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Barbara von Stechow im Gespräch
"Den Kunstmarkt kann man ganz rational erklären"
Barbara von Stechow spricht im Interview über den Kunstmarkt, die Förderung junger Künstler, eine besondere Auktion zur Nacht der Museen und das 20-jährige Bestehen ihrer Kunstgalerie im Westend.
Journal Frankfurt: Frau von Stechow, vor 20 Jahren haben Sie ihre Kunstgalerie gegründet. Wie feiern Sie das?
Barbara von Stechow: Indem ich dieses Jahr besonders viele Künstler zeige, mit denen ich schon sehr lange zusammenarbeite. Wissen Sie, meine Philosophie ist, Künstler über Jahre zu begleiten, sie auch mit aufzubauen – man könnte es auch so formulieren: man wächst miteinander. Das ist es glaube ich auch, was meine Galerie gut charakterisiert: Kontinuität.
Sie haben in der Vergangenheit oft mit noch weitgehend unbekannten Künstlern zusammengearbeitet. Gehen Sie da nicht ein größeres Risiko ein?
Der Druck auf Künstler ist natürlich enorm und es gibt immer mal wieder junge Leute, die sich dem nicht aussetzen wollen, die nicht solange durchhalten und schließlich andere Wege gehen, was ich sehr gut verstehen kann. Doch wissen Sie, das Schöne an der Kunst ist: je länger man sich mit ihr beschäftigt, umso besser wird das Gespür – für die Werke, für die Künstler, für ihr Potential. Das wichtigste sind mir die Eigenständigkeit, die Qualität der Werke und die Authentizität.
Ihr Tipp: Wie erkennt man das Potential eines Kunststudenten?
Ein Tipp, puh… ich kann Ihnen sagen, was ich mache: Ich stelle mir immer vor, wie würde dieses Werk in 50 Jahren bewertet werden? Was wird man dann, darüber denken. Das hilft mir sehr in der Einordnung.
Sie haben nicht nur Kunstgeschichte studiert, sondern davor Betriebswirtschaft. Wie ist es dazu gekommen?
Mein Vater war in der Finanzbranche tätig und meinte: „Mach erstmal was anständiges – danach hast du immer noch genug Zeit, deinen Hobbys nachzugehen.“
Hört sich nicht so an, als sei Ihnen das Kunstverständnis in die Wiege gelegt worden …
Oh, und ob! Zunächst mal hatte ich das größte Glück in einer Stadt wie New York aufzuwachsen – und dann noch dazu in einer Familie, die die Nähe zu Künstlern, zu Museen und Galerien immer gesucht hat. Außerdem bin ich alles andere als undankbar, gelernt zu haben, mit Zahlen umzugehen. Das hilft mir heute immer noch sehr, meine Geschäft zu führen – und damit letztlich auch
Kann man mit Kunstgeschichte allein so gar nichts anfangen?
Das habe ich nicht gesagt, es ist ein wunderbares Studium, dass einem so viele Wege lässt. Manche Menschen, die bei mir ein Praktikum machten, arbeiten nach ihrem Studium in einer Galerie, andere in einem Museum, wieder andere im Auktionswesen, was auch ein äußerst spannendes Umfeld ist. Die Möglichkeiten sind nicht so begrenzt, wie man in meinem Elternhaus vielleicht dachte.
Sie haben die Auktionshäuser angesprochen – wie sehen Sie den Kunstmarkt: Reagiert er noch rational?
Man kann den Kunstmarkt ganz rational erklären: Zunächst gibt es tolle Gegenwartskünstler. Dann gibt es Galerien, Museen und Sammler, die ebenfalls ökonomisches Gewicht mitbringen. Da sind sehr gut organisierte Vermarktungsstrategen am Werke.
Und die dreistelligen Millionenbeträge, die für Werke bezahlt werden – sind die noch normal?
Solche Preise sind ja nicht die Regel, dass es sie gibt, da finde ich nichts ungewöhnliches dran. Unterschätzen Sie die Menschen nicht, die mit solchen Kunstwerken handeln. Die wissen sehr genau, was sie da tun.
