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Batschkapp: Barrelhouse Jazzband im Biergarten
Absolut keine Berührungsängste
Eine Institution ist bedroht. Vier Musiker der Barrelhouse Jazzband hat Corona besonders hart getroffen. Crowdfunding soll ihnen helfen. Und ein Konzert am 16. August. Das JOURNAL FRANKFURT befragte Saxofonist Frank Selten dazu.
JOURNAL FRANKFURT: Kaum zu glauben, aber wahr: Bis Anfang des Jahres konnte man noch davon ausgehen, dass die Barrelhouse Jazzband in drei Jahren ihren 70. Geburtstag feiern würde. Mit einer Pandemie war da noch nicht zu rechnen. Wie hart hat Covid-19 die Mitglieder der Band getroffen und wie versuchen sie sich über Wasser zu halten?
FRANK SELTEN: Vier Musiker der Band hat es besonders hart getroffen, darüber hat Wolfgang Sandner schon in der FAZ vom 8. Juli geschrieben. Es handelt sich um unseren Pianisten Christof Sänger, den Schlagzeuger Michael Ehret, Roman Klöcker an Gitarre und Banjo und Bassistin Lindy Huppertsberg. Wir drei Bläser, die „Alten", hatten früher mal bürgerliche Berufe und können daher die Corona-Zeit ohne Unterstützung überleben. Reimer von Essen, der Bandleader und Klarinettist, war Lehrer; Trompeter Horst Schwarz war bis 1996 in verschiedenen bürgerlichen Berufen tätig, bevor er Berufsmusiker wurde; und ich, Frank Selten, Saxofonist und Klarinettist, war Leiter des Sprachenzentrums der Lufthansa.
Das letzte Konzert war im Januar. Schaut man auf die Band-Webseite, findet man da eine imposante Liste geplanter Auftritte. Die im August wurden abgesagt beziehungsweise auf nächstes Jahr verlegt, aber auch die im Herbst – so steht zu befürchten – werden nicht stattfinden können. Oder gibt es schon Veranstalter, die sich gemeldet haben, dass sie nach alternativen Konzepten unter bestimmten Hygiene-Auflagen suchen, um die Termine doch anbieten zu können?
Das letzte Konzert vor Corona war am 26. Januar in der Stadthalle in Langen. Größere Konzerte sind bis Ende des Jahres eigentlich nicht zu erwarten, außer zwei, drei Freilichtkonzerte. Eine Ausnahme ist die große Barrelhouse Jazzparty in der Alten Oper Frankfurt am 19. Oktober, die mit den dann gültigen Einschränkungen stattfinden wird. Ganz kurzfristig ist jetzt für den 16. August durch Vermittlung von Ray Finkenberger-Lewin ein Konzert am Sonntagmorgen auf dem großen Freigelände der Batschkapp in Frankfurt, Gwinnerstraße 5, zustande gekommen. Wir werden zum ersten Mal nach einem halben Jahr wieder zusammen spielen und freuen uns sehr darauf. In der Zwischenzeit hat sich jeder von uns mit üben fit gehalten und vielleicht ein wenig weiterentwickelt. Ich verbringe zum Beispiel jeden Tag mindestens zwei Stunden im Barrelhouse-Probenkeller in der Schwindstraße. Ansonsten hoffen wir auf einige Herbst- und Wintertermine, die zum Teil schon im ersten Viertel dieses Jahres hätten stattfinden sollen, aber verlegt wurden. In der Nähe von Frankfurt wären das Gelnhausen am 25. September und Friedrichsdorf am 30. Oktober.
Die meisten Musiker der Band haben – da Profimusiker – keine Einnahmen mehr. Bei all den Aktivitäten der Regierungen auf Landes- und Bundesebene – kommt etwas von den Hilfsprogrammen bei Musikern/Künstlern an? Wie sieht die Band das mit der Verteilung der Gelder?
