Auch in Frankfurt darf Brot am Frühstückstisch nicht fehlen. Doch viele Bäckereien kämpfen ums Überleben – große wie kleine.
Jannis Seelbach /
Seit 1904 backt die Großbäckerei Glockenbrot in Frankfurt. Das Motto: „Wir versorgen Deutschland täglich zuverlässig mit einer großen Vielfalt an frischen Brot- und Backwaren.“ Für 500 Mitarbeiter ist bald endgültig Schluss.
Rewe gibt Frankfurter Glockenbrot-Bäckerei auf
Die Glockenbrot-Bäckerei ist ein Unternehmen der Rewe Group. Als diese beschloss, seine Filialen nicht mehr mit eigens produzierten Teigwaren zu beliefern, geriet die Bäckerei unter Druck. Denn: Zukünftig wird Harry-Brot, ein Unternehmen mit Sitz nahe Hamburg, die Belieferung der Märkte übernehmen. Von der Glockenbrot-Bäckerei wird nur der Standort Bergkirchen in der Nähe von München übernommen.
Das Werk in Frankfurt-Fechenheim werde in den nächsten drei bis fünf Jahren geschlossen, so der Konzern. Hans-Jürgen Moog, Vorstandsmitglied der Rewe Group, begründet die Entscheidung so: „Eine Expansion in Frankfurt wäre nur im Rahmen eines Neubau-Projektes möglich.“ Deswegen soll eine neue Großbäckerei in Erlensee bei Hanau errichtet werden. Das Grundstück, auf dem die spätere Fabrik stehen soll, gehört der Rewe Group. Der Plan von Rewe und Harry-Brot: Die Gründung zweier Gemeinschaftsunternehmen, welche die Standorte in Bayern und Hessen verwalten. Da Harry-Brot ein wirtschaftlicher Gigant im Bereich Backwaren ist, überprüfte das Bundeskartellamt den Zusammenschluss.
Bundeskartellamt gibt grünes Licht für Deal
Nach Prüfung durch das Bundeskartellamt ist nun klar: Ab 2028 wird in Erlensee bei Hanau frisches Brot gebacken. Das Bundeskartellamt erklärt, dass es keine wettbewerblichen Bedenken gäbe. „Entscheidend für diese Bewertung ist, dass Glockenbrot bislang ausschließlich konzernintern für Rewe produziert hat und sich die wettbewerbliche Situation für andere Marktbeteiligte durch die Übernahme nur in einem überschaubaren Maße verändert“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
Vergangenes Jahr erzielte Harry-Brot einen Umsatz in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro. Über 5000 Mitarbeitende arbeiten in zehn Produktionsstätten des Unternehmens. In einigen Sparten besitzt Harry-Brot mehr als 40 Prozent Marktanteil. Das Bundeskartellamt vermutet, dass es zu keinen wirtschaftlichen Folgen für die Konkurrenz kommt. Im Gegenteil: In Süddeutschland sei durch die Übernahme der Standorte von „einer Ausweitung des Angebotes und einer Verstärkung des Wettbewerbs“ auszugehen. Dennoch würden die „wettbewerblichen Auswirkungen der darüber hinaus geplanten Kooperation zwischen Rewe und Harry-Brot“ weiter beobachtet werden, ergänzt Mundt.
Attraktivere Jobmöglichkeiten gefordert
Auch die Zukunft kleinerer Backbetriebe in Frankfurt ist ungewiss. Laut der „Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten“ (NGG) arbeiten in Frankfurt etwa 1100 Personen im Backgewerbe. Oftmals seien die Arbeitsbedingungen grenzwertig. Das zeigt das Ergebnis des „Bäckerei-Monitors“, den die Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag der NGG durchführte.
Deutschlandweit wurden 1400 Beschäftigte im Bäckerhandwerk und in der Brotindustrie befragt. Ergebnis: Acht von zehn Befragten gaben an, dass sie oft Zeitdruck und Stress im Job erleben. Die Hälfte der Beschäftigten müsse oft Überstunden machen. Es sei zu wenig Personal im eigenen Betrieb da. Aktuell kommen auf 158 Frankfurter Betriebe 28 Auszubildende. Beim Bäckerei-Nachwuchs sieht die NGG Rhein-Main einen Trend: Immer häufiger setzen Bäckereien in der Region auf Migranten.
„Eines ist klar: Ohne junge Menschen, die als Geflüchtete oder Zuwanderer zu uns kommen, wird das Brotbacken von morgen schwierig“, so Hendrik Hallier, Geschäftsführer der NGG. Um die Situation zu verbessern, fordert er einen Tariflohn und bessere Arbeitszeiten. Hallier: „Es ist wichtig, dass alle Bäckereien Tariflohn zahlen. Denn wenn der Lohn von heute schon ein Problem ist, dann ist es die Rente von morgen erst recht.“