Robert Schittko zeigt in der Ausstellung „nothing matters (that much)“ in der Schleuse der Opelvillen Rüsselsheim seine neue Werkserie „Extended Play“, in der er Keramiken zu Stillleben-Akteuren werden lässt.
Anett Göthe /
Die Stillleben in Robert Schittkos fotografischen Arbeiten zeigen Gegenstände, die abstrakt sind und sich jeglicher Zweckbestimmung entziehen: Tulpen und zartblättrige Kräuter scheinen aus amorphen keramischen Gebilden zu wachsen, die mit Stricken und Kordeln umwunden sind. In seiner aktuellen Serie „Extended Play“ verarbeitet Schittko eigens dafür handgefertigte Keramiken und persönliche Gegenstände in Studiofotografie. Dazu formt und brennt er die zweckfreien keramischen Gebilde, die nur für die Zwecke dieser Bilder angefertigt und danach wieder zerstört werden, und bestückt diese mit floralen Elementen und Schnüren, um sie daraufhin in einer fotografischen Serie bildlich festzuhalten. Dabei untersucht Schittko wann und wie Dinge durch das Medium der Fotografie zu Akteuren werden und neue Realitäten entfalten.
Die Anordnung der Still-Life-Fotos basiert auf der erotischen Kunst von Shibari, einer Form des japanischen Bondage. Wobei die Fesselung beim Shibari – im Gegensatz zum westlichen Bondage – nicht ausschließlich der Immobilisierung dient. Vielmehr kann sie auch ästhetische Formen annehmen und so eine Art Kunstwerk schaffen. Anders als die ursprüngliche Bedeutung bei Shibari, verwendet Schittko hier das Seil und die Schnüre, um die gegebene Zusammensetzung der Objekte zu erweitern. Indem er sie zusammenbindet, erschafft er eine neue Ordnung und intensiviert ihre Synergie. „Materialien werden vermischt und zu einer neuen Gedankenstruktur collagiert - gefundene Objekte gepaart mit floralen Elementen und Teilen des menschlichen Körpers. Während diese Fotografien eine sexuelle Komponente beinhalten, spielen sie auch mit der Frage nach der Beziehung zwischen Skulptur und Fotografie. Sie werfen die Frage auf, welches Element dieses Wechselspiel zwischen Bildhauerei und Fotografie beherrscht: Die Keramik als Stillleben inspiriert von der Malerei oder das Objekt selbst gepaart mit dem menschlichen Körper, an den es zwangsläufig gebunden ist“ sagt Schittko über die Objekte in seiner Still-Life-Fotoserie „Extended Play“.
Neben seinen neuen Fotoarbeiten präsentiert Schittko, der an der Hochschule für Gestaltung Offenbach studiert, einzelne Arbeiten aus der bereits 2016 in Berlin gezeigten Serie „Ich hab vergessen, wie das ist.“ Darin greift er Fotografien aus privaten Momenten auf, die er mit geschichteten Fragmenten von Körperbildern zusammenbringt. Effekte werden überlagert und dupliziert. Daraus entsteht ein Zusammenspiel aus Erinnerungsfetzen, gedruckt auf gefrästen Holzarbeiten.
Beide Werkserien Schittkos sind in der Ausstellung »nothing matters (that much)« vereint, die noch bis Anfang September in der Schleuse der Opelvillen Rüsselsheim zu sehen ist.
>> Ausstellung „nothing matters (that much)“ von Robert Schittko in der Schleuse der Opelvillen Rüsselsheim, Ludwig-Dörfler-Allee 9, Mi 10-18, Do. 10-21, Fr - So. 10-18 Uhr