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Emirsian & Friends auf der „Sommerwiese“
Hoffnung spenden
Mit „Lezoon“ stellte der Frankfurter Musiker Aren Emirze im Sommer ein neues Emirsian-Album vor. Am Sonntag wird er es nun in großer Besetzung mit illustren Gästen auf der „Sommerwiese“ an der Jahrhunderthalle live präsentieren.
Als 2006 mit „A Gentle Kind Of Desaster“ sein erstes Soloalbum unter dem Namen Emirsian erschien, kannte man Aren Emirze schon als Sänger und Gitarrist des Noise Rock-Trios Harmful. Mit dem hatte er bis dato vierzehn Jahre lang die deutsche Alternative-Szene bereichert. Seine Platten nahm er für Major- und Independent-Labels auf, arbeitete mit Dave Sardy, der unter anderem mit Bush, Slayer oder Marilyn Manson im Studio war, und gewann für das siebte Album der Band, schlicht „7“ genannt, Billy Gould als Produzenten. Der kam sogar für eine gemeinsame Tournee über den großen Teich und war danach derart euphorisiert, dass er seinen Frontmann Mike Patton tatsächlich zu einem Comeback von Faith No More überzeugte.
Beim Konzert der US-Stars in der Jahrhunderthalle im Juni 2009 durften Harmful als Dankeschön den Abend eröffnen. Schließlich hatten sie Schicksal gespielt. Faith No More gibt es nach wie vor, Harmful lösten sich 2014 nach dem neunten Longplayer „Sick And Tired Of Being Sick And Tired“ (ein wahrhaft programmatischer Titel) auf. Bis dahin hatte der gebürtige Frankfurter sein Emirsian-Album längst etabliert – als leises, akustisches Projekt, mal solo, mal mit kleiner Band und zu speziellen Anlässen, wie einem Auftritt in der Dreikönigskirche.
Frei nach Goethe hieß es zu Emirzes Wandel zum Singer/Songwriter „Zwei Seelen wohnen, ach! in seiner Brust“. Nach dem Tod des geliebten Vaters fand er im Nachlass eine Musikkassette mit Liedern von ihm, was ihn veranlasste tiefer in die armenische Kultur einzutauchen. Auf Platten wie „Yelg“ und „Accidentally In Between“ trafen Merseyside und Westcoast auf den Kaukasus, auf „Papak“ vertonte er armenische Poesie. Auf der neuen CD „Lezoon“ gibt es Zeilen der 94-jährigen Zahuri Berberian, die er immer zum Texten in seinen Armenien-Urlauben traf. „Im Titelsong geht es um die Wertschätzung der Sprache, dass man sie sprechen, pflegen muss, dass sie nicht in Vergessenheit gerät“, erklärt Emirze. „Ich bin nicht groß geworden in einer armenischen Community, aber trotzdem habe ich diese Liebe und Verantwortung in mir, diese Sprache weiterzugeben, zum Beispiel an meine Tochter.“
Sogar den Völkermord an den Armenier:innen hat er schon angesprochen, nicht ohne ihn mit einem Aufruf zur Versöhnung zu verbinden. Insofern ist Emirsians Musik politisch, das Poetische und Persönliche hat aber für Emirze Priorität. Auf „Lezoon“ ist die Liebe ein zentrales Thema. Und die Trennung von der Mutter seiner dreizehnjährigen Tochter Veron. Zum ersten Mal gibt es neben englischen und armenischen zudem deutsche Texte. „Zerschlagenes Herz“ beruht auf einem Gedicht von Konstantin Wecker, mit dem er liebend gern ein Stück aufgenommen hätte. Wegen Corona war das nicht zu realisieren. „Lichtjahre“ stammt aus der Feder von Tobias Friedrich und beschreibt die Entfremdung, wie Emirze sie erlebte. „Wolken“ zum Abschluss des Albums thematisiert – gesungen von Veron (auf unserem Foto mit ihrem Vater) – die Trennung aus der Sicht des Kindes, das seinen Vater vermisst, weil er nicht mehr mit der Familie zusammen lebt. „Das Lied hat ihr tatsächlich geholfen, über die Situation hinwegzukommen“, so Emirze.
Zwei weitere Gäste konnten für „Lezoon“ gewonnen werden. Der türkischstämmige Ex-Blackmail-Sänger Aydo Abay, mit dem Emirze die Gruppe Musa Dagh gegründet hat, singt „End Of Time“, von „Verchin Toure“ konnte er Serj Tankian von der Kultband System Of A Down aus Kalifornien überzeugen. „Ich habe ihn einfach angeschrieben, er meldete sich zurück, ,Wow, superschönes Lied’, und hat dann noch eine Idee für eine dritte Strophe eingebracht“, schwärmt Emirze und überließ ihm die Leadstimme. „Mein Ego ist nicht so groß, dass ich sage, ich will dominant auf dieser Platte sein. Für mich hat Vorrang, dass ein Album interessant und schön wird, da bin ich offen, mit anderen zusammenzuarbeiten“, sagt Emirze.
Für „Lezoon“ nahm er wieder mit Oli Rüger im Tonstudio Bieber auf. Der Produzent versteht es, mit seinen Klangtexturen und dezentem Programming die Kompositionen atmosphärisch zu bereichern. „End Of Time“ sollte ursprünglich der Schlusssong werden. Der war Emirze in Zeiten wie diesen doch zu apokalyptisch. Emirsians Musik ist immer von Melancholie durchdrungen. „,Wolken‘ hat auch etwas Trauriges, ist aber ein Mutmachsong mit der Aussage, die Hoffnung nie zu verlieren.“ Überhaupt gilt es, wachzurütteln. „Die Menschen müssen jetzt einfach umdenken“, betont Emirze, „sich hinter die Natur stellen, damit zukünftige Generationen einen Platz vorfinden, um zu überleben.“
Am Sonntag, 12. September, kann man Emirsian & Friends im Rahmen der „Sommerwiese“ an der Jahrhunderthalle mit vielen Gästen live erleben. Schon um 17 Uhr steht die Band Proechòs auf der Bühne und begrüßt die griechischen Freundinnen und Freunde Vasilis Lekkas, Nantina Kyriazi und das Trio Yorgos Kazantzis.
