Wie stark fühlst Du Dich auch weiterhin Frankfurt verbunden? Du hast ja Deine Wurzeln hier?

Ich bin in Frankfurt geboren und groß geworden und meine Familie wohnt hier, deswegen bin ich natürlich noch oft hier. Ich bin aber sowieso ein sehr heimatverbundener Mensch und liebe mein Nordend für seinen Dorfcharakter in der Großstadt.

Ein Film hat Dich und Felix im fernen Kambodscha zusammengebracht,
musste es ein Filmprojekt sein, um eure Beziehung noch enger werden zu
lassen? Kann man „Expedition Happiness" also so oder so ähnlich sehen?


Seit wir zusammen sind ist klar, dass wir gemeinsam durchs Leben gehen möchten. Wir brauchten also keine Reise, um noch enger zusammenwachsen. Vielmehr sind wir uns gegenseitig Zuhause genug und können so ohne Heimweh gemeinsam die Welt erkunden. Aber wir sind auch in Deutschland fast immer zusammen und haben viel Freude daran gemeinsam zu arbeiten. Ein neues Filmprojekt hat da perfekt gepasst.

War das ein Langzeitprojekt von Felix oder eher eine gemeinsame Ad hoc-Entscheidung?

Der Umzug nach Berlin war – wie schon gesagt – keine Herzensentscheidung und wir haben uns dort nie so richtig wohl gefühlt. Es war zwar kreativ, aber auch laut und dreckig und wir wollten einfach nochmal raus aus der Stadt. Die Entscheidung für eine neue Reise fiel völlig spontan bei einer Pizza, am nächsten Tag haben wir online einen alten Schulbus gekauft und knapp drei Wochen später saßen wir schon im Flieger. Dazwischen lag eine Menge Stress, denn wir haben die Wohnung aufgelöst und unser Eigentum verkauft – aber das war auch gut so, denn dann blieb keine Zeit zu planen. Dass wir einen neuen Film machen wollen und ich mir Inspiration für mein zweites Album erhoffte war von Anfang an klar, aber die schönsten Dinge passieren nun mal ohne Drehbuch.

Was war der größte Reiz dieses Abenteuers? Den eigenen Schweinehund zu überwinden bei der aufwendigen Vorbereitung wie dem Umbau des Busses? Die Konfrontation mit den Naturgewalten? Das auch auf sich selbst zurück geworfen zu werden? Die Hoffnung, auf diesem Weg dem Glück (noch) näher zu kommen?

Der größte Reiz war es auf eine große Reise zu gehen und dabei trotzdem ein Stück Zuhause dabei zu haben. Felix war bereits ein Jahr mit dem Fahrrad unterwegs und ich habe ihn in Neuseeland sechs Wochen begleitet. Darauf hatten wir keine Lust mehr. Trotzdem wollten wir gerne so naturverbunden wie möglich reisen. Mit dem ausgebauten Bus waren wir völlig autark, wir hatten eine Solaranlage, Wassertanks etc. und konnten uns so mitten in Alaska, im Dschungel in Mexiko oder am Strand einen schönen Schlafplatz suchen. Für uns war diese Vorstellung ziemlich nah dran am perfekten Leben und somit auch am Glück. Dass wir den Bus erst umbauen mussten, haben wir dabei dezent ignoriert und waren nach drei Monaten körperlicher Arbeit erst mal ziemlich durch. Wir haben aber auch wahnsinnig viel gelernt und das Gefühl, dass dieser Bus durch unsere Hände entstanden ist war unbeschreiblich.

Warum sollte die Reise von Alaska nach Mexiko gehen?

Wir hatten gar keine Reiseroute. Wir haben in den USA angefangen und sind als unser Visum ausgelaufen ist nach Kanada gefahren. Nachdem wir Kanada durchquert hatten ging es nach Alaska und von dort immer weiter in den Süden. Wir hatten auch keinen festen Zeitrahmen, denn wir wollten einfach immer weiter fahren bis wir keine Lust mehr haben. Warum es dann in Mexiko vorbei war hatte andere Gründe, aber ich will ja nicht das Ende unseres Films vorwegnehmen.

Es ist ja – so viel verrät allein der Trailer – ein bildgewaltiger Film und trotzdem ist es ja aufgrund der „Versuchsanordnung" (ein Paar + Hund + [alter] Technik, sprich dem Bus) auch ein sehr intimer Ansatz ...

Bei unserem Projekt liegt das Augenmerk auf unserer persönlichen Reise. Wir könnten uns ja auch nie anmaßen, das Rezept zum Lebensglück für alle zu suchen, sondern nur herausfinden, was uns glücklich macht. Dazu gehört für uns die atemberaubende Schönheit der Natur, aber auch die Begegnungen mit Einheimischen. Wir haben einfach alles festgehalten was passiert ist und es ging auch einiges schief. Unterwegs war das nicht immer schön, aber mit ein bisschen Abstand können wir sagen, dass das dem Film natürlich guttut, dass nicht immer Friede Freude Eierkuchen war. Es war ein einziges Auf und Ab und solche Hoch- und Tiefpunkte haben etwas mit uns gemacht. Deswegen lautet die Antwort auf die Frage nach dem Glück am Ende der Reise und auch am Ende des Films auch ganz anders als wir zunächst dachten.

