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Die Schirn zeigt die Kunst der Affichisten

Die Plakatabreißer von Paris

1959 nahmen die Affichisten an der ersten Biennale von Paris teil und lösten einen Skandal aus. Nun werden die Werke der Plakatabreißer in der Schirn präsentiert – zuletzt waren sie vor etwa 20 Jahren in Deutschland zu sehen.
Es war das Paris der Nachkriegszeit, in dem Jacques Villeglé (Foto), Raymond Hains und François Dufrêne lange Streifzüge unternahmen, um das Material zu suchen, das sie zum Schaffen ihrer Kunst benötigten: Plakatwände. Oft von dicken Schichten aus Papier und Pappe überlagert, prägten diese Tafeln das Stadtbild der Metropolen, nicht nur von Paris, sondern auch von Rom. Die Affichisten rissen die Plakate herunter, dekonstruierten sie und schufen daraus neue Kompositionen. Eine Auswahl von rund 150 Werken wird aktuell in der Schirn Kunsthalle präsentiert, es ist das erste Mal seit fast 20 Jahren, dass diese Kunstströmung eine derart umfangreiche Präsentation in Deutschland erfährt. "Jeder kennt heute Street-Art und ihre prominenten Vertreter weltweit – von Brasilien über die USA bis nach Großbritannien. Doch nur die wenigsten wissen, dass die Affichisten die ersten, echten Wegbereiter der Street-Art sind", sagt Max Hollein, Direktor der Schirn.

Affiches lacérées, das bedeutet im Französischen abgerissene Plakate; aus dieser Idee heraus bildete sich ein vollkommen neuer Kunstbegriff. Mit der Décollage grenzten sich die Affichisten von der Avantgarde der Nachkriegszeit ab und wurden zu einer eigenen Bewegung, auch wenn sie sich selbst nie als ein klassisches Künstlerkollektiv verstanden haben. Mit ihrer neuen und radikalen Vorgehensweise wurden sie zu einem Bindeglied zwischen der abstrakten Malerei und der Objektkunst; ihr Sujet war die Alltagswelt der Großstadt, die Plakatwände wurden zur Projektionsfläche für urbane Medialität.

Doch nicht jeder Zeitgenosse verstand, was diese frühen Street-Art Künstler machten: Auf der ersten Biennale von Paris, die 1959 stattfand, waren Villeglé und seine Kollegen nicht erwünscht, nur dem Einsatz einiger weniger anderer Künstler ist es zu verdanken, dass die Affichisten überhaupt an der Ausstellung teilnehmen durften. Die Reaktionen auf die Werke waren verhalten bis schockiert; es sollte lange dauern, bis diese Kunstströmung in Frankreich wahrgenommen und auch akzeptiert wurde, erst in den 80er-Jahren kaufte ein Museum in Nizza einige der Werke an, bis dahin hatten die Affichisten fast ausschließlich deutsche Käufer.

Mit der Ausstellung „Poesie der Großstadt“ in der Schirn Kunsthalle erfahren die Affichisten endlich wieder Beachtung in dem Land, in dem einige ihrer wichtigsten Käufer beheimatet sind. Die Schau würdigt sie als Chronisten ihrer Zeit, die sich mit politischen Themen und solchen aus der Werbung und Konsumgesellschaft auseinandersetzten. Großformatige Arbeiten, die noch immer an die riesigen Plakatwände erinnern, stehen dabei ebenso im Fokus, wie kleinere Fragmente, Video- und Soundarbeiten. Neben den französischen Künstlern Villeglé, Dufrênt und Hains sind auch Arbeiten des Italieners Mimmo Rotella und des Deutschen Wolf Vostell zu sehen. Villeglé, der extra für die Eröffnung anreiste, sagt über die Ausstellung: "Wir waren lange nicht mehr in Deutschland zu sehen.Ich erinnere mich noch immer daran, wie mein erstes Kunstwerk verkauft wurde und ich freue mich über diese Ausstellung. Das macht mich sehr glücklich."

>> Die Ausstellung „Poesie der Großstadt. Die Affichisten“ wird bis zum 5. Mai von der Schirn Kunsthalle präsentiert. Weitere Informationen gibt es hier. Eine Besprechung der Schau finden Sie auch in der Ausgabe 05/15 des JOURNAL FRANKFURT, die am 10. Februar erscheint.
 
Fotogalerie: Die Affichisten
 
6. Februar 2015, 10.37 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
 
 
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