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Die Sprache der Sonne
Freitagmittag am Südbahnhof: Bis ins Bahnhofsgebäude leuchtet der Grüne Schirm mit den Sonnenblumen den Besuchern des Sachsenhäuser Wochenmarkts entgegen. Bei klirrendem Frost und strahlendem Sonnenschein drängen sich Journalisten und Bürger um die Polit-Prominenz der Grünen. Die Bundesvorsitzende Claudia Roth ist eigens angereist, um die hessischen Parteifreunde bei ihrem Straßenwahlkampf zur Landtagswahl zu unterstützen. Mit der Sonne um die Wette strahlend schüttelt sie Hände, gibt bereitwillig Interviews, beantwortet Fragen potentieller Wähler und posiert für Fotos. „Mit Claudia Roth Wahlkampf zu machen ist einfach toll“, gibt Sarah Sorge, Direktkandidatin und Frankfurter Vorstandssprecherin der Grünen, unumwunden zu. „Sie wird von den Leuten gefeiert wie ein Popstar und geht auf die Menschen zu. Irgendwie ist sie ja auch so ein Knuddel-Typ.“
Vergessen die Pöbeleien, die sich Roth noch vor einem Jahr gemeinsam mit Marcus Bocklet beim Straßenwahlkampf in Bornheim gefallen lassen musste. „Eben hat sie sich zehn Minuten lang mit einem Erstwähler unterhalten“, so Sorge. „Der war total interessiert. Schön, wenn man so unvoreingenommenen jungen Leuten begegnet.“ Überhaupt sei die Resonanz auf Grüne Ideen im Vergleich zu letztem Jahr sehr positiv. Vor allem enttäuschte SPD-Anhänger kämen auf die grünen Wahlkämpfer zu. „Das hat sich die SPD selbst eingebrockt“, ist Sorge überzeugt. „Aber nachdem Ypsilanti und Hermann Scheer letztes Jahr mit ihrem umweltpolitischen Wahlkampf in unserem Revier gewildert haben, zeigen wir kein Mitleid. Das hat uns eine Menge Stimmen gekostet.“ Natürlich ändere die Stimmenverschiebung innerhalb des linken Lagers aber nichts am großen Ziel, Roland Koch abzulösen. „Schäfer-Gümbel ist zwar ein kluger Denker und sympathisch, aber für einen so kurzen Wahlkampf ist er einfach nicht schillernd genug.“ Außerdem stehe er für die alte Politik. „Es wäre vielleicht besser gewesen jemanden zu nominieren, der innerhalb der SPD politisch neutraler ist, Lothar Quanz zum Beispiel.“ Leicht hätte der es freilich auch nicht gehabt.
Derweil hat sich Claudia Roth in das beheizte Zelt von Gemüsehändlers Adam Bozkart vorgearbeitet. Vertraulich plaudert sie mit ihm über dessen Heimatland Türkei, wo die prächtigen Granatäpfel gedeihen, die leuchtend in einer Kiste liegen. „Das ist die Sprache der Sonne“, flirtet Bozkart. Ob er auch Bioware anbiete, will die Grünen-Politikerin wissen. „Ja, natürlich, Bananen“, lautet die Antwort. „Ist das ihr Mitarbeiter?“, will Adam im Gegenzug von Roth wissen, indem er auf einen Handzettel mit dem Bild von Hessens Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir deutet. Roth lacht verlegen.
„Sie ist nett“, sagt Adam, als Roth sein Zelt wieder verlässt. „Ich glaube, sie gewinnt.“ Er selbst wir aber nicht zur Wahl gehen. „Ich habe zwar einen deutschen Pass, lebe hier seit ich zehn bin. Aber Politik interessiert mich nicht so.“
Offenbar liegt noch viel Arbeit vor den Grünen Wahlkämpfern.
10. Januar 2009, 08.36 Uhr
Jan-Otto Weber
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