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Der Wahlkampf tobt durch Frankfurts Straßen
Als einen „Skandal“ bezeichnet Christian Zeis die Verschandelung von Kunstwerken an der Ernst-Reuter-Schule (ERF) in der Nordweststadt. Auslöser für den Gefühlsausbruch des FDP-Kreisfachausschuss-Vorsitzenden für Kultur und Wissenschaft sind die „Schmierereien“ auf dem Relief von Heinz Heierhoff, das sich auf dem Schulgelände im Durchgang zum Tagesheim befindet. „Und das an einer öffentlichen Schule – eine Schande.“ So viel Freiheit in der Kunstaneignung geht den Liberalen dann doch zu weit.
Da hat sich die FDP zu Wahlkampfzeiten wahrlich ein heißes Thema erwählt ...
Während das Land über den Flughafenausbau streitet und Kochs populistische Forderung nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts diskutiert, kümmern sich die lokalen Liberalen um die Erhaltung zeitgenössischer Kunst. Immerhin unterstützt von Nicola Beer, kulturpolitische Sprecherin und Geschäftführerin der FDP-Landtagsfraktion sowie FDP-Spitzenkandidatin in Frankfurt. Wie der gestrige Spaziergang rund um das Nordwestzentrum zeigte, ist die eigenwillige Aneignung der modernen Kunstwerke durch Graffiti-Sprayer am Oberstufengymnasium für neue Medien kein Einzelfall. „Enttäuschend“ findet Beer zum Beispiel auch die Präsentation der „Römeröfen“. Verdreckte und vergitterte Scheiben lassen nur erahnen, welche wertvollen Ausgrabungen in dem kleinen Häuschen an der Rosa-Luxemburg-Straße auf Besucher warten. Dabei ist der Weg zu dem römischen Kulturschatz, der versteckt an einem Fußgängerweg liegt, auch noch spärlich beschildert. Hinweisschilder fehlen auch an zig weiteren Kunstwerken, die in den 60ern als „Kunst am Bau“ in der Nordweststadt aufgestellt wurden - von manchen weiß man gar nicht mehr, wo genau sie überhaupt zu finden sind...
Nicola Beer (links) und Christian Zeis (rechts) kämpfen um den Erhalt „abstrakter Kulturdenkmale“ in der Nordweststadt (hier vor einem "beschmierten" Beton-Relief an der ERS).
Während sich die FDP also in den städtischen Randgebieten lobenswerter Weise darum kümmert, dass „die Kunst dem Einzelnen in seiner Lebenswelt leicht zugänglich erhalten bleibt“, nehmen die Grünen im Zentrum der Metropole wagemutig den ungemütlichen Straßenkampf mit dem Wähler auf. Dazu haben sich die hessischen Abgeordneten Tarek Al-Wazir und Sarah Sorge prominente Unterstützung besorgt: Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin.
Grüne Wahlkampfstrategie: Trittin erklärt....
Bei grimmiger Kälte setzte der sein tiefgebräuntes Antlitz dem eisigen Wind aus, der ihm von einigen seiner Zuhörer am Infostand auf der Zeil entgegen schlug. Abwechselnd stellten sich die Vertreter der Grünen den Fragen der Passanten - auf einer Kiste stehend, das Mikrofon in der Hand. Manch Zuhörer wollte sich dabei nicht mit den üblichen Aussagen zu Afghanistan-Einsatz und Ökostrom zufrieden geben. „Du sollst nicht so nen Stuss erzählen“, brüllte einer der Wähler mit der Bierflasche in der Hand. Und: „Verarsch die Masse nicht!“ Gemeint war Jürgen Trittin, der, sichtlich um Haltung bemüht, gerade dabei war, deutsche Müllverbrennungsanlagen als Exportschlager zu feiern. Als die Wortmeldung des Bürgers allzu beleidigend wurde, eilte Tarek Al-Wazir herbei und erreichte nach kurzer Zwiesprache, dass der Wähler schimpfend auf seinem Fahrrad davon fuhr.
... Al-Wazir hört zu...
Etwas diskursiver ging die Beschwichtigung eines anderen Stimmberechtigten vonstatten, der, diesmal mit einer Weinflasche ausgestattet, seine Situation als arbeitsloser Vater lautstark beklagte. „Wer soll denn die ganze Ökoenergie bezahlen? Ihr habt ausgesorgt und wir müssen Scheiße fressen.“ Damit rannte er beim hessischen Spitzenkandidaten Al-Wazir freilich offene Türen ein. Gerade weil die Rohstoffe knapp würden, kümmerten sich die Grünen seit Jahren darum, dass mit erneuerbaren Energien der Strom auch zukünftig bezahlbar sei. Damit war das Kernproblem des Mannes zwar nicht gelöst. Dennoch zeigten sich die Politiker mit der Diskussion in ihrer „Speakers Corner“ zufrieden.
