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Jobs

Bahnübergang Nied

Fehler der Schrankenwärterin führte zu Unglück

Der Untersuchungsbericht zum Bahnunglück in Nied, bei dem eine Jugendliche im Mai 2020 verstarb, wurde am Mittwoch veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass der Unfall durch einen Fehler der Schrankenwärterin verursacht wurde, die den Job nicht hätte ausüben dürfen.
Mehr als ein Jahr ist es her, dass am 7. Mai 2020 gegen 20 Uhr ein Regionalzug der Hessischen Landesbahn (HLB) am Bahnübergang Oeserstraße in Nied mit einer 16-jährigen Fußgängerin, einem Radfahrer sowie einem Pkw kollidierte. Nun wurde ein 50-seitiger Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung in Bonn veröffentlicht, der Aufschluss über die Ursachen des Unglücks geben soll. „Ereignisursächlich“ soll demnach ein „Arbeitsfehler der zuständigen Schrankenwärterin“ gewesen sein, die die Schranke von Hand geöffnet habe.

Bei dem Unglück verstarb die Fußgängerin durch ihre tödlichen Verletzungen. Der 52-jährige Radfahrer sowie die 50-jährige Fahrerin des Pkw wurden dabei schwer verletzt. Die Bahnstrecke zwischen Frankfurt-Höchst und der Mainzer Landstraße wurde daraufhin bis zum 4. Juni gesperrt.

Vor dem Unfall hatte es laut Bericht eine Störmeldung in der technischen Anlage gegeben, durch die sich die Schranken für etwa 30 Minuten nicht mehr öffnen ließen. Durch die „störungsbedingte Stresssituation“ habe die Schrankenwärterin „irrtümlicherweise“ angenommen, dass der Zug den Bahnübergang bereits passiert habe. „Ereignisbegünstigend wirkten sich die unzureichende technische Erkennbarkeit der Störung und die Störungseinflüsse der wartenden Bahnübergangsbenutzer aus“, heißt es in dem Bericht. Dies habe „zusätzlich stressverstärkend und ablenkend“ auf die Schrankenwärterin gewirkt.

Bizarrerweise hätte die Schrankenwärterin laut Bericht jedoch gar nicht für diesen Job eingesetzt werden dürfen, da sie zwar mehrere Monate vor dem Unglück die schriftliche sowie die mündliche Schrankenwärter-Prüfung bestanden habe, letztere jedoch nicht hätte ablegen dürfen. Grund dafür sei eine fehlende „Bescheinigung über die Durchführung der Ausbildung am Arbeitsplatz“. Im Untersuchungsbericht heißt es dazu, dass die mündliche Prüfung zur Schrankenwärterin „formell“ nicht hätte „durchgeführt werden dürfen“. Gegen die Schrankenwärterin wird derzeit wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Bahnbetriebs ermittelt.

Fehlende technische Überprüfungen

Der Bericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung stellt zudem fest, dass die Anlage zwar technisch in Ordnung gewesen sei, sich die Anlagenteile jedoch „in einem ihrem Alter entsprechenden Zustand“ befänden. „Es wurden deutliche Verschleiß‐ und Alterungserscheinungen festgestellt, wodurch sich die Störanfälligkeit erklären ließ.“ Zusätzlich werden in dem Bericht die mangelnde Anzahl an technischen Überprüfungen festgestellt: Die letzte im Fall des Bahnübergangs in der Oeserstraße habe es im April 2015 gegeben.

Neben der Erneuerung der Technik empfiehlt der Untersuchungsbericht, den Bahnübergang alle zwei Jahre zu überprüfen und „die Bedingungen für das Zulassen von Zugfahrten über den Bahnübergang unter ausschließlicher menschlicher Sicherheitsverantwortung um risikominimierende Maßnahmen zu erweitern". Dies könnte bedeuten, dass dort künftig ein zweiter Mitarbeiter oder eine zweite Mitarbeiterin über die Bedienung der Schranken wacht oder technische Hilfsmittel eingesetzt werden.

