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Ausstellung in der Schirn enttäuscht
Heute kein König
Am Donnerstag eröffnet in der Schirn eine neue Ausstellung: „König der Tiere“ befasst sich mit dem Afrikabild des Landschafts- und Tiermalers Wilhelm Kuhnert. Leider bleibt die Schau weit hinter dem zurück, was man von der Kunsthalle gewohnt ist.
In der Schirn Kunsthalle hat eine neue Ausstellung eröffnet. „König der Tiere“ lautet der reißerische Titel, im Mittelpunkt steht Wilhelm Kuhnert, ein Landschafts- und Tiermaler des frühen 20. Jahrhunderts. Hell und luftig ist die Ausstellungsarchitektur gehalten, man wandelt über neues, noch nach frischem Holz duftendes Parkett in der gerade erst sanierten Schirn, die großformatigen Ölgemälde Kuhnerts zeigen prachtvolle Löwen und mächtige Büffel in der Savanne. Fast bekommt man beim Anblick der goldenen Landschaften Lust, eine Safari zu buchen. Damit ist eigentlich aber auch bereits alles gesagt über diese Ausstellung, die derart uninspiriert und unkritisch inszeniert ist, das vor allem eines die großzügigen Räume füllt: gähnende Langeweile.
Keine Frage, Wilhelm Kuhnert verstand sein Handwerk. Seine Arbeiten sind unzweifelhaft von hoher Qualität und wer ein Faible für Tiermalerei hat und sich gern afrikanisch anmutende Deko-Objekte ins beige gestrichene Wohnzimmer stellt, wird sicher Freude beim Schlendern durch diese Schau haben. Die Umsetzung der Ausstellung ist jedoch leider an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten, haut sie den Besuchern doch eine Phrase nach der anderen um die Ohren. „Wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit“, „bis heute gegenwärtig“, „Naturromantik und Exotik“, „zentraler Beitrag zur Tiermalerei“, „besondere Faszination“ und andere, nicht minder schlecht getextete PR-Sätze sind an den Wänden zu lesen. Passenderweise sind die begleitenden Texte so klein geschrieben, dass sie teils kaum zu lesen sind – beinahe, als würden sie sich vor Scham verstecken wollen.
Das größte Versäumnis der Ausstellung ist aber vor allem die fehlende Auseinandersetzung mit dem kolonialen Kontext, der diesen Maler begleitet. Ja, Kuhnert hat „wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit [...] die westliche Vorstellung von Afrika und der afrikanischen Natur“ geprägt, um bei der Wortwahl der Kuratoren zu bleiben. Doch zu welchem Preis? Der begleitend zur Schau publizierte Katalog greift die koloniale Vergangenheit auf und versucht in einem Kapitel die Auseinandersetzung mit dem Rassismus, der die Kunst dieser Zeit zwangsläufig begleitete. In der Ausstellung selbst entdeckt man nur in einigen wenigen Nebensätzen einen Hinweis darauf, dass dieses verklärte Afrikabild, das in Kuhnerts Werken transportiert wird, nicht einfach nur auf „Naturromantik und Exotik“ zurückzuführen ist.
Besonders ärgerlich dabei ist, dass die Schirn doch so viel mehr kann. Man erinnere sich nur an großartige Ausstellungen wie „Unendlicher Spaß“, „Tobias Rehberger. Home and Away and Outside“ oder „Doug Aitken“. Das waren intelligente, kritische, aufregende Präsentationen. Oder auch „Esprit Montmartre: die Bohème in Paris um 1900“. Nach dem Besuch dieser Ausstellungen verließ man die Kunsthalle mit dem bereichernden Gefühl, etwas Neues entdeckt und ungewohnte Perspektiven erfahren zu haben. „König der Tiere“ könnte das auch, Diskussionspotenzial bietet das Thema ausreichend. Leider haben sich die Kuratoren nicht die Mühe gemacht, über das simple Aneinanderreihen von einer Vielzahl an Gemälden hinauszugehen. Schade.
Keine Frage, Wilhelm Kuhnert verstand sein Handwerk. Seine Arbeiten sind unzweifelhaft von hoher Qualität und wer ein Faible für Tiermalerei hat und sich gern afrikanisch anmutende Deko-Objekte ins beige gestrichene Wohnzimmer stellt, wird sicher Freude beim Schlendern durch diese Schau haben. Die Umsetzung der Ausstellung ist jedoch leider an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten, haut sie den Besuchern doch eine Phrase nach der anderen um die Ohren. „Wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit“, „bis heute gegenwärtig“, „Naturromantik und Exotik“, „zentraler Beitrag zur Tiermalerei“, „besondere Faszination“ und andere, nicht minder schlecht getextete PR-Sätze sind an den Wänden zu lesen. Passenderweise sind die begleitenden Texte so klein geschrieben, dass sie teils kaum zu lesen sind – beinahe, als würden sie sich vor Scham verstecken wollen.
Das größte Versäumnis der Ausstellung ist aber vor allem die fehlende Auseinandersetzung mit dem kolonialen Kontext, der diesen Maler begleitet. Ja, Kuhnert hat „wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit [...] die westliche Vorstellung von Afrika und der afrikanischen Natur“ geprägt, um bei der Wortwahl der Kuratoren zu bleiben. Doch zu welchem Preis? Der begleitend zur Schau publizierte Katalog greift die koloniale Vergangenheit auf und versucht in einem Kapitel die Auseinandersetzung mit dem Rassismus, der die Kunst dieser Zeit zwangsläufig begleitete. In der Ausstellung selbst entdeckt man nur in einigen wenigen Nebensätzen einen Hinweis darauf, dass dieses verklärte Afrikabild, das in Kuhnerts Werken transportiert wird, nicht einfach nur auf „Naturromantik und Exotik“ zurückzuführen ist.
Besonders ärgerlich dabei ist, dass die Schirn doch so viel mehr kann. Man erinnere sich nur an großartige Ausstellungen wie „Unendlicher Spaß“, „Tobias Rehberger. Home and Away and Outside“ oder „Doug Aitken“. Das waren intelligente, kritische, aufregende Präsentationen. Oder auch „Esprit Montmartre: die Bohème in Paris um 1900“. Nach dem Besuch dieser Ausstellungen verließ man die Kunsthalle mit dem bereichernden Gefühl, etwas Neues entdeckt und ungewohnte Perspektiven erfahren zu haben. „König der Tiere“ könnte das auch, Diskussionspotenzial bietet das Thema ausreichend. Leider haben sich die Kuratoren nicht die Mühe gemacht, über das simple Aneinanderreihen von einer Vielzahl an Gemälden hinauszugehen. Schade.
25. Oktober 2018, 12.18 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
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