Die offiziellen Unterstützungsgelder reichen leider nicht für die laufenden Kosten und dazu, den Lebensunterhalt zu bestreiten, deshalb haben wir eine Crowdfunding-Aktion gestartet, in deren Rahmen Freunde der Band, Sponsoren und Mäzene spenden können. Als Gegenleistung werden wir nächstes Jahr ein besonderes Dankeschön-Konzert veranstalten. Die eingehenden Gelder werden für laufende Kosten verwendet und denjenigen unter uns zugute kommen, die es am meisten nötig haben.
„Jetzt erst recht!“, hat die Band trotzig und offensiv (sofern das die richtigen Begriffe dafür sind) ihre Start Next-Corona-Hilfe-Seite überschrieben. Damit die älteste Jazzband Deutschland auch nach der Corona-Krise noch existiert. Hat es Überwindung gekostet, jetzt quasi den digitalen Hut aufzusetzen und dieses moderne Mittel der Hilfe zu nutzen?
Für den Spendenaufruf haben wir uns nach langen Diskussionen und der Not gehorchend entschlossen. Die Initiative dazu haben wir unserem Schlagzeuger Michael Ehret zu verdanken, der bereits einige Erfahrungen sammeln konnte, als er sein Buch über Laurel und Hardy (Dick und Doof) mit Hilfe von Crowdfunding finanziert hat.
Zur Überraschung vieler gibt es jetzt ein Matinee-Konzert, sicher auch um so auf die Hilfsaktion hinzuweisen, das im Biergarten der Batschkapp stattfinden wird. Wie kam es dazu und wie fühlt sich das an und passt es zusammen – Barrelhouse und Batschkapp?
]Die Verbindung der Barrelhouse Jazzband mit der Batschkapp ist neu, es hat aber nie Berührungsängste gegeben. Schon früher gab es Jazzkonzerte in der Batschkapp, wenn auch eher in moderneren Jazzstilen. Von Seiten der Barrelhouse Jazzband gibt es keinerlei Vorbehalte – warum sollte es auch? Für unser Publikum ist die Batschkapp als Spielstätte der Barrelhouse Jazzband ebenfalls neu. Hoffen wir, dass die Fans trotzdem in Scharen in den großen Biergarten mit Sonnenschirmen, Bühne und Bewirtung strömen werden. Wir freuen uns auf das Wiedersehen nach langer Zeit.
Barrelhouse Jazzband, Open Air, Martinee, Frankfurt, Batschkapp, 16.8., 11 Uhr, Eintritt: 25,30
FRANK SELTEN: Vier Musiker der Band hat es besonders hart getroffen, darüber hat Wolfgang Sandner schon in der FAZ vom 8. Juli geschrieben. Es handelt sich um unseren Pianisten Christof Sänger, den Schlagzeuger Michael Ehret, Roman Klöcker an Gitarre und Banjo und Bassistin Lindy Huppertsberg. Wir drei Bläser, die „Alten", hatten früher mal bürgerliche Berufe und können daher die Corona-Zeit ohne Unterstützung überleben. Reimer von Essen, der Bandleader und Klarinettist, war Lehrer; Trompeter Horst Schwarz war bis 1996 in verschiedenen bürgerlichen Berufen tätig, bevor er Berufsmusiker wurde; und ich, Frank Selten, Saxofonist und Klarinettist, war Leiter des Sprachenzentrums der Lufthansa.
Das letzte Konzert war im Januar. Schaut man auf die Band-Webseite, findet man da eine imposante Liste geplanter Auftritte. Die im August wurden abgesagt beziehungsweise auf nächstes Jahr verlegt, aber auch die im Herbst – so steht zu befürchten – werden nicht stattfinden können. Oder gibt es schon Veranstalter, die sich gemeldet haben, dass sie nach alternativen Konzepten unter bestimmten Hygiene-Auflagen suchen, um die Termine doch anbieten zu können?
