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Eröffnung von Körper-Ich und Roots

"So haben Sie den Kunstverein noch nie gesehen!"

Der Frankfurter Kunstverein eröffnet am Freitagabend gleich zwei Ausstellungen. Es geht um den "Körper im Zeitalter digitaler Technologien" und um indonesische Kunst – und beides passt wunderbar zusammen.
Die Direktorin des Frankfurter Kunstvereins, Franziska Nori, ist noch nicht mal ein Jahr im Amt – und hat das Haus dennoch schon nachhaltig verändert. Die letzten beiden Ausstellungen von Trevor Paglen und Thomas Feuerstein sorgten schon für bundesweite Aufmerksamkeit, wurden nur drei Wochen nacheinander eröffnet. Nun folgt eine Doppelpremiere: Am Freitagabend eröffnen die Ausstellungen "Roots: Indonesian Contemporary Art" und "Körper-Ich: Körper im Zeitalter digitaler Technologien". Wie auch schon bei Feuerstein und Paglen ist spürbar, wie sich beim Gang durch das Ausstellungshaus die beiden Themen gedanklich vermählen. "Ich verspreche Ihnen: So haben Sie den Kunstverein noch nie gesehen", sagt Kulturdezernent Felix Semmelroth.

Das fängt schon bei der Fassade an. Der indonesische Künstler Joko Avianto hat ihn mit Bambusstangen verziert, wobei das eigentlich zu kurz gefasst ist: Wie schmückende Bäume schmiegen sich die rundgeformten Hölzer an die alte Fassade des Steinernen Hauses – auch, so Franziska Nori, ein Verweis auf die Akazienbäume, die den Vorhof des Kunstvereins einst schmückten und wegen des Dom-Römer-Projekts weichen mussten. Wer vor der Bambus-Installation steht, wünscht sich jedenfalls, sie möge möglichst lange bleiben. Zumindest auf tausenden Fotos von Passanten wird sie ihren Platz finden.

Die Fotomotive setzen sich im Inneren fort. Eko Nugroho hat das Foyer und das 50er-Jahre-Treppenhaus mit großformatigen, bunten Wandgemälden verziert – "We are all migrants" schallt es vom Aufgang auf die Besucher herunter und zeitaktueller wird man ja auch selten von einem Ausstellungshaus empfangen. So aber arbeitet Eko Nugroho, kritische gesellschaftspolitische Fragestellungen ziehen sich durch alle seine Werke, die zudem geschickt die Architektur des Hauses mit einbeziehen – etwa indem runde Deckenleuchten zu Augen eines großen Tentakelmonsters werden.

Im ersten Stock finden sich Werke von Jompet Kuswidanato und dem Künstlerkollektiv Tromarama. Letzteres hat den großen Saal des Kunstvereins mit 230 bestickten Tüchern geschmückt, sie sehen nur auf den ersten Blick identisch aus, eine Projektion zeigt die Motive in Endlosschleife: Ein Mann in westlicher Bürokleidung läuft immer wieder auf den Betrachter zu, während seine Figur von einer digitalen Zeitanzeige überlagert wird. Tradition und Moderne – und genau hier liegt auch einer der Ansatzpunkte verborgen, der auf die Ausstellung Körper-Ich verweist. Im Stockwerk drüber zeigen die Künstler Yuri Ancarani, Kate Cooper, Melanie Gilligan und Thomas Thwaites nämlich die Veränderungen des Körpers durch Prothesen, durch digitale Produkte, kurzum das Mensch-Sein in der Übergangsphase zum Cyberwesen. So hat Thomas Thwaites eine Konstruktion entwickelt, die ihn in den Gang einer Ziege zwingt – und tatsächlich hat der Künstler einige Tage als Teil einer Tierherde in den Schweizer Bergen verbracht – das kann man leise lächelnd als Posthumanismus abtun oder sich aber auf das Gedankenexperiment einlassen, was wir eigentlich sind, wenn unser Körper ein anderer ist.

Dieser Synapsensprung führt uns schließlich wieder zurück in den ersten Stock: Jompet Kuswidanato hat Schuhe, Teile von Motorrädern und Kleidungsstücke so angeordnet, dass die Körper wie unsichtbar erscheinen. Ein Effekt, der durch Geräusche und die künstliche Belebung der Körperhüllen über elektrische Impulse noch verstärkt wird. Ja, in der Tat: So haben wir den Kunstverein noch nie gesehen.

>> "Roots: Indonesian Contemporary Art" und "Körper-Ich: Körper im Zeitalter digitaler Technologien"
bis 10. Januar 2016 im Frankfurter Kunstverein, Römerberg, Di–Fr 11–19 Uhr, Do 11–21 Uhr, Sa–So 10–19 Uhr, Eintritt: 8 Euro
Eröffnung: 25. September 2015, 19 Uhr
 
Fotogalerie: Roots im Kunstverein
Web: www.fkv.de
 
25. September 2015, 11.49 Uhr
Nils Bremer
 
 
 
 
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