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Die Woche (VII)
Gestern flutete eine gefälschte Wochenzeitung die Straßen der Republik - und natürlich waren die in Frankfurt beheimateten Attacis auch auf der Zeil aktiv, um ihr Druckerzeugnis, den "fröhlichen Medienstunt", unters Volk zu bringen. Wieviele Bäume mussten eigentlich für die hunderttausendfach gedruckte neue Zeit ihr Leben lassen? Falsche Frage, ich weiß, wir sind hier ja nicht bei Greenpeace. Deswegen nur: schön geworden ist die Printausgabe - und die Onlineversion ebenfalls. So schön wie das Original, dass sich in hamburgischen Understatement so äußert, wie man es erwartet: "Dass Attac gerade 'Die Zeit' ausgesucht hat, um diese Aktion zu starten, verwundert allerdings nicht. Schließlich gibt es keine größere überregionale Qualitätszeitung", sagt Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Darauf dass er in der neuen Zeit abgelöst wurde, und sein Nachfolger Matthias Trocken über das Elitengetue der Zeitchefs locker schreibt: "Diese Netzwerke werden zu einem ernsthaften gesellschaftlichen Problem, wenn darüber keine Auseinandersetzung statt findet. Wenn diejenigen, die darüber berichten könnten, sich schweigend am Büffet gütlich tun, werden demokratische Prozesse konterkariert." Kein Wort.
Zurück geht die Idee auf die Yes Man, die mit ihrer Sonderausgabe der New York Times gleich den Irakkrieg beendeten, datiert auf den Juli 2009, ist ja bald soweit.
Am 1. September d. Jahres wird eine andere Ära zu Ende gehen. Genosse Wilhelm Bender verlässt die Fraport Aktiengesellschaft, die, als er vor siebzehn Jahren dort anfing, noch FAG hieß. Heute heißen so die Flughafenausbaugegner und das ist nicht das einzige, was sich verändert hat. Zum Nachfolger Benders wurde am Freitag Stefan Schulte (Foto) gewählt. Zwar hat er ein CDU-Parteibuch, aber vielleicht ist das heute auch nicht mehr so wichtig. Interessanter ist da zum Beispiel diese Anekdote, die Schulte Ende Januar auf dem Fraport-Journalistentreff zum Besten gab, wo er in weiser Voraussicht schon einmal an Benders statt vorgeschickt wurde: da plauderte er davon, wie er mit Mütze und Freizeitklamotten bewährt in den Wald ging, um bei den Besetzern herumzustromern, um sich "selbst ein Bild von der Lage zu machen". Vielleicht sollten daran die Mitarbeiter der Frasec denken, um eifriger zu lächeln. Mittlerweile dürfen die Besetzer die leeren Flächen bei Kelsterbach nur noch von außen betrauern, immerhin mit Volxküche und Kuchenstand, es lohnt sich also immer noch dorthin zu pilgern.
In den kommenden Wochen wird auch der Alte beim Wetterdienst entsorgt, 90 Tage lang darf er noch mitlaufen, bevor ihn das schnurrende Kätzchen namens NEC SX-9 Vektorsupercomputer endgültig ersetzt.
Und wer sich medienmäßig sowas von hintendran fühlt, weil er zwar Journalist, aber kein Twitterer ist, der darf sich nun glücklich schätzen, über folgende neue Serviceplattform seinem Unmut Luft zu machen: Why I don't tweet sammelt gute und weniger gute Gründe gegen den Wahn alles in 140 Zeichen abhandeln zu müssen, ein Wahn der ja nicht nur unter Attentätern verbreitet ist.
Heute vormittag war ich übrigens bei Claus Peymann, der zusammen mit Hermann Beil aus einem Peymann-Buch rezitierte. Es war ein würdiger Wochenabschluss, zu dem sicherlich noch mehr Worte zu verlieren sind, doch vorerst nur dies: so wie seine Großmutter nicht mehr das Fliegen kennenlernen wollte, so will Peymann nicht das Internet kennenlernen: "Das will ich nicht mehr", sagte er. So gesehen hatten die Attacis also doch recht, Bäume für ihre Zeit sterben zu lassen, sonst wäre das an der Generation Peymann ja völlig vorbeigegangen. Andersherum formuliert: Print ist solange nicht tot, wie Peymann noch lebt. Denn auch dies sagte der Theatergroßmeister im Kleinen Haus des Schauspiels, auch wenn er es selbst schrecklich kitschig fand: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." In diesem Sinne: auf bald!
Foto oben: attac
Zurück geht die Idee auf die Yes Man, die mit ihrer Sonderausgabe der New York Times gleich den Irakkrieg beendeten, datiert auf den Juli 2009, ist ja bald soweit.
Am 1. September d. Jahres wird eine andere Ära zu Ende gehen. Genosse Wilhelm Bender verlässt die Fraport Aktiengesellschaft, die, als er vor siebzehn Jahren dort anfing, noch FAG hieß. Heute heißen so die Flughafenausbaugegner und das ist nicht das einzige, was sich verändert hat. Zum Nachfolger Benders wurde am Freitag Stefan Schulte (Foto) gewählt. Zwar hat er ein CDU-Parteibuch, aber vielleicht ist das heute auch nicht mehr so wichtig. Interessanter ist da zum Beispiel diese Anekdote, die Schulte Ende Januar auf dem Fraport-Journalistentreff zum Besten gab, wo er in weiser Voraussicht schon einmal an Benders statt vorgeschickt wurde: da plauderte er davon, wie er mit Mütze und Freizeitklamotten bewährt in den Wald ging, um bei den Besetzern herumzustromern, um sich "selbst ein Bild von der Lage zu machen". Vielleicht sollten daran die Mitarbeiter der Frasec denken, um eifriger zu lächeln. Mittlerweile dürfen die Besetzer die leeren Flächen bei Kelsterbach nur noch von außen betrauern, immerhin mit Volxküche und Kuchenstand, es lohnt sich also immer noch dorthin zu pilgern.
In den kommenden Wochen wird auch der Alte beim Wetterdienst entsorgt, 90 Tage lang darf er noch mitlaufen, bevor ihn das schnurrende Kätzchen namens NEC SX-9 Vektorsupercomputer endgültig ersetzt.
Und wer sich medienmäßig sowas von hintendran fühlt, weil er zwar Journalist, aber kein Twitterer ist, der darf sich nun glücklich schätzen, über folgende neue Serviceplattform seinem Unmut Luft zu machen: Why I don't tweet sammelt gute und weniger gute Gründe gegen den Wahn alles in 140 Zeichen abhandeln zu müssen, ein Wahn der ja nicht nur unter Attentätern verbreitet ist.
Heute vormittag war ich übrigens bei Claus Peymann, der zusammen mit Hermann Beil aus einem Peymann-Buch rezitierte. Es war ein würdiger Wochenabschluss, zu dem sicherlich noch mehr Worte zu verlieren sind, doch vorerst nur dies: so wie seine Großmutter nicht mehr das Fliegen kennenlernen wollte, so will Peymann nicht das Internet kennenlernen: "Das will ich nicht mehr", sagte er. So gesehen hatten die Attacis also doch recht, Bäume für ihre Zeit sterben zu lassen, sonst wäre das an der Generation Peymann ja völlig vorbeigegangen. Andersherum formuliert: Print ist solange nicht tot, wie Peymann noch lebt. Denn auch dies sagte der Theatergroßmeister im Kleinen Haus des Schauspiels, auch wenn er es selbst schrecklich kitschig fand: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." In diesem Sinne: auf bald!
Foto oben: attac
22. März 2009, 19.06 Uhr
Nils Bremer
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