Partner
Aus dem Leben einer Nachwuchsjournalistin
Heute: On Tour mit Rolli
Der Bus ist so voll wie zur Rush-Hour. Kein Platz mehr frei, wer neu zugestiegen ist, muss stehen. Drinnen quetscht sich die Meute um die besten Plätze, natürlich ganz vorne, da wo sich der Landesvater im Sitz lümmelt. RoKo auf Abschiedstournee – in ein paar Tagen ist er außer Dienst, denn Hessens größter Populist will endlich ein bisschen Geld verdienen. Auf der alljährlichen Sommertour nimmt er Abschied von seinen liebsten Kindern, da führt der Weg natürlich erst mal zum Flughafen. Erste Station: Baustellenrundfahrt auf der künftigen Nordwestlandebahn. Einst Rokos ganzer Stolz („.Arbeitsplätze, Wachstum, Zukunft“), überlässt er lieber Fraport-Boss Stefan Schulte die Reiseleitung. Gemeinsam mit Landebahn-Bauleiter Horst Amann schwärmt der vom neuen Tunnel, der gesäumt ist von den braunen Baumleichen des Stadtwalds ("wir forsten natürlich wieder auf..."). Kurzer Zwischenstopp auf der Aussichtsplattform, Roko sichtlich gelangweilt, „irgendwie duchgenudelt“, konstatiert die Kollegin von der Welt. Die Zeit drängt, kurze Stippvisite auf der neuen Landebahn, der Amtsmüde ergreift das Wort. "Viele Blessuren“ habe er davongetragen, im Kampf für die Startbahn Nord und dabei „viele private Freunde verloren“. Ja, die Zeiten waren hart, kein Schluchzen geht durch die Reihen, stattdessen haun sich die Kameramänner die Ellbogen in die Magengruben. Auch ich kriege eine Harke ab. Mit meiner Spielzeugkamera habe ich wieder mal schlechte Karten. „Jetzt müssen wir aber, bitte einsteigen.“ An Bord beantwortet RoKo ein paar spitzfindige Fragen, Kommunalwahlen, „nein, wir brauchen kein neues Atomkraftwerk.“ Geht er jetzt doch zu den Grünen? Der Rest geht unter im Gebrumm der Klimaanlage, gemeinsam mit dem Sitznachbarn vom ZDF versuche ich mich in Lippenlesen. Angesichts des landesväterlichen Schmollmunds im Reifenformat eigentlich kein Problem, aber mit einem Zwei-Meter-Schrank, der immer wieder die Sicht versperrt, doch ein schwieriges Unterfangen. Nächste Station: RoKos liebster Schlemmertempel. Im McDonalds im Kalbacher Gewerbegebiet hat man schon vorgesorgt. Eine Runde Hamburger Royal mit Käse für alle, zum Nachtisch heiße Apfeltaschen. Die Gäste glotzen entgeistert, RoKo langt zu, „jetzt bitte mal keine Fotos“. Einträchtig schmatzen wir nebeneinander, „wie auf Klassenfahrt“, freut sich der Tonmann. „Jetzt müssen wir aber, es geht weiter!“ Nach der Stärkung sind die Lebensgeister endlich erwacht, Rolli schnappt sich das Mikro und macht auf Butterfahrt-Conferencier, „gleich besichtigen wir das Polizeipräsidium“, erinnert vorher mit geschwellter Brust an Glanzlichter der Kriminalitätsbekämpfung („mehr Videoüberwachung, weniger kriminelle Migranten“) und sein hessisches 9/11, den verrückten Hochhausflieger („die Entscheidung fiel mir nicht leicht..“) An der Adickesalle wartet Polizeipräsident Achim Thiel, denn jetzt geht’s zur Sache: Banküberfall mit Geiselnahme, eine Übung. Außer Thiel interessierts keinen, auch RoKo verfällt stehend wieder in Agonie. Und träumt wahrscheinlich vom nächsten Cheeseburger…