Das müssen Sie genauer erklären!
Es gibt natürlich die Big Names. Nehmen Sie jemanden wie Gerhard Richter, der weltweit führend ist. Doch das kam ja nicht von heute auf morgen. Da steckt ein langer Prozess dahinter, da gab es Sammler, Kuratoren in Museen, da gab es Galeristen, jeder von ihnen natürlich mit ganz rationalen Eigeninteressen, kurzum: es gibt ein unglaubliches ökonomisches Gewicht. Zufall ist da gar nichts. Ein anderer Bereich ist die Fokussierung des Marktes auf die Kunst des 20. Jahrhunderts, auf Polke, Kirchner, Immendorff, auf die klassische Moderne. Hier sorgt ein weiterer Faktor für den Boom: Die Werke sind endlich. Dass ein bislang unbekanntes Werk von Picasso gefunden wird, ist eine absolute Rarität. Betriebswirtschaftlich gesprochen: Die Verknappung der Ware sorgt für steigende Preise.
Zur Nacht der Museen am 25. April gibt es wieder die vom Unternehmen EY ausgerichtete Auktion „Junge Kunst mit Zukunft“ – dort werden keine Millionen umgesetzt, aber doch immerhin teilweise bis zu fünfstellige Beträge für Nachwuchskunst gezahlt …
… da mitzuorganisieren, ist mir immer eine besondere Ehre. Diese Auktion soll jeden Sammler ansprechen, manche Gebote starten bei 150 Euro, und ja: in seltenen Fällen werden fünfstellige Beträge erreicht, die der Städelschule und der HfG zugutekommen. Für studentische Arbeiten ist das enorm, was auch an Jury-Mitgliedern wie Bernd Kracke, Philippe Pirotte oder Susanne Gaensheimer liegt. Für die jungen Menschen ist es eine Chance, sie stehen oft mit ihren Arbeiten erstmals im Lichte der Öffentlichkeit. Das ist es, was die Auktion so außergewöhnlich macht.
Interview: Nils Bremer
>> Galerie von Stechow
Aktuelle Ausstellung: Burkhard Driest, Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–16 Uhr und nach Vereinbarung.
Barbara von Stechow: Indem ich dieses Jahr besonders viele Künstler zeige, mit denen ich schon sehr lange zusammenarbeite. Wissen Sie, meine Philosophie ist, Künstler über Jahre zu begleiten, sie auch mit aufzubauen – man könnte es auch so formulieren: man wächst miteinander. Das ist es glaube ich auch, was meine Galerie gut charakterisiert: Kontinuität.
Sie haben in der Vergangenheit oft mit noch weitgehend unbekannten Künstlern zusammengearbeitet. Gehen Sie da nicht ein größeres Risiko ein?
Der Druck auf Künstler ist natürlich enorm und es gibt immer mal wieder junge Leute, die sich dem nicht aussetzen wollen, die nicht solange durchhalten und schließlich andere Wege gehen, was ich sehr gut verstehen kann. Doch wissen Sie, das Schöne an der Kunst ist: je länger man sich mit ihr beschäftigt, umso besser wird das Gespür – für die Werke, für die Künstler, für ihr Potential. Das wichtigste sind mir die Eigenständigkeit, die Qualität der Werke und die Authentizität.
Ihr Tipp: Wie erkennt man das Potential eines Kunststudenten?
Ein Tipp, puh… ich kann Ihnen sagen, was ich mache: Ich stelle mir immer vor, wie würde dieses Werk in 50 Jahren bewertet werden? Was wird man dann, darüber denken. Das hilft mir sehr in der Einordnung.
Sie haben nicht nur Kunstgeschichte studiert, sondern davor Betriebswirtschaft. Wie ist es dazu gekommen?