Den Ruf nach einer Bahnunterführung an der Oeserstraße gibt es schon lange: Bereits 2011 soll es die ersten Planungen für eine Unterführung gegeben haben, deren Umsetzung jedoch immer wieder verschoben wurde. Kurz nach dem Bahnunglück im vergangenen Jahr wurde die Bürgerinitiative „Die Schranke in Nied muss weg“ mit mehr als 1500 Mitgliedern gegründet, die sich aktiv für den Bau einer Unterführung am Bahnübergang in der Oeserstraße einsetzt. Zusätzlich wurde eine Petition mit 3000 Unterstützer:innen unter dem Titel „Beseitigung der Bahnschranke in Nied/Oeserstraße“ gestartet, die Druck auf die Politik ausüben sollte. Ins Leben gerufen wurde die Petition von Milkica Romic-Stojanovic, SPD-Stadtverordnete aus Nied und integrationspolitische Sprecherin der SPD Frankfurt. Drei Jahre vor dem Unglück machte sie bereits auf die immer wiederkehrende Aufschiebung der Beseitigung des Bahnübergangs aufmerksam. Der Bahnübergang sei ihr zufolge „extrem unübersichtlich“ und führe immer wieder zu gefährlichen Situationen. „Die Bahnschranke stellt für die Niederinnen und Nieder eine extrem gefährliche Situation dar und ist für alle Verkehrsteilnehmer eine nicht mehr zumutbare Belastung“, urteilt sie auf ihrer Webseite.

Im Oktober 2020 stellten die Stadt Frankfurt und die Deutsche Bahn schließlich einen dreistufigen Plan vor, mit dem der Bahnübergang beseitigt und durch eine Personenunter- und -überführung für den Fahrzeugverkehr ersetzt werden soll. Als erste Stufe ist die Erneuerung der gesamten Bahnübergangssicherungsanlage vorgesehen. Der zweite Schritt sieht den Bau der Personenunterführung 2023/2024 vor. Mit dem finalen Vorhaben soll der Bahnübergang dann endgültig wegfallen. Dafür soll die Planung der Straßenunterführung beschleunigt werden und das Planrecht herbeigeführt werden, damit die Unterführung bereits in weniger als zehn Jahren zur Verfügung steht. Laut des Drei-Stufen-Plans sollte bis 2021 die gesamte Technik des Bahnübergangs erneuert und um eine Lichtzeichenanlage als zusätzliche Sicherungsmaßnahme für die Straßenverkehrsteilnehmenden ergänzt werden. Das bedeutet, dass die Schranken damit automatisch schließen und der örtliche Schrankenposten die abschließende Freigabe nach Überprüfung erteilt. Bislang wurde die Bahnübergangstechnik noch nicht erneuert, die Bahn kündigte jedoch an, die veraltete Sicherungsanlage „bis zum Jahresende“ zu modernisieren.

Kritik an Stadt und Deutscher Bahn

Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts fordert Dominike Pauli, Vorsitzende der Linken-Fraktion und Ortsbeirätin im Frankfurter Westen, die Stadt und die Deutsche Bahn dazu auf, Verantwortung zu übernehmen: „Die Deutsche Bahn und die Stadt Frankfurt stehen in der Verantwortung alles Menschenmögliche zu veranlassen, damit sich ein solch tragisches Ereignis wie im Mai letzten Jahres nicht wiederholt“, teilte Pauli mit. Zudem müssten die Familie des Opfers und die Geschädigten „umfassend unterstützt und entschädigt“ werden. Die Forderung nach einem schnellstmöglichen Umbau und Sicherung des Bahnübergangs wurde ebenfalls laut: Technische Anlagen der Frankfurter Verkehrsinfrastruktur müssten in einwandfreiem Zustand sein, so Pauli, alles andere sei lebensgefährlich und auch gesetzeswidrig. „Bahn und Stadt müssen jetzt schnell ihre Hausaufgaben machen und die langjährigen Versäumnisse aufholen.“

Einsehbar ist der am Mittwoch veröffentlichte Untersuchungsbericht zum Zugunglück in Nied auf der Webseite der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchungen.
 
Fotogalerie:
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2. Juli 2021, 13.13 Uhr
Margaux Adam
 
Margaux Adam
Jahrgang 1991, Studium der Literaturwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Februar 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Margaux Adam >>
 
 
 
 
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