Wie leben andere Menschen in Frankfurt und Offenbach? Wie sieht deren Alltag aus? Beim Stadtfestival „Eine Stadt zeigt sich. Offen“ haben am Wochenende 40 Gastgeber in Frankfurt und Offenbach ihre Türen geöffnet – und einen Blick in ihr Leben gewährt. Auch unsere Reporterin war unterwegs.
Nicole Nadine Seliger /
Samstag, 9. Juni, in Bornheim. Um kurz vor elf Uhr am Vormittag stehe ich in einer Wohnstraße, um einen Menschen zu besuchen, den ich nicht kenne. Genau das ist das Konzept von „Eine Stadt zeigt sich. Offen“: Fremde kommen zusammen und tauschen sich aus, finden Gemeinsamkeiten und lernen neue Perspektiven. Auch vier andere Besucher sind gekommen, um einen Blick in die Wohnung und das Leben von Kristina zu werfen, unserer Gastgeberin für die nächsten anderthalb Stunden. Ein Pärchen ist extra aus Darmstadt angereist, um an dem Stadtfestival teilzunehmen. Schnell wird klar: Wir alle sind gespannt auf unsere Gastgeberin. Ein paar Informationen kennen wir schon aus ihrem Profil auf der Veranstaltungs-Homepage: Sie kommt aus Litauen, ist viel gereist und ist Künstlerin, gerade hat sie ihre erste Ausstellung vorbereitet, verrät ihr Profil.
Vor der Tür des Mehrfamilienhauses begrüßt uns zunächst Claudia (Auf dem Foto rechts). Sie ist als Volunteer für unsere Gruppe zuständig und quasi die Verbindung zwischen der Gastgeberin und den Besuchern. „Ich kenne Kristina schon und kann auch Stichwörter geben, damit ein Gespräch entsteht“, erklärt sie ihre Aufgabe. Das wird allerdings kaum nötig sein. Nachdem wir die fünf Stockwerke bis zur Wohnung von Kristina (Auf dem Foto links) hochgelaufen sind, werden wir von unserer Gastgeberin begrüßt. Mit einem freundlichen „Schön, dass ihr da seid“, öffnet sie ihre Tür uns lädt uns in ihr Wohnzimmer ein, das zugleich ihr Atelier ist.
Hier zeichnet und malt sie auf dem Boden sitzend ihre Bilder und arbeitet am Computer an Animationen, ihre Bilder sind überall in ihrer kleinen Wohnung verteilt. Ein Mann aus meiner Gruppe glaubt, ein Gemälde von Kristina schon mal in der Stadt gesehen zu haben. Schnell kommen wir miteinander ins Gespräch, essen Croissants, irgendwann schenkt sie die erste Runde Weißwein aus. Genau das soll „Eine Stadt zeigt sich. Offen“ sein. Es geht darum, einen charmanten Einblick in ein anderes Leben zu bekommen, in einen anderen Alltag. „Es geht darum, das Menschliche auszutauschen“, erklärt Kristina. Als sie gefragt wurde, ob sie mitmachen möchte, habe sie nicht lange überlegen müssen. „Die Idee ist toll“, ist sie begeistert. Erfunden hat sie Loimi Brautmann, der das Stadtfestival 2014 zunächst nach Offenbach brachte. Diesmal war auch die Nachbarstadt Frankfurt dabei. Unterstützt wird das Festival vom Deutschen Architekturmuseum, dem Amt für Arbeitsförderung, Statistik und Integration der Stadt Offenbach und dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt.
Mitmachen kann theoretische jeder, die einzige Voraussetzung ist Offenheit. Sowohl bei den Gastgebern als auch bei den Besuchern. Bei Kristina spiegelt sich diese Offenheit auch in ihrer Kunst wieder. Ihre Figuren haben oft vier Augen. „Die sehen einfach mehr und sind offener, einfach open minded“, erzählt sie uns – und plaudert offen von ihrem Leben, ihrer Arbeit und ihrem Alltag als selbstständige Künstlerin. Sie ist gebürtige Litauerin, lebt seit acht Jahren in der Rhein-Main-Region. Ende 2017 ist sie in ihre Dachgeschosswohnung in Bornheim eingezogen. „Ich war letztes Jahr eigentlich kurz davor, nach Berlin zu gehen. Doch plötzlich fügte sich alles in Frankfurt“, erzählt sie. Mittlerweile schwärmt sie von der Mainmetropole. „Die Lage ist toll. Ich bin schnell überall und komme mit dem Flugzeug und der Bahn super nach Paris oder Amsterdam.“
Während wir lachen und plaudern, merken wir kaum wie die Zeit vergeht. Als wir uns verabschieden, sind weit mehr als zwei Stunden vergangen. Als Erinnerung nehmen wir nicht nur ein kleines Geschenk von Kristina mit, sondern auch die Gewissheit, dass sich Frankfurt viel häufiger offen zeigen könnte.