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40 Jahre Titanic

Das endgültige Jubiläum

Vergangenen Sonntag fand im Mousonturm die Jubiläumsgala des Titanic-Magazins statt. Bei der von Titanic-Chefredakteur Moritz Hürtgen und Oliver Maria Schmitt moderierten Feier traten zahlreiche Wegbegleiter des Magazins auf. Anlass für uns, ebenfalls einen Blick zurückzuwerfen.
„Das endgültige Satiremagazin“ begann im Jahr 1979 als Abspaltung nach einem Richtungsstreit beim Satiremagazin Pardon. „Das war nach meiner Erinnerung sehr erfrischend, was anfangs in der Titanic war. Viele neue Sachen, die man vorher nicht kannte. Von daher war Titanic etwas Besonderes in dieser vielfältigen Zeitschriftenlandschaft“, konstatiert Caricatura-Chef Achim Frenz, heute Mitherausgeber und jahrelanger Wegbegleiter der Titanic. „Wenn man sich den Sound der Zeit ein bisschen vor Augen und Ohren führt: Häuserkampf, Diskussionen, dauernd Demos, hier in Frankfurt gegen die Startbahn West, die Anti-Atomkraftbewegung – wir hatten ja ständig was zu tun und waren dauernd unterwegs! Diese Aktivitäten hat auch die Titanic begleitet“, so Frenz weiter.

Einer breiten Öffentlichkeit wurde die Titanic 1988 durch einen Auftritt in der Fernsehsendung „Wetten, dass..?“ bekannt. Der damalige Chefredakteur Bernd Fritz wettete, er könne Wachsmalstifte anhand ihres Geschmacks erkennen. Er gewann die Wette durch eine schief sitzende Skibrille. Ein ebenso simpler wie genialer Trick. Einschneidendes Ereignis, auch für die Titanic-Redaktion, war der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung. Getreu dem Heftmotto „Die endgültige Teilung Deutschlands – das ist unser Auftrag“ wurde reagiert: „Die Wiedervereinigung ist die Zäsur. Da merkt man auch, da wechselt in der Titanic-Redaktion der Ton. Es sind auch andere Redakteure – die Gründergeneration hält sich ein bisschen mehr raus und der Ton wird krawalliger. Man hat ein gemeinsames klares Feindbild und das ist, dass Deutschland wieder das alte gefährliche Land wird, das es vor der Teilung war und da ändert sich glaube ich ganz wesentlich was in der Art und Weise wie Titanic-Satire funktioniert“, konstatiert Tim Wolff. Man könne schon fast unterscheiden zwischen dem Übergang von Pardon zur Titanic in den ersten zehn Jahren und der etwas anders funktionierenden Titanic nach der Wiedervereinigung. Aus dieser Zeit stammt auch das wohl berühmteste Titelbild der Titanic: Die Zonen-Gaby.

„Südafrika ärgert sich schwarz: Titanic holt WM nach Deutschland!“ titelte die Titanic im August 2000, nachdem das Exekutivkomitee der FIFA die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2006 an Deutschland vergeben hatte. Mark-Stefan Tietze erinnert sich an den „Abend, als Martin Sonneborn in sein Büro ging und sagte: »Ich mache gerade nochmal diese paar Faxe an das Hotel Dolder und so, da sitzen diese Fifa-Exekutivleute. Soll ich das noch machen?« Und ich »Ja klar, ist doch eine super Idee!«“ Chefredakteur Martin Sonneborn hatte einigen Mitgliedern des Exekutivkomitees Kuckucksuhren und Schwarzwälder Schinken für den Fall versprochen, dass sie für Deutschland stimmten. Ein angeschriebener neuseeländischer Funktionär enthielt sich tatsächlich ungeplant, die deutsche Öffentlichkeit fürchtete durch die Titanic-Aktion die Anfechtbarkeit der Entscheidung: „Am übernächsten Tag war dann auf einmal der Mediensturm und nachdem die Bildzeitung noch getitelt hatte »Böses Spiel gegen Kaiser Franz« und »Geigen Sie doch diesen Spielverderbern mal Ihre Meinung«, riefen dann die ganzen Leute an. Das war lustig am Telefon zu hören: »Ihr sollt alle vergast werden« und was weiß ich was. So sind halt Deutsche, wenn man sie ein bisschen ärgert.“ Die Titanic veröffentlichte einen Teil der Anrufe auf CD. Martin Sonneborn musste dem Deutschen Fußballbund (DFB) eine Unterlassungserklärung abgeben, eine solche Aktion nie zu wiederholen. Ansonsten hätte eine Strafe über 600 Millionen DM gedroht.

Ein weiterer Lieblingsgegner der Titanic-Redaktion ist die katholische Kirche. Im April 2010 zierte die Titanic ein Titelbild von Rudi Huzlmeier. Es zeigte einen katholischen Geistlichen, der in zweideutiger Pose vor einem Kruzifix kniet und den Schriftzug „Kirche heute“. Mit dem Titelbild sollte auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche Bezug genommen werden. Achim Frenz erinnert sich, er sei am Dom in eine Diskussion verwickelt worden. „Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass dieses Titelbild eine Kirchengemeinde gespalten hat.“ Die Hälfte der Anwesenden, die für das Titelbild war, hätte sich jedoch nicht gegen die Hardliner durchsetzen können. Der Einfluss der Hardliner sei auch bei späteren Diskussionen zu spüren gewesen. „Das Bild von Rudi Huzlmeier hat 2010 meiner Meinung nach sehr viel bewirkt in der allgemeinen Diskussion, auch in der Kirche. Das fand ich interessant. Übrigens: Der Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche ist bis heute noch nicht aufgeklärt.“

Alle fünf Jahre wechselt die Titanic ihre Chefredaktion aus. Dennoch sehen Tim Wolff und Mark-Stefan Tietze, die Kuratoren der aktuellen Ausstellung, klare Entwicklungslinien. Tim Wolff erläutert: „Mark-Stefan und ich haben anlässlich der Ausstellung einfach mal geguckt, wie diese Titelbilder funktionieren und welche Kategorien es überhaupt gibt.“ Daraus ergäben sich Entwicklungslinien, die Ähnlichkeiten zeigten. Wolff fasst zusammen: „Es gibt schon irgendwas titanisches, das keiner so richtig festnageln kann, das sich aber trotzdem von Redaktion zu Redaktion vererbt. Es ist teilweise so, dass man nach 30 Jahren auf einen Witz stößt, der vorher schon mal gemacht wurde, aber nicht als Selbstzitat, sondern man irgendwie wieder einen eigenen Weg dorthin gefunden hat oder wie auch immer es ist. Es wirkt mir tatsächlich konsistenter als ich vorher gedacht hätte.“

Die vollständige Version dieses Textes ist in der Ausgabe 11/2019 im JOURNAL FRANKFURT erschienen.
 
Fotogalerie:
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19. November 2019, 11.05 Uhr
Nathanael Reuter
 
 
 
 
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