Das letzte Konzert vor Corona war am 26. Januar in der Stadthalle in Langen. Größere Konzerte sind bis Ende des Jahres eigentlich nicht zu erwarten, außer zwei, drei Freilichtkonzerte. Eine Ausnahme ist die große Barrelhouse Jazzparty in der Alten Oper Frankfurt am 19. Oktober, die mit den dann gültigen Einschränkungen stattfinden wird. Ganz kurzfristig ist jetzt für den 16. August durch Vermittlung von Ray Finkenberger-Lewin ein Konzert am Sonntagmorgen auf dem großen Freigelände der Batschkapp in Frankfurt, Gwinnerstraße 5, zustande gekommen. Wir werden zum ersten Mal nach einem halben Jahr wieder zusammen spielen und freuen uns sehr darauf. In der Zwischenzeit hat sich jeder von uns mit üben fit gehalten und vielleicht ein wenig weiterentwickelt. Ich verbringe zum Beispiel jeden Tag mindestens zwei Stunden im Barrelhouse-Probenkeller in der Schwindstraße. Ansonsten hoffen wir auf einige Herbst- und Wintertermine, die zum Teil schon im ersten Viertel dieses Jahres hätten stattfinden sollen, aber verlegt wurden. In der Nähe von Frankfurt wären das Gelnhausen am 25. September und Friedrichsdorf am 30. Oktober.
Die meisten Musiker der Band haben – da Profimusiker – keine Einnahmen mehr. Bei all den Aktivitäten der Regierungen auf Landes- und Bundesebene – kommt etwas von den Hilfsprogrammen bei Musikern/Künstlern an? Wie sieht die Band das mit der Verteilung der Gelder?
Die offiziellen Unterstützungsgelder reichen leider nicht für die laufenden Kosten und dazu, den Lebensunterhalt zu bestreiten, deshalb haben wir eine Crowdfunding-Aktion gestartet, in deren Rahmen Freunde der Band, Sponsoren und Mäzene spenden können. Als Gegenleistung werden wir nächstes Jahr ein besonderes Dankeschön-Konzert veranstalten. Die eingehenden Gelder werden für laufende Kosten verwendet und denjenigen unter uns zugute kommen, die es am meisten nötig haben.
„Jetzt erst recht!“, hat die Band trotzig und offensiv (sofern das die richtigen Begriffe dafür sind) ihre Start Next-Corona-Hilfe-Seite überschrieben. Damit die älteste Jazzband Deutschland auch nach der Corona-Krise noch existiert. Hat es Überwindung gekostet, jetzt quasi den digitalen Hut aufzusetzen und dieses moderne Mittel der Hilfe zu nutzen?
Für den Spendenaufruf haben wir uns nach langen Diskussionen und der Not gehorchend entschlossen. Die Initiative dazu haben wir unserem Schlagzeuger Michael Ehret zu verdanken, der bereits einige Erfahrungen sammeln konnte, als er sein Buch über Laurel und Hardy (Dick und Doof) mit Hilfe von Crowdfunding finanziert hat.
Zur Überraschung vieler gibt es jetzt ein Matinee-Konzert, sicher auch um so auf die Hilfsaktion hinzuweisen, das im Biergarten der Batschkapp stattfinden wird. Wie kam es dazu und wie fühlt sich das an und passt es zusammen – Barrelhouse und Batschkapp?
]Die Verbindung der Barrelhouse Jazzband mit der Batschkapp ist neu, es hat aber nie Berührungsängste gegeben. Schon früher gab es Jazzkonzerte in der Batschkapp, wenn auch eher in moderneren Jazzstilen. Von Seiten der Barrelhouse Jazzband gibt es keinerlei Vorbehalte – warum sollte es auch? Für unser Publikum ist die Batschkapp als Spielstätte der Barrelhouse Jazzband ebenfalls neu. Hoffen wir, dass die Fans trotzdem in Scharen in den großen Biergarten mit Sonnenschirmen, Bühne und Bewirtung strömen werden. Wir freuen uns auf das Wiedersehen nach langer Zeit.
Barrelhouse Jazzband, Open Air, Martinee, Frankfurt, Batschkapp, 16.8., 11 Uhr, Eintritt: 25,30
3. August 2020, 13.00 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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15. November 2024
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