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Regieanweisungen im Heimathafen: Enkelejd Lluca mit seinen Darstellern Blerim Destani (r.) und Amos Zaharia (l.) © Klaudia Pashnjari
„Das Meer ist der Himmel“
Roadtrip mit dem Frankfurter Regisseur Enkelejd Lluca
Lust auf einen emotionalen Abstecher nach Albanien? Das Roadmovie „Das Meer ist der Himmel“ des Frankfurter Regisseurs Enkelejd Lluca nimmt die Zuschauer mit.
1300 Kilometer und gut zwei Flugstunden trennen Frankfurt am Main von der albanischen Hauptstadt Tirana. Als Albanien sich Anfang der 1990er-Jahre aus den Klauen einer kommunistischen Diktatur befreite, war die ebenso verarmte wie verunsicherte Bevölkerung für Demokratie noch nicht bereit: Das Land zerfiel, viele gingen fort. Vorzugsweise über den Wasserweg nach Italien, gerade mal 170 Kilometer.
Auch Enkelejd Lluca emigrierte 1993 mit den Eltern, acht Jahre alt. Die Familie verschlug es nach Hessen – in die große Stadt am Main. Heute ist Lluca 39, Filmproduzent, Mitgesellschafter einer ortsansässigen Verleihfirma („Four Guys Film Distribution“), Lehrbeauftragter für Motion Pictures an der Hochschule Darmstadt und Autor/Regisseur von Kinoproduktionen. Vor allem aber „ein Frankfurter Bub“, wie er selbst sagt: „Ich kenne diese Stadt, ich bin hier aufgewachsen, ich will von hier auch gar nicht weg.“
Tod des Großvaters als Auslöser
Doch etwas geschah vor einigen Jahren, das den seit Jugendtagen eingefleischten Cineasten dazu bewog, sich wieder seiner Wurzeln zu besinnen, „die ich die meiste Zeit eher so weggeschoben hatte“: Sein Opa war verstorben, Herzinfarkt, einen Tag, bevor er Deutschland einen Besuch abstatten wollte. So kam es nach langer Zeit zum Wiedersehen des Enkels Enkelejd mit seiner alten Heimat, eine nachhaltige Erfahrung: „Ich war an seinem Grab, bin danach zwei Wochen durch die Gegend gefahren und habe das Land dabei ganz neu kennengelernt.“ Plötzlich spürte er „eine Verbundenheit, etwas, das vom Herzen kommt“ und wusste: „Das muss ich festhalten, das muss ich erzählen.“ Nur wie?
„Das Meer ist der Himmel“ ist Enkelejd Llucas zweiter Kinospielfilm
Schnitt in die Gegenwart: „Das Meer ist der Himmel“ heißt Llucas zweiter Kinospielfilm (nach seinem 2018 mehrfach ausgezeichneten Debüt „Frankfurt Coincidences“). Das zwischen warmer Melancholie, leisem Humor und poetischem Realismus stimmig inszenierte Roadmovie ist ob erwähnter Vorgeschichte zu einer sehr persönlichen – wenn auch nicht rein autobiografischen – Angelegenheit geworden. Hauptfigur: Leon, mit starker Präsenz dargestellt vom albanischen Schauspielstar Blerim Destani. Dieser Leon, ein verhärteter Charakter ohne Heimat und (familiäre) Bodenhaftung, fungiert im Auftrag Frankfurter Immobilienspekulanten im Bahnhofsviertel als Mann fürs Grobe.
Doch die Nachricht über den Tod seines Großvaters, bei dem er elternlos aufwuchs, führt ihn, zunächst sehr unwillig, an das Geburtsland Albanien und somit Stück für Stück zu seinem Ursprung zurück – die Story kennt man ja jetzt. Am Ende einer an überraschenden Begegnungen und tragikomischen Begebenheiten nicht armen Odyssee stehen für Leon und seine unverhoffte Begleiterin, die Fotojournalistin Zoe (gespielt von der ebenfalls in Frankfurt heimischen Mongolin Ariana Gansuh), tiefgreifende Erkenntnisse bezüglich eigener Herkunft und Lebenssituation.
Lluca: „Ich wollte das Thema Emigration nicht ausklammern, es aber auch nicht in den Mittelpunkt rücken“
Gerade im anrührenden, bewusst emotionsgeladenen Schicksalsfinale („Zehn von sechzehn Leuten haben beim Test-Screening geweint“, berichtet Lluca nicht ohne Stolz) greift der Film auch Albaniens Fluchtvergangenheit auf, als es während nächtlicher Überfahrten nach Italien zu tragischen Unglücksfällen mit vielen Toten kam. „Ich wollte das Thema Emigration nicht ausklammern, es aber auch nicht in den Mittelpunkt rücken, weil es ja vor allem um einen inneren Konflikt geht“, sagt der Regisseur. „Aber viele Albaner kennen Leute, die mit dem Boot übergesetzt sind. Sie wissen davon, wie Träume und Hoffnungen zerplatzen können. Heute kommen viele albanische Menschen wegen der Jobs in die deutschen Städte, auch in Frankfurt ist die Community in den letzten Jahren immer größer geworden.“
Im Gegenzug das Land Albanien aufgrund (noch) überschaubarer Urlaubskosten stetig zum Touristen-Hotspot avanciert. Eine Win-win-Situation also, nach all den Strapazen? Zumindest fürs Kinopublikum: Angesichts der einladenden Filmsprache, mit der Enkelejd Luca sich und uns sein Heimatland in „Das Meer ist der Himmel“ näherbringt, ist man durchaus geneigt, die 1300 Flugkilometer auf sich zu nehmen. Aber bloß nicht mit dem Auto: Da braucht man knapp zwei Tage.