Der Bus ist so voll wie zur Rush-Hour. Kein Platz mehr frei, wer neu zugestiegen ist, muss stehen. Drinnen quetscht sich die Meute um die besten Plätze, natürlich ganz vorne, da wo sich der Landesvater im Sitz lümmelt. RoKo auf Abschiedstournee – in ein paar Tagen ist er außer Dienst, denn Hessens größter Populist will endlich ein bisschen Geld verdienen. Auf der alljährlichen Sommertour nimmt er Abschied von seinen liebsten Kindern, da führt der Weg natürlich erst mal zum Flughafen. Erste Station: Baustellenrundfahrt auf der künftigen Nordwestlandebahn. Einst Rokos ganzer Stolz („.Arbeitsplätze, Wachstum, Zukunft“), überlässt er lieber Fraport-Boss Stefan Schulte die Reiseleitung. Gemeinsam mit Landebahn-Bauleiter Horst Amann schwärmt der vom neuen Tunnel, der gesäumt ist von den braunen Baumleichen des Stadtwalds ("wir forsten natürlich wieder auf..."). Kurzer Zwischenstopp auf der Aussichtsplattform, Roko sichtlich gelangweilt, „irgendwie duchgenudelt“, konstatiert die Kollegin von der Welt. Die Zeit drängt, kurze Stippvisite auf der neuen Landebahn, der Amtsmüde ergreift das Wort. "Viele Blessuren“ habe er davongetragen, im Kampf für die Startbahn Nord und dabei „viele private Freunde verloren“. Ja, die Zeiten waren hart, kein Schluchzen geht durch die Reihen, stattdessen haun sich die Kameramänner die Ellbogen in die Magengruben. Auch ich kriege eine Harke ab. Mit meiner Spielzeugkamera habe ich wieder mal schlechte Karten. „Jetzt müssen wir aber, bitte einsteigen.“ An Bord beantwortet RoKo ein paar spitzfindige Fragen, Kommunalwahlen, „nein, wir brauchen kein neues Atomkraftwerk.“ Geht er jetzt doch zu den Grünen? Der Rest geht unter im Gebrumm der Klimaanlage, gemeinsam mit dem Sitznachbarn vom ZDF versuche ich mich in Lippenlesen. Angesichts des landesväterlichen Schmollmunds im Reifenformat eigentlich kein Problem, aber mit einem Zwei-Meter-Schrank, der immer wieder die Sicht versperrt, doch ein schwieriges Unterfangen. Nächste Station: RoKos liebster Schlemmertempel. Im McDonalds im Kalbacher Gewerbegebiet hat man schon vorgesorgt. Eine Runde Hamburger Royal mit Käse für alle, zum Nachtisch heiße Apfeltaschen. Die Gäste glotzen entgeistert, RoKo langt zu, „jetzt bitte mal keine Fotos“. Einträchtig schmatzen wir nebeneinander, „wie auf Klassenfahrt“, freut sich der Tonmann. „Jetzt müssen wir aber, es geht weiter!“ Nach der Stärkung sind die Lebensgeister endlich erwacht, Rolli schnappt sich das Mikro und macht auf Butterfahrt-Conferencier, „gleich besichtigen wir das Polizeipräsidium“, erinnert vorher mit geschwellter Brust an Glanzlichter der Kriminalitätsbekämpfung („mehr Videoüberwachung, weniger kriminelle Migranten“) und sein hessisches 9/11, den verrückten Hochhausflieger („die Entscheidung fiel mir nicht leicht..“) An der Adickesalle wartet Polizeipräsident Achim Thiel, denn jetzt geht’s zur Sache: Banküberfall mit Geiselnahme, eine Übung. Außer Thiel interessierts keinen, auch RoKo verfällt stehend wieder in Agonie. Und träumt wahrscheinlich vom nächsten Cheeseburger…
18. August 2010, 15.54 Uhr
Jasmin Takim
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Frankfurt-Ostend
Jens Düppe und Simin Tander in der Romanfabrik
Im vergangenen Dezember war Jens Düppe mit seinem Solo-Programm „ego_D“ im Frankfurter Salon zu Gast. Am 30. November bringt er mit Simin Tander eine ganz besondere Sängerin mit in die Romanfabrik.
Text: Detlef Kinsler / Foto: Simin Tander & Jens Düppe © Gerhard Richter
KulturMeistgelesen
20. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen