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Eine Hommage an Jocco Abendroth
Gegen den Strom
Am 28. August wäre der einzig ernstzunehmenden Rock’n’Roller Frankfurts 60 Jahre alt geworden. Mit Songs und Botschaften wie „Herzen müssen brennen“ hat er Spuren hinterlassen. Erinnerungen und Würdigungen zum runden Geburtstag.
„Sehnsucht ist auf alle Fälle eins der Gefühle, die Joccos Musik anspricht. für mich war es aber in erster Linie der Aufbruch, die Suche nach eigener Identität, das Nichtzufriedengeben mit dem vorgefertigten Rahmen, in den sich das Leben so schnell einpasst, wenn man sich nicht beständig gegen den Strom bewegt. Hier war einer, der mich dazu ermutigte, um der eigenen Seele willen gegen den Strom zu schwimmen. Ein Dichter und Denker (auch wenn er mit Goethe zusammen Geburtstag hat) ist Jocco für mich nicht explizit, dazu müsste man ihn an einen Tisch setzen mit Leuten, deren Gesellschaft weder er schätzen würde noch umgekehrt.
Er war eine Galleonsfigur, die genug Mut und Verzweiflung besaß, ihr Leben bis zum äußersten zu leben und auszuprobieren und die diesen Weg in mit großer Begabung gewählten Worten für alle dokumentierte, die nicht den gleichen Mut finden und nur davon träumen, Abenteurer zu sein. Er ist gut vergleichbar mit einem jungen Wilhelm Meister. und hat ein paar immens gute Sätze in Songs hinterlassen, die sich vor Goethe nicht zu verstecken brauchen.“ Tom Ripphahn (singt bei Abendroth Joccos Lieder)
„Mit fällt nur ein einziger Satz ein: Zu nah an der Sonne. Das hat er ja auch gesungen." Ardi Goldman, Immobilien-Investor
„Ja, das ist schon der Wahnsinn, seit über 6 Jahren ist Jocco jetzt schon nicht mehr hier. Und es vergeht kaum ein Tag an dem ich nicht an ihn denke - besonders bei sehr schönen Ereignissen wie zum Beispiel unserem Konzert im Juli im Günthersburgpark beim Stoffel. Da wünschte ich mir, es wäre super wenn er jetzt dabei wäre. Zum Glück bleibt uns die Musik, die für mich nichts von ihrer Ausdruckskraft verloren hat.“ Muli Müller, Gitarrist Abendroth
„Für mich war er immer das deutsche Pendant zu John Mellenkamp. Hätte er seine Energien besser gebündelt, hätte er, meines Erachtens, bundesweit durchstarten können.“ Jürgen Zöller, BAP
„In der Frankfurter Musiker Szene Anfang 80er Jahre traf ich Jocco, umringt von ein paar meiner Musikerkollegen wie den sehr geschmackvoll spielenden Gitarristen Muli Müller und Keyboarder Howard Scarr. Jocco präsentierte sich mit eigene Titeln in deutscher Sprache, absolut würdig neben Udo Lindenberg, Spliff, Klaus Lage, den Austria-Liedermachern. Der gebürtige Bad Camberger überraschte mich mit seiner musikalischen Handschrift, ging die doch in Richtung Jackson Brown, Little Feet, und auf der anderen Seite Rio Reiser (Ton Steine Scherben). Rockig, groovig, Blues-inspiriert, Latineinflüsse kamen später dazu, genau mein Geschmack. Besonders hervorgehoben hat sich Jocco mit seinen eigenwilligen Texten, die was mitzuteilen hatten und kein flacher Mist waren. Jocco war ein Individualist. Sein erster Erfolg war 1987 der Titel „Herzen müssen brennen“, zu der Zeit noch mit Saxophonsolo und meiner Mitwirkung. Abendroth ist leider nicht so richtig mit seiner Band nach vorne gekommen wie wir uns das alle gewünscht hätten. Jocco und seine Band haben immer mit sehr viel Engagement und Spielfreude agiert. Wir waren stolz auf unsere Band! Christian Felke, Saxofonist u.a. bei Rainhard Fendrich, Klaus Lage
„Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass die Begegnung mit Jocco Ende 95 mein musikalisches Denken und damit auch mein Spielen als Percussionist entscheidend geprägt hat. Für mich „gab“ es damals nur Miles Davis, Prince und natürlich Salsa und dann hörte ich die Demos vom ,Havana’-Album. Als wäre es völlig normal hat Jocco da kubanische Einflüsse, ob Rumba oder die religiösen afro-kubanischen SanteriaRhythmen in seine Musik integriert, und nicht einmal einen Takt klang es konstruiert oder aufgesetzt. Ry Cooder und die Buena Vista-Trilogie war noch lange nicht da, genauso wenig wie Santanas ,Supernatural’-Album. Für mich war er sozusagen die Brücke zur Rockmusik und wegen ihm habe ich heute u.a. Mellencamp-Scheiben im Regal stehen. Wenn ich seine Songs höre, laufen in meinem Kopf die passenden Videos dazu ab. Mal traurig, mal lustig, aber mit Groove. „El tiene mucho swing“, wie der Kubaner sagt.“ Mark Collazo, Percussionst (Bongolei)
„Ja, der Gute, er geht mir zigmal im Jahr durch den Kopf. 100%ig!!! Und seine Songs von ,Havana’ bis ,Tänzer’ sind nach wie vor grandios und suchen auf ewig ihresgleichen. Solche Songs wird in Deutschland keiner mehr schreiben. Und schon gar nicht mit diesem Spirit. Gegen Jocco sind 95% der Songwriter nur heiße Luft.“. Mario Burkhard, Agentur mes-pap
„,Aggayu’, der Eröffnungstitel des Albums ,Havana’ von Jocco Abendroth, hatte mich damals, 2004, sehr beeindruckt, weil es eine gelungene und seltene Stilmischung aus deutschsprachiger Rockmusik und afro-kubanischer Rhythmik präsentierte. Eine solch organische Verschmelzung von Rockmusik mit deutschen Texten und karibisch-kubanischen Salsa-Elementen hatte man zuvor in Deutschland noch nicht gehört. Seine Begeisterung für die kubanische Musik war nicht aufgesetzt und die karibische Lebensart kannte er nicht nur vom Hörensagen. Anfang der Neunzigerjahre kam er auf Einladung von kubanischen Musikern, die er bei Studioaufnahmen in Deutschland kennen gelernt hatte, nach Kuba und blieb dort hängen – später nicht nur freiwillig. Er war fasziniert von Land und Leuten und vor allem von der kubanischen Musik, mit der er sich intensiv beschäftigte, auch mit den rituellen Trommeln und den Heiligen der afro-kubanischen Naturreligion. Ihn faszinierte die Vorstellung, dass mit bestimmten rituellen Grooves gute Geister gerufen werden und natürliche Heilkräfte entstehen. Kuba war für ihn nicht nur eine musikalische, sondern auch eine spirituelle Erfahrung. Er reiste viel durch Kuba und auch oft von Kuba nach Europa und zurück. Man verdächtigte ihn des Drogenhandels und 1993 konnte man in der Frankfurter Rundschau lesen: ,Deutscher in Kuba verurteilt, 12 Jahre Haft wegen Kurierdienste für Kokainkartell’. Die kubanischen Behörden hatten ein Exempel statuiert. Obwohl Jocco Abendroth seine Unschuld beteuerte und offenbar ohne stichhaltige Beweise, wurde er verurteilt und dann doch nicht für 12 Jahre, sondern für immer noch rund 1000 lange Tage inhaftiert, er machte aber das Beste daraus und spielte in der Knastband des kubanischen Staatssicherheitsgefängnisses. Wieder zurück in Deutschland schrieb er neue Songs über seine Schicksalsschläge - unter anderem den starken Song ,Was ist passiert’, in dem er von einer ,großen dunklen Wolke’ über ihm singt. Im Text heißt es:
Was ist passiert mit unsrem Glück,
ich find den Weg nicht mehr zurück,
ja, ich hab deine Spur verloren,
Dein Herz das geb’ ich dir zurück,
bis auf ein ganz, ganz kleines Stück,
vielleicht wird’ ich noch mal geboren...