Beim Konzert der US-Stars in der Jahrhunderthalle im Juni 2009 durften Harmful als Dankeschön den Abend eröffnen. Schließlich hatten sie Schicksal gespielt. Faith No More gibt es nach wie vor, Harmful lösten sich 2014 nach dem neunten Longplayer „Sick And Tired Of Being Sick And Tired“ (ein wahrhaft programmatischer Titel) auf. Bis dahin hatte der gebürtige Frankfurter sein Emirsian-Album längst etabliert – als leises, akustisches Projekt, mal solo, mal mit kleiner Band und zu speziellen Anlässen, wie einem Auftritt in der Dreikönigskirche.
Frei nach Goethe hieß es zu Emirzes Wandel zum Singer/Songwriter „Zwei Seelen wohnen, ach! in seiner Brust“. Nach dem Tod des geliebten Vaters fand er im Nachlass eine Musikkassette mit Liedern von ihm, was ihn veranlasste tiefer in die armenische Kultur einzutauchen. Auf Platten wie „Yelg“ und „Accidentally In Between“ trafen Merseyside und Westcoast auf den Kaukasus, auf „Papak“ vertonte er armenische Poesie. Auf der neuen CD „Lezoon“ gibt es Zeilen der 94-jährigen Zahuri Berberian, die er immer zum Texten in seinen Armenien-Urlauben traf. „Im Titelsong geht es um die Wertschätzung der Sprache, dass man sie sprechen, pflegen muss, dass sie nicht in Vergessenheit gerät“, erklärt Emirze. „Ich bin nicht groß geworden in einer armenischen Community, aber trotzdem habe ich diese Liebe und Verantwortung in mir, diese Sprache weiterzugeben, zum Beispiel an meine Tochter.“
Sogar den Völkermord an den Armenier:innen hat er schon angesprochen, nicht ohne ihn mit einem Aufruf zur Versöhnung zu verbinden. Insofern ist Emirsians Musik politisch, das Poetische und Persönliche hat aber für Emirze Priorität. Auf „Lezoon“ ist die Liebe ein zentrales Thema. Und die Trennung von der Mutter seiner dreizehnjährigen Tochter Veron. Zum ersten Mal gibt es neben englischen und armenischen zudem deutsche Texte. „Zerschlagenes Herz“ beruht auf einem Gedicht von Konstantin Wecker, mit dem er liebend gern ein Stück aufgenommen hätte. Wegen Corona war das nicht zu realisieren. „Lichtjahre“ stammt aus der Feder von Tobias Friedrich und beschreibt die Entfremdung, wie Emirze sie erlebte. „Wolken“ zum Abschluss des Albums thematisiert – gesungen von Veron (auf unserem Foto mit ihrem Vater) – die Trennung aus der Sicht des Kindes, das seinen Vater vermisst, weil er nicht mehr mit der Familie zusammen lebt. „Das Lied hat ihr tatsächlich geholfen, über die Situation hinwegzukommen“, so Emirze.
Zwei weitere Gäste konnten für „Lezoon“ gewonnen werden. Der türkischstämmige Ex-Blackmail-Sänger Aydo Abay, mit dem Emirze die Gruppe Musa Dagh gegründet hat, singt „End Of Time“, von „Verchin Toure“ konnte er Serj Tankian von der Kultband System Of A Down aus Kalifornien überzeugen. „Ich habe ihn einfach angeschrieben, er meldete sich zurück, ,Wow, superschönes Lied’, und hat dann noch eine Idee für eine dritte Strophe eingebracht“, schwärmt Emirze und überließ ihm die Leadstimme. „Mein Ego ist nicht so groß, dass ich sage, ich will dominant auf dieser Platte sein. Für mich hat Vorrang, dass ein Album interessant und schön wird, da bin ich offen, mit anderen zusammenzuarbeiten“, sagt Emirze.
Für „Lezoon“ nahm er wieder mit Oli Rüger im Tonstudio Bieber auf. Der Produzent versteht es, mit seinen Klangtexturen und dezentem Programming die Kompositionen atmosphärisch zu bereichern. „End Of Time“ sollte ursprünglich der Schlusssong werden. Der war Emirze in Zeiten wie diesen doch zu apokalyptisch. Emirsians Musik ist immer von Melancholie durchdrungen. „,Wolken‘ hat auch etwas Trauriges, ist aber ein Mutmachsong mit der Aussage, die Hoffnung nie zu verlieren.“ Überhaupt gilt es, wachzurütteln. „Die Menschen müssen jetzt einfach umdenken“, betont Emirze, „sich hinter die Natur stellen, damit zukünftige Generationen einen Platz vorfinden, um zu überleben.“
Am Sonntag, 12. September, kann man Emirsian & Friends im Rahmen der „Sommerwiese“ an der Jahrhunderthalle mit vielen Gästen live erleben. Schon um 17 Uhr steht die Band Proechòs auf der Bühne und begrüßt die griechischen Freundinnen und Freunde Vasilis Lekkas, Nantina Kyriazi und das Trio Yorgos Kazantzis.
7. September 2021, 16.51 Uhr
Detlef Kinsler
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19. November 2024
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