Was waren die aufregendsten Momente unterwegs? Wurde es irgendwann auch bedrohlich und gefährlich? Was habt ihr von der Reise mit zurückgebracht?

Am aufregendsten für uns war es einen Grizzly in freier Wildbahn zu sehen. Er stand keine fünf Meter von unserem Bus und hat genüsslich Gras gefressen – wir konnten unsere Augen nicht von ihm lösen und waren noch einige Tage ganz hibbelig vor Freude über diesen besonderen Moment. Es gab auch brenzlige Situationen, so waren wir zum Beispiel ohne es zu wissen auf einen Kaffee Zuhause bei einem der größten Drogenbarone Mexikos. Der war aber uns gegenüber nicht „gefährlich", sondern ziemlich nett und interessant. Dafür hat uns eines Nachts die mexikanische Armee umzingelt mit großen Trucks und Schnellschusswaffen, wie aus dem Krieg. Das war schon ein sehr mulmiges Gefühl. Insgesamt wurden wir aber wie immer für unser Vertrauen belohnt. Wir sind der Meinung, dass einem die Menschen nichts Böses wollen und dir vor allem so begegnen wie du ihnen. Mit dieser Einstellung ist uns nicht nur noch nie etwas wirklich Schlimmes passiert, sondern wir haben gerade dadurch die schönsten Begegnungen gehabt.

Die neue CD, die parallel zum Filmstart erscheint, ist mehr als ein Soundtrack und trotzdem – die Songtitel signalisieren es ja schon – von der Reise inspiriert: „Winter Sun“, „Road Holes“, „Alaska“, „Riverside“, „Flood“, „Spirits“ etc. entstanden einige (gar alle) Songs auch on the road als eine Art Tourtagebuch, wurde "on location" geschrieben und sind sie der Versuch, die optischen Eindrücke akustisch adäquat umzusetzen und auch das Erlebte hörbar zu machen? Bei „Winter Sun" hat man den Eindruck, als habe indianischer Pow Wow seine Spuren hinterlassen oder geht da meine Phantasie mit mir durch?

Alle Songs meines neuen Albums haben ihren Ursprung auf dieser Reise. Ich hatte Gitarre und Klavier dabei und mit dem Bus waren wir nicht auf Campingplätze angewiesen, sondern konnten uns mitten ins Nichts stellen. Dort habe ich dann Musik gemacht und Texte geschrieben, über mich und das Leben. Alleine inmitten von gewaltiger Natur habe ich mein Innerstes nach außen gekehrt und gleichzeitig mein überwältigendes Umfeld verarbeitet und genau das hört man auch. Ich habe versucht die epische Weite einzufangen und mit Chören und Paukensounds wiederzugeben. Andere Songs hingegen fangen die Stimmung ganz intim und reduziert nur mit einem Flügel ein. Auch die Songtexte sind bildhafte Metaphern inspiriert beispielsweise von Gletschern und dem Grand Canyon und beschreiben was diese Natur und die Reise mit mir gemacht hat.

Die Musik auf dem Album besticht ja auch durch natürliche Klänge, Wärme, Nähe, Intimität, alles ganz sicher Teil der Botschaft?

Natürliche Klänge, Wärme, Nähe, all das sind Dinge, die man nicht planen kann. Sie sind nicht Teil einer Botschaft, sondern einfach intuitiv aus mir herausgekommen. Ich habe mit dem Songwriting unterwegs angefangen und mich dann mit Musikern und einem tollen Produzenten zwei Wochen im Studio eingeschlossen, um meinen Sound weiter zu formen. Wir haben jeden Song alle zusammen live eingespielt und ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis.

Das Bild des Wanderers, der frohen Mutes und festen Schrittes unterwegs ist, um sich seine Umwelt zu erobern, ist ja in der Kulturgeschichte auch ein zutiefst romantisches Bild ...

Für mich hat dabei vor allem die englische Bedeutung von „to wander” – umherziehen oder umherschweifen eine Rolle gespielt. Sich treiben lassen und völlig frei die Welt erkunden hat aber auf jeden Fall etwas Romantisches.

Gedankenverloren, Wahrheiten auf der Spur, in sich gekehrt, kommunikativ – wie passen für Dich Melancholie und Lebensfreude zusammen?

Ich bin ein lebensfroher Mensch, ich mag mein Leben und bin sehr glücklich –trotzdem kommen immer wieder diese melancholischen fast schon traurigen Songs aus mir heraus. Ich kann absolut nicht sagen wieso. Nur, dass es anscheinend zusammenpasst, da es sich in mir vereint. Ich glaube es hat etwas mit Emotionalität zu tun. Ich höre eigentlich auch nur traurige Musik, da sie mich berührt und deswegen glücklich macht.

Zum Vormerken: am 29. Oktober kommt Mogli mit Band in der Brotfabrik.

Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.
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