Mein Vater war in der Finanzbranche tätig und meinte: „Mach erstmal was anständiges – danach hast du immer noch genug Zeit, deinen Hobbys nachzugehen.“
Hört sich nicht so an, als sei Ihnen das Kunstverständnis in die Wiege gelegt worden …
Oh, und ob! Zunächst mal hatte ich das größte Glück in einer Stadt wie New York aufzuwachsen – und dann noch dazu in einer Familie, die die Nähe zu Künstlern, zu Museen und Galerien immer gesucht hat. Außerdem bin ich alles andere als undankbar, gelernt zu haben, mit Zahlen umzugehen. Das hilft mir heute immer noch sehr, meine Geschäft zu führen – und damit letztlich auch
Kann man mit Kunstgeschichte allein so gar nichts anfangen?
Das habe ich nicht gesagt, es ist ein wunderbares Studium, dass einem so viele Wege lässt. Manche Menschen, die bei mir ein Praktikum machten, arbeiten nach ihrem Studium in einer Galerie, andere in einem Museum, wieder andere im Auktionswesen, was auch ein äußerst spannendes Umfeld ist. Die Möglichkeiten sind nicht so begrenzt, wie man in meinem Elternhaus vielleicht dachte.
Sie haben die Auktionshäuser angesprochen – wie sehen Sie den Kunstmarkt: Reagiert er noch rational?
Man kann den Kunstmarkt ganz rational erklären: Zunächst gibt es tolle Gegenwartskünstler. Dann gibt es Galerien, Museen und Sammler, die ebenfalls ökonomisches Gewicht mitbringen. Da sind sehr gut organisierte Vermarktungsstrategen am Werke.
Und die dreistelligen Millionenbeträge, die für Werke bezahlt werden – sind die noch normal?
Solche Preise sind ja nicht die Regel, dass es sie gibt, da finde ich nichts ungewöhnliches dran. Unterschätzen Sie die Menschen nicht, die mit solchen Kunstwerken handeln. Die wissen sehr genau, was sie da tun.
Das müssen Sie genauer erklären!
Es gibt natürlich die Big Names. Nehmen Sie jemanden wie Gerhard Richter, der weltweit führend ist. Doch das kam ja nicht von heute auf morgen. Da steckt ein langer Prozess dahinter, da gab es Sammler, Kuratoren in Museen, da gab es Galeristen, jeder von ihnen natürlich mit ganz rationalen Eigeninteressen, kurzum: es gibt ein unglaubliches ökonomisches Gewicht. Zufall ist da gar nichts. Ein anderer Bereich ist die Fokussierung des Marktes auf die Kunst des 20. Jahrhunderts, auf Polke, Kirchner, Immendorff, auf die klassische Moderne. Hier sorgt ein weiterer Faktor für den Boom: Die Werke sind endlich. Dass ein bislang unbekanntes Werk von Picasso gefunden wird, ist eine absolute Rarität. Betriebswirtschaftlich gesprochen: Die Verknappung der Ware sorgt für steigende Preise.
Zur Nacht der Museen am 25. April gibt es wieder die vom Unternehmen EY ausgerichtete Auktion „Junge Kunst mit Zukunft“ – dort werden keine Millionen umgesetzt, aber doch immerhin teilweise bis zu fünfstellige Beträge für Nachwuchskunst gezahlt …
… da mitzuorganisieren, ist mir immer eine besondere Ehre. Diese Auktion soll jeden Sammler ansprechen, manche Gebote starten bei 150 Euro, und ja: in seltenen Fällen werden fünfstellige Beträge erreicht, die der Städelschule und der HfG zugutekommen. Für studentische Arbeiten ist das enorm, was auch an Jury-Mitgliedern wie Bernd Kracke, Philippe Pirotte oder Susanne Gaensheimer liegt. Für die jungen Menschen ist es eine Chance, sie stehen oft mit ihren Arbeiten erstmals im Lichte der Öffentlichkeit. Das ist es, was die Auktion so außergewöhnlich macht.
Interview: Nils Bremer
>> Galerie von Stechow
Aktuelle Ausstellung: Burkhard Driest, Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–16 Uhr und nach Vereinbarung.
24. April 2015, 12.15 Uhr
nil
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