Volker Rebell, Kultmoderator, Volkers Kramladen/hr1 SchwarzWeiss/byte fm
Auswahldiscografie:
„Viel zu heiß“ (Metronome), 1987
„Jocco Abendroth“ (Teldec), 1989
„Noch’n Stück“ (Teldec), 1990
„Havana“ (CoraZong), 2004
Alle anderen Album-CDs sind mit Vorsicht zu genießen und enthalten vom Künstler nicht autorisiertes Material.
Er war eine Galleonsfigur, die genug Mut und Verzweiflung besaß, ihr Leben bis zum äußersten zu leben und auszuprobieren und die diesen Weg in mit großer Begabung gewählten Worten für alle dokumentierte, die nicht den gleichen Mut finden und nur davon träumen, Abenteurer zu sein. Er ist gut vergleichbar mit einem jungen Wilhelm Meister. und hat ein paar immens gute Sätze in Songs hinterlassen, die sich vor Goethe nicht zu verstecken brauchen.“ Tom Ripphahn (singt bei Abendroth Joccos Lieder)
„Mit fällt nur ein einziger Satz ein: Zu nah an der Sonne. Das hat er ja auch gesungen." Ardi Goldman, Immobilien-Investor
„Ja, das ist schon der Wahnsinn, seit über 6 Jahren ist Jocco jetzt schon nicht mehr hier. Und es vergeht kaum ein Tag an dem ich nicht an ihn denke - besonders bei sehr schönen Ereignissen wie zum Beispiel unserem Konzert im Juli im Günthersburgpark beim Stoffel. Da wünschte ich mir, es wäre super wenn er jetzt dabei wäre. Zum Glück bleibt uns die Musik, die für mich nichts von ihrer Ausdruckskraft verloren hat.“ Muli Müller, Gitarrist Abendroth
„Für mich war er immer das deutsche Pendant zu John Mellenkamp. Hätte er seine Energien besser gebündelt, hätte er, meines Erachtens, bundesweit durchstarten können.“ Jürgen Zöller, BAP
„In der Frankfurter Musiker Szene Anfang 80er Jahre traf ich Jocco, umringt von ein paar meiner Musikerkollegen wie den sehr geschmackvoll spielenden Gitarristen Muli Müller und Keyboarder Howard Scarr. Jocco präsentierte sich mit eigene Titeln in deutscher Sprache, absolut würdig neben Udo Lindenberg, Spliff, Klaus Lage, den Austria-Liedermachern. Der gebürtige Bad Camberger überraschte mich mit seiner musikalischen Handschrift, ging die doch in Richtung Jackson Brown, Little Feet, und auf der anderen Seite Rio Reiser (Ton Steine Scherben). Rockig, groovig, Blues-inspiriert, Latineinflüsse kamen später dazu, genau mein Geschmack. Besonders hervorgehoben hat sich Jocco mit seinen eigenwilligen Texten, die was mitzuteilen hatten und kein flacher Mist waren. Jocco war ein Individualist. Sein erster Erfolg war 1987 der Titel „Herzen müssen brennen“, zu der Zeit noch mit Saxophonsolo und meiner Mitwirkung. Abendroth ist leider nicht so richtig mit seiner Band nach vorne gekommen wie wir uns das alle gewünscht hätten. Jocco und seine Band haben immer mit sehr viel Engagement und Spielfreude agiert. Wir waren stolz auf unsere Band! Christian Felke, Saxofonist u.a. bei Rainhard Fendrich, Klaus Lage
„Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass die Begegnung mit Jocco Ende 95 mein musikalisches Denken und damit auch mein Spielen als Percussionist entscheidend geprägt hat. Für mich „gab“ es damals nur Miles Davis, Prince und natürlich Salsa und dann hörte ich die Demos vom ,Havana’-Album. Als wäre es völlig normal hat Jocco da kubanische Einflüsse, ob Rumba oder die religiösen afro-kubanischen SanteriaRhythmen in seine Musik integriert, und nicht einmal einen Takt klang es konstruiert oder aufgesetzt. Ry Cooder und die Buena Vista-Trilogie war noch lange nicht da, genauso wenig wie Santanas ,Supernatural’-Album. Für mich war er sozusagen die Brücke zur Rockmusik und wegen ihm habe ich heute u.a. Mellencamp-Scheiben im Regal stehen. Wenn ich seine Songs höre, laufen in meinem Kopf die passenden Videos dazu ab. Mal traurig, mal lustig, aber mit Groove. „El tiene mucho swing“, wie der Kubaner sagt.“ Mark Collazo, Percussionst (Bongolei)