Der Wahlkampf hat also begonnen. Bleibt abzuwarten, was sich bis zum 27. Januar noch so in Frankfurts Straßen tut...
... und Sarah Sorge (rechts) schickt SMS.
Da hat sich die FDP zu Wahlkampfzeiten wahrlich ein heißes Thema erwählt ...
Während das Land über den Flughafenausbau streitet und Kochs populistische Forderung nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts diskutiert, kümmern sich die lokalen Liberalen um die Erhaltung zeitgenössischer Kunst. Immerhin unterstützt von Nicola Beer, kulturpolitische Sprecherin und Geschäftführerin der FDP-Landtagsfraktion sowie FDP-Spitzenkandidatin in Frankfurt. Wie der gestrige Spaziergang rund um das Nordwestzentrum zeigte, ist die eigenwillige Aneignung der modernen Kunstwerke durch Graffiti-Sprayer am Oberstufengymnasium für neue Medien kein Einzelfall. „Enttäuschend“ findet Beer zum Beispiel auch die Präsentation der „Römeröfen“. Verdreckte und vergitterte Scheiben lassen nur erahnen, welche wertvollen Ausgrabungen in dem kleinen Häuschen an der Rosa-Luxemburg-Straße auf Besucher warten. Dabei ist der Weg zu dem römischen Kulturschatz, der versteckt an einem Fußgängerweg liegt, auch noch spärlich beschildert. Hinweisschilder fehlen auch an zig weiteren Kunstwerken, die in den 60ern als „Kunst am Bau“ in der Nordweststadt aufgestellt wurden - von manchen weiß man gar nicht mehr, wo genau sie überhaupt zu finden sind...
Nicola Beer (links) und Christian Zeis (rechts) kämpfen um den Erhalt „abstrakter Kulturdenkmale“ in der Nordweststadt (hier vor einem "beschmierten" Beton-Relief an der ERS).
Während sich die FDP also in den städtischen Randgebieten lobenswerter Weise darum kümmert, dass „die Kunst dem Einzelnen in seiner Lebenswelt leicht zugänglich erhalten bleibt“, nehmen die Grünen im Zentrum der Metropole wagemutig den ungemütlichen Straßenkampf mit dem Wähler auf. Dazu haben sich die hessischen Abgeordneten Tarek Al-Wazir und Sarah Sorge prominente Unterstützung besorgt: Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin.
Grüne Wahlkampfstrategie: Trittin erklärt....
Bei grimmiger Kälte setzte der sein tiefgebräuntes Antlitz dem eisigen Wind aus, der ihm von einigen seiner Zuhörer am Infostand auf der Zeil entgegen schlug. Abwechselnd stellten sich die Vertreter der Grünen den Fragen der Passanten - auf einer Kiste stehend, das Mikrofon in der Hand. Manch Zuhörer wollte sich dabei nicht mit den üblichen Aussagen zu Afghanistan-Einsatz und Ökostrom zufrieden geben. „Du sollst nicht so nen Stuss erzählen“, brüllte einer der Wähler mit der Bierflasche in der Hand. Und: „Verarsch die Masse nicht!“ Gemeint war Jürgen Trittin, der, sichtlich um Haltung bemüht, gerade dabei war, deutsche Müllverbrennungsanlagen als Exportschlager zu feiern. Als die Wortmeldung des Bürgers allzu beleidigend wurde, eilte Tarek Al-Wazir herbei und erreichte nach kurzer Zwiesprache, dass der Wähler schimpfend auf seinem Fahrrad davon fuhr.
... Al-Wazir hört zu...
Etwas diskursiver ging die Beschwichtigung eines anderen Stimmberechtigten vonstatten, der, diesmal mit einer Weinflasche ausgestattet, seine Situation als arbeitsloser Vater lautstark beklagte. „Wer soll denn die ganze Ökoenergie bezahlen? Ihr habt ausgesorgt und wir müssen Scheiße fressen.“ Damit rannte er beim hessischen Spitzenkandidaten Al-Wazir freilich offene Türen ein. Gerade weil die Rohstoffe knapp würden, kümmerten sich die Grünen seit Jahren darum, dass mit erneuerbaren Energien der Strom auch zukünftig bezahlbar sei. Damit war das Kernproblem des Mannes zwar nicht gelöst. Dennoch zeigten sich die Politiker mit der Diskussion in ihrer „Speakers Corner“ zufrieden.
Der Wahlkampf hat also begonnen. Bleibt abzuwarten, was sich bis zum 27. Januar noch so in Frankfurts Straßen tut...
... und Sarah Sorge (rechts) schickt SMS.
9. Januar 2008, 17.35 Uhr
Jan-Otto Weber
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