Info
Das Meer ist der Himmel, Drama, R: Enkelejd Lluca, D/AL 2024, ab 28.11.Szenenbilder aus „Das Meer ist der Himmel“
Auch Enkelejd Lluca emigrierte 1993 mit den Eltern, acht Jahre alt. Die Familie verschlug es nach Hessen – in die große Stadt am Main. Heute ist Lluca 39, Filmproduzent, Mitgesellschafter einer ortsansässigen Verleihfirma („Four Guys Film Distribution“), Lehrbeauftragter für Motion Pictures an der Hochschule Darmstadt und Autor/Regisseur von Kinoproduktionen. Vor allem aber „ein Frankfurter Bub“, wie er selbst sagt: „Ich kenne diese Stadt, ich bin hier aufgewachsen, ich will von hier auch gar nicht weg.“
Doch etwas geschah vor einigen Jahren, das den seit Jugendtagen eingefleischten Cineasten dazu bewog, sich wieder seiner Wurzeln zu besinnen, „die ich die meiste Zeit eher so weggeschoben hatte“: Sein Opa war verstorben, Herzinfarkt, einen Tag, bevor er Deutschland einen Besuch abstatten wollte. So kam es nach langer Zeit zum Wiedersehen des Enkels Enkelejd mit seiner alten Heimat, eine nachhaltige Erfahrung: „Ich war an seinem Grab, bin danach zwei Wochen durch die Gegend gefahren und habe das Land dabei ganz neu kennengelernt.“ Plötzlich spürte er „eine Verbundenheit, etwas, das vom Herzen kommt“ und wusste: „Das muss ich festhalten, das muss ich erzählen.“ Nur wie?
Schnitt in die Gegenwart: „Das Meer ist der Himmel“ heißt Llucas zweiter Kinospielfilm (nach seinem 2018 mehrfach ausgezeichneten Debüt „Frankfurt Coincidences“). Das zwischen warmer Melancholie, leisem Humor und poetischem Realismus stimmig inszenierte Roadmovie ist ob erwähnter Vorgeschichte zu einer sehr persönlichen – wenn auch nicht rein autobiografischen – Angelegenheit geworden. Hauptfigur: Leon, mit starker Präsenz dargestellt vom albanischen Schauspielstar Blerim Destani. Dieser Leon, ein verhärteter Charakter ohne Heimat und (familiäre) Bodenhaftung, fungiert im Auftrag Frankfurter Immobilienspekulanten im Bahnhofsviertel als Mann fürs Grobe.
Doch die Nachricht über den Tod seines Großvaters, bei dem er elternlos aufwuchs, führt ihn, zunächst sehr unwillig, an das Geburtsland Albanien und somit Stück für Stück zu seinem Ursprung zurück – die Story kennt man ja jetzt. Am Ende einer an überraschenden Begegnungen und tragikomischen Begebenheiten nicht armen Odyssee stehen für Leon und seine unverhoffte Begleiterin, die Fotojournalistin Zoe (gespielt von der ebenfalls in Frankfurt heimischen Mongolin Ariana Gansuh), tiefgreifende Erkenntnisse bezüglich eigener Herkunft und Lebenssituation.
Gerade im anrührenden, bewusst emotionsgeladenen Schicksalsfinale („Zehn von sechzehn Leuten haben beim Test-Screening geweint“, berichtet Lluca nicht ohne Stolz) greift der Film auch Albaniens Fluchtvergangenheit auf, als es während nächtlicher Überfahrten nach Italien zu tragischen Unglücksfällen mit vielen Toten kam. „Ich wollte das Thema Emigration nicht ausklammern, es aber auch nicht in den Mittelpunkt rücken, weil es ja vor allem um einen inneren Konflikt geht“, sagt der Regisseur. „Aber viele Albaner kennen Leute, die mit dem Boot übergesetzt sind. Sie wissen davon, wie Träume und Hoffnungen zerplatzen können. Heute kommen viele albanische Menschen wegen der Jobs in die deutschen Städte, auch in Frankfurt ist die Community in den letzten Jahren immer größer geworden.“
Im Gegenzug das Land Albanien aufgrund (noch) überschaubarer Urlaubskosten stetig zum Touristen-Hotspot avanciert. Eine Win-win-Situation also, nach all den Strapazen? Zumindest fürs Kinopublikum: Angesichts der einladenden Filmsprache, mit der Enkelejd Luca sich und uns sein Heimatland in „Das Meer ist der Himmel“ näherbringt, ist man durchaus geneigt, die 1300 Flugkilometer auf sich zu nehmen. Aber bloß nicht mit dem Auto: Da braucht man knapp zwei Tage.
Das Meer ist der Himmel, Drama, R: Enkelejd Lluca, D/AL 2024, ab 28.11.Szenenbilder aus „Das Meer ist der Himmel“
28. November 2024, 10.10 Uhr
Andreas Dosch
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28. November 2024
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