„Ja, der Gute, er geht mir zigmal im Jahr durch den Kopf. 100%ig!!! Und seine Songs von ,Havana’ bis ,Tänzer’ sind nach wie vor grandios und suchen auf ewig ihresgleichen. Solche Songs wird in Deutschland keiner mehr schreiben. Und schon gar nicht mit diesem Spirit. Gegen Jocco sind 95% der Songwriter nur heiße Luft.“. Mario Burkhard, Agentur mes-pap
„,Aggayu’, der Eröffnungstitel des Albums ,Havana’ von Jocco Abendroth, hatte mich damals, 2004, sehr beeindruckt, weil es eine gelungene und seltene Stilmischung aus deutschsprachiger Rockmusik und afro-kubanischer Rhythmik präsentierte. Eine solch organische Verschmelzung von Rockmusik mit deutschen Texten und karibisch-kubanischen Salsa-Elementen hatte man zuvor in Deutschland noch nicht gehört. Seine Begeisterung für die kubanische Musik war nicht aufgesetzt und die karibische Lebensart kannte er nicht nur vom Hörensagen. Anfang der Neunzigerjahre kam er auf Einladung von kubanischen Musikern, die er bei Studioaufnahmen in Deutschland kennen gelernt hatte, nach Kuba und blieb dort hängen – später nicht nur freiwillig. Er war fasziniert von Land und Leuten und vor allem von der kubanischen Musik, mit der er sich intensiv beschäftigte, auch mit den rituellen Trommeln und den Heiligen der afro-kubanischen Naturreligion. Ihn faszinierte die Vorstellung, dass mit bestimmten rituellen Grooves gute Geister gerufen werden und natürliche Heilkräfte entstehen. Kuba war für ihn nicht nur eine musikalische, sondern auch eine spirituelle Erfahrung. Er reiste viel durch Kuba und auch oft von Kuba nach Europa und zurück. Man verdächtigte ihn des Drogenhandels und 1993 konnte man in der Frankfurter Rundschau lesen: ,Deutscher in Kuba verurteilt, 12 Jahre Haft wegen Kurierdienste für Kokainkartell’. Die kubanischen Behörden hatten ein Exempel statuiert. Obwohl Jocco Abendroth seine Unschuld beteuerte und offenbar ohne stichhaltige Beweise, wurde er verurteilt und dann doch nicht für 12 Jahre, sondern für immer noch rund 1000 lange Tage inhaftiert, er machte aber das Beste daraus und spielte in der Knastband des kubanischen Staatssicherheitsgefängnisses. Wieder zurück in Deutschland schrieb er neue Songs über seine Schicksalsschläge - unter anderem den starken Song ,Was ist passiert’, in dem er von einer ,großen dunklen Wolke’ über ihm singt. Im Text heißt es:
Was ist passiert mit unsrem Glück,
ich find den Weg nicht mehr zurück,
ja, ich hab deine Spur verloren,
Dein Herz das geb’ ich dir zurück,
bis auf ein ganz, ganz kleines Stück,
vielleicht wird’ ich noch mal geboren...
Volker Rebell, Kultmoderator, Volkers Kramladen/hr1 SchwarzWeiss/byte fm
Auswahldiscografie:
„Viel zu heiß“ (Metronome), 1987
„Jocco Abendroth“ (Teldec), 1989
„Noch’n Stück“ (Teldec), 1990
„Havana“ (CoraZong), 2004
Alle anderen Album-CDs sind mit Vorsicht zu genießen und enthalten vom Künstler nicht autorisiertes Material.
1. August 2013, 00.00 Uhr
Detlef